„Afrika macht süchtig“

UGANDA – Zwischen Aufschwung und Abenteuer. Teil 3   Von Peter Hurrelmann

Afrika macht süchtig und wenn man nicht aufpasst, kommt man nicht wieder davon los. Und dass unsere Reise keine Erholung wird, auch das wissen wir auch alle vorher.  Eine gute Voraussetzung für einen Erfolg. Acht Mitglieder – vier Männer und vier Frauen – aus unserem Projekt „Hand in Hand for a better life“ aus Bad Honnef zieht es im April für zwei Wochen ins Zentrum unseres Sehnsuchtskontinents. Lesen Sie hier den letzten Teil unserer Afrika-Trilogie.

Frauenpower, oder Ostern ist hier alles anders.

Afrika ist ein patriarchalischer Kontinent und die Frauen haben hier, wie bei uns vor der industriellen Revolution, kaum irgendwelche Rechte. Und dennoch tragen sie die Gesellschaft an ihrer Basis. Ohne sie würde hier kaum etwas funktionieren. In Europa haben Frauen in den letzten 150 Jahren große Fortschritte gemacht, sind aber Männern immer noch nicht vollständig gleichgestellt. Unsere vier Frauen Katja Hurrelmann, Manuela Bertram, Minzi Renschler und Conny Lutz haben sich schon im Vorfeld der Projektreise Gedanken gemacht, wie sie mit den Frauen Kasambyas zu ihrer Situation enger in Kontakt kommen können. Gar nicht so einfach.

Irgendetwas gemeinsam zu machen und dabei zu plaudern, aber was? Wir sind über Ostern in Kasambya und die Idee Ostereier zu färben passt ideal. Zumal dieser Brauch in Afrika völlig unbekannt ist. Die Farben haben wir bereits im Gepäck, fehlen nur noch die Eier. Die kaufen wir vor Ort. Leider gibt es nur braune Eier, aber egal. Am Donnerstag vor Ostern ist es dann soweit. Die Frauen aus Kasambya sind begeistert von der Idee. Nach einigen Vorbereitungen brodelt das Wasser in Töpfen auf offenem Holzfeuer. Es ist allerdings schwierig, Männer und Kinder fernzuhalten. Das Thema ist wirklich spannend und alle sind neugierig. Und so kommt es kaum zu tiefergehenden Gesprächen, aber der gemeinsame, große Spaß bringt sie trotzdem näher.

Ostersonntag geht’s dann in die Ostermesse in die übervollen Kirche im benachbarten Naluggi. Über 300 Menschen, davon weit mehr als die Hälfte Kinder feiern ausgelassen mit Trommeln und virtuosem Chor. Am Schluss der Zeremonie verkünden wir von der Kanzel, dass draußen rund um die Kirche gefärbte Eier versteckt sind und dass alle Kinder die gleich suchen können. Ich habe selten erlebt, wie schnell fast 200 Kinder aus der Kirche stürzen und unter freudigem Gejohle hinter jedem Mauervorsprung und in jedem Busch nach Ostereiern suchen. Nach 10 Minuten sind alle Eier gefunden und die Kinder halten sie fröhlich in unsere Kameras. Was für ein toller neuer Brauch hier mitten in Afrika.

Patenkinder

In unserem Projekt in Kasambya gibt es derzeit fast 40 Patenkinder. Patenkinder werden vom Dorfkomitee nach der Bedürftigkeit ihrer Familie ausgewählt und dann von Manuela Bertram aus unserem Team in Deutschland vermittelt. Als Pate unterstützt man sein Patenkind mit einem monatlichen Beitrag in Höhe von 20 Euro. Mit dem Betrag ermöglicht man den Schulbesuch des Patenkindes. Wir versuchen mit einer Patenschaft auch immer einen persönlichen Kontakt herzustellen. Manuela Bertram sorgt dafür, dass der Pate einmal jährlich einen Bericht seines Patenkindes erhält. Und, wenn jemand von uns nach Kasambya fährt, nehmen wir natürlich auch Briefe oder kleine Geschenke mit. Auch auf unserer jetzigen Projektreise haben wir wieder für fast alle Patenkinder Geschenke ihrer deutschen Paten dabei, die Manuela den Patenkindern in einer feierlichen Stunde übergibt. Da ist die Freude groß.

Wie ist das eigentlich mit dem Geld?

Wir sind transparent. Unser Projektteam besteht ausschließlich aus engagierten, ehrenamtlichen Mitgliedern. Marketingkosten, wie Internet, Broschüren, Plakate und so weiter, werden ausschließlich von Unternehmen gespendet. Die einzigen Verwaltungskosten sind Transfergebühren für Überweisungen von unserem Vereinskonto in Deutschland auf unser Euro-Konto bei der Centenary Bank in Kampala. Dort überwacht eine Bankangestellte die Kontoführung. Sie gibt die Gelder ausschließlich nach unseren Maßgaben zweckgebunden frei.

