Corona Kontra geben

Hiobsbotschaften rund um die Uhr. Corona hat uns bereits Ostern und die Sommerferien zerstört. Nun steht Weihnachten quasi ganz nah vor der Tür. Das Familienfest schlechthin. Oma und Opa, Enkelkinder und Eltern feiern im Kerzenschein. Geschenke werden ausgepackt, Umarmungen und Küsschen gehören dazu, und die Weihnachtslieder. Danach geht es in die Kirche. Viele freuen sich auf den Winterurlaub. Skifahren und Hüttenzauber gehören dazu wie der Dom zu Kölle. Stand heute können wir das alles vergessen. Und es soll ja alles noch viel schlimmer werden. Eben, weil sich zu viele Menschen nicht an ganz einfache Regeln halten: Maske, Hände waschen und Abstand halten. Für mich sind das die „Zerstörer“ unserer Zivilisation. Unvorstellbar. Sie werden aggressiv, wenn sie in Supermärkten oder kleinen Geschäften höflich an die Maskenpflicht erinnert werden. Noch schlimmer: Unsere Virologen und die Bundesregierung scheinen völlig überfordert zu sein. Und das unterstreichen sie auch noch fast täglich in allen Talkshows dieses Landes. Alle verbreiten ihre ureigene Meinung bei unseren charmanten Talk-Ladies. Ob die nun stimmt, oder auch nicht. Ganz nebenbei: Die Arroganz dieser „Talker“ ist unfassbar. Bestes Beispiel dafür ist der Herr Peter Altmaier. Der selbsternannte Retter der Nation. Leider überfordert und recht ahnungslos. Schnitt. Kommen wir nun zu unserem Einzelhandel: Prächtig und individuell aufgestellt. Gestern habe ich eine „Runde“ durch die Innenstadt gedreht. Zu Fuß. Trotz Corona herrschte durchweg eine gewisse Zuversicht. Vor allem in den Bekleidungsgeschäften. Ebenso in der Gastronomie. Und im Kiezkaufhaus. Besonders ältere Menschen sind sehr froh darüber, dass sie ihr Mittagessen geliefert bekommen. Ein Gastronom fällt dabei besonders positiv auf: Rudi Gilbert, Chef vom Dom Kapitelhof. Der lässt nicht nur ausliefern. Er zeigt auch täglich per Videoclip wie das jeweilige Gericht zubereitet wird. Beispielsweise zu sehen auf Facebook. Macht Spass. Und ist erfolgreich: So um die 90 Gerichte werden jeden Mittag verkauft. Kreativität wird eben belohnt. Zurück zu den Virus-Fachleuten. Sie stellen fest: Auch nach dem Ende des Lockdowns laufen die Geschäfte in vielen Bereichen nur schleppend an. Der Handelsverband warnt gar, dass Zehntausenden Händlern das endgültige Aus drohen könnte. Und längst geht es nicht mehr nur um einzelne Geschäfte, auch ganze Innenstädte könnten bedroht sein. Warum und was dagegen helfen könnte, erklärt Hans-Günter Grawe. Im Rahmen eines Pilotprojekts ist er “Handelskümmerer” – eine Rolle, die vor wenigen Jahren geschaffen wurde, um eine Schnittstelle zwischen Händlern, Verbänden und Politik zu schaffen. Er meint: „Das Problem ist riesengroß. Wir befinden uns seit dem Lockdown in einer Wirtschaftskrise. Wenn es gut läuft, liegen die Händler bei 50 Prozent des Vorjahresumsatzes – während sie mittlerweile wieder 100 Prozent der Kosten haben. Da muss man keine Rechenmaschine bemühen, um festzustellen, dass das Ladensterben in den nächsten Wochen losgehen wird. Wir werden also viele Geschäfte verlieren, da geht es um persönliche Existenzen ebenso wie um den Erhalt von Arbeitsplätzen“. Ein Blick nach Köln. „Grundsätzlich hat Köln einerseits eine große Innenstadt, die in der Vergangenheit stark vom Tourismus und von Messegästen geprägt war. Beides haben wir derzeit nicht, weshalb die Umsätze rückläufig sind. Aber wir haben auch 86 kleinere Viertel, die eigentlich wie eigenständige Einkaufszonen kleinerer Städte funktionieren. Dort gehen die Umsätze ebenfalls massiv zurück und gerade dort sind Geschäfte in ihrer Existenz gefährdet. Das ist gefährlich. Denn wir wissen alle, dass ein Leerstand meistens weitere Leerstände nach sich zieht, weil der bunte Mix aus Unternehmen fehlt“. Wie reagieren die Händler? „Es heißt ja nicht ohne Grund Einzelunternehmen, viele kämpfen auch dementsprechend. Aber ich hoffe, dass es uns gelingt, in den kommenden Wochen viel, viel enger zusammenzurücken. Wir müssen gemeinsame Lösungen erarbeiten, aber nicht nur mit dem Handel, sondern auch mit den Stadtverwaltungen, der Politik und den Institutionen. Wir müssen uns über Leerstandsmanagement, hohe Mieten und das Thema Stadtentwicklung Gedanken machen“. Und: „Auf den Trend zum Onlinehandel werden Geschäfte reagieren müssen, sie hätten es eigentlich in der Vergangenheit schon tun müssen. Aber ich bin auch überzeugt, dass manche horrend hohe Ladenmiete nicht mehr haltbar ist. Es sollte zwar nicht zulasten der Altersvorsorge von Vermietern gehen, aber über das Thema muss gesprochen werden. Wenn das nicht stattfindet, geht das Ladensterben noch schneller. Man darf sich an dieser Stelle nichts vormachen: Auch die großen Ketten haben nicht mehr das Geld für große Investitionen. Zuletzt hat sich ja gezeigt, dass ein Großteil der deutschen Innenstädte austauschbar ist – und dass die Individualität, die Kunden suchen, fehlt. Da glaube ich, dass man über neue Flächenkonzepte nachdenken muss. Also über Concept Stores, kleine Manufakturen und über die Verbindung mit Wohnraum. Andererseits muss auch das Thema Online stärker in den Blick genommen werden, etwa mit regionalen Verkaufsportalen und guten Übersichtsseiten zu Angeboten des lokalen Handels. Gerade in mittelständischen Strukturen hat man dabei während des Lockdowