Anekdote

Kultur, meine sehr geehrten Damen und Herren, Kultur ist entbehrlich; aber wie ich schon letzte Woche angedeutet hatte, möchte ich heute zu dem Thema eine Anekdote aus meiner Militärzeit Anfang der 80er loswerden: Ich war mit Kameraden auf dem 4 Daagse van de Iyser, einem 130-Km-Marsch in Belgien. In der Übernachtungsturnhalle, zwischen hunderten Soldaten aus aller Herren Länder, freundeten wir uns mit einer trinkfesten Gruppe Amerikaner an und marschierten morgens gemeinsam. Während die durchzechte Nacht unseren kleinen Zweckverbund auf den weiten, einsamen Flussebenen in eine träge dahin mäandernde, gemischte Schnapsleichenarmee verwandelte, kam kurz vor dem nächsten Ortsschild eine Anweisung des Mastersergeants. Die Zombieuniformen wurden gerichtet und los gings im Gleichschritt. Ein US-Boy mit ersichtlichem Migrationshintergrund scherte aus und begann mit einem unglaublichen Organ zu singen: „They say that in the Army the coffee‘s mighty fine – it looks like muddy water and tastes like turpentine“, die ganze Truppe antwortete laut schallend im Gleichklang. So schmetterten wir den begeisterten Belgiern am Straßenrand Strophe über Strophe soldatische Schmählieder entgegen. Beim Singen vergaßen wir Kopfschmerz, Bauchweh und Blasen im Stiefel – kein Körper mehr, nur Stimme und Adrenalin. Gesang kann echt motivierend sein. Bis nächste Woche also, singen Sie wohl.

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