Unser Projektleiter vor Ort, Stephen Jumba plant langfristig die einzelnen Elemente im Projekt und hinterlegt sie bei größeren Summen mit Angeboten mehrerer Lieferanten. Im deutschen Team passen wir die langfristige Planung  an und verabschieden sie. Jeder Teilauftrag wird vom Projektleiter hier abgerufen und wird nach Abschluss mit Rechnungen/ Quittungen belegt. Unser deutsches Vereinskonto wird von Brigitte Harder-Krawietz aus Göttingen verwaltet. Sie ist eine ehemalige Telekom Kollegin und ist verantwortlich für die Buchführung im Verein. Sie verwaltet akribisch das Vereinskonto und kümmert sich um die Spendenbescheinigungen.

Und woher kommt das Geld?

Jeder in unserem Team ist auch ein professioneller Bettler – modern auch Fundraiser genannt. Und unser Fundraising ist vielfältig. Wichtig für uns ist, dass Spenden möglichst immer für den Spender nachvollziehbar sind. Vor zwei Jahren konnten Spender Schulbänke spenden, auf die in Kasambya dann ein Text des Spenders gedruckt wurde. Als Beweis bekam jeder Spender dann ein Foto von „seiner“  Schulbank. Genauso haben uns zu Weihnachten letzten Jahres Spender mit Etagenbetten für die neuen Internatskinder unterstützt. Auch den Kauf von Zementsäcken für den Schulbau, oder die Kosten für eine Geburt in Höhe von 10 Euro kann man direkt unterstützen. 

Der Verkauf von afrikanischen Papierketten in den Bad Honnefer Geschäften Karlottas Kaffee & Lieblingskram und Villamani  am Markt und auf Veranstaltungen ist ebenso hilfreich, wie der Verkauf von historischen iPhones, die uns gespendet wurden. Fast 40 Patenschaften unterstützen Schulkinder aus bedürftigen Familien. Unser ganz großer Dank gilt der „Aktion Weltkinderhilfe“ aus Bad Honnef, ohne die der Schulbau überhaupt nicht möglich gewesen wäre. Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit (BMZ) zahlt zwar den Löwenanteil der Neubauten, aber mindestens 25 Prozent muss die sogenannte NRO (NichtRegierungsOrganisation) – also wir – selbst aufbringen. Das ist mit Spenden allein nicht möglich. Und da springt die „Aktion Weltkinderhilfe“ ein und hilft mit weiteren Deckungsbeiträgen.

Übrigens, die Gelder vom BMZ sind Steuergelder und daher ist das Antragsverfahren verständlicherweise enorm kompliziert und langwierig. „Ich habe während der Antragsverfahren schon so manche schlaflose Nacht gehabt“, so Projektleiter Peter Hurrelmann, denn da trifft Behörde auf privates Verständnis. Manchmal vergehen bis zu 18 Monate vom ersten Antragsentwurf bis zur Auszahlung.  Nach Abschluss eines Bauabschnitts erstellt Melanie Eimermacher aus unserem Team einen sogenannten Verwendungsnachweis. Hier wird mit Originalrechnungen und Quittungen genauestens der finanzielle Ablauf belegt. Ein Sachbericht mit Fotos erklärt die Details.

Fare Well Party

Alles geht einmal zu Ende und am Ende steht immer ein Abschied und der fällt uns allen ziemlich schwer. Den letzten Morgen haben wir uns alle in „Schale geworfen“, denn heute wird es feierlich. Gleich früh morgens wird nach einer feierlichen Messe das unvermeidliche Band vor den Übernachungshäusern zerschnitten. Damit haben wir sie nun offiziell ihrer Bestimmung übergeben. Es folgen Reden von den Verantwortlichen und auch wir hatten uns vorbereitet. Jeder aus unserem Team hat sich einige Sätze überlegt, die unser Projektleiter in Luganda, der dortigen Umgangssprache, übersetzt hat.

Nacheinander tragen wir unsere kleinen Ansprachen vor und der erstaunte Jubel bei den mehr als 300 anwesenden Bewohnern ist groß. Mittags ist der offizielle Teil vorbei. Wir packen unsere Luftballons, Seifenblasen und Papierflieger aus und plötzlich wird der Campus zum Hexenkessel. Wie die Wellen einer Sturmflut toben Kindermassen über den Schulhof, greifen massenhaft Kinderhände nach Luftballons und Seifenblasen. Diese Euphorie haben wir wirklich nicht erwartet. An jedem von uns klammern sich Kinder fest: „Me, me, me“ jeder will etwas erhaschen. Dieser begeisterte Abschluss macht unseren Abschied noch schwerer. Auf der Rückfahrt ist es im Bus stiller als sonst. Wir waren alle nicht zum letzten Mal hier, soviel steht fest. Weitere Infos unter www.fachco.de

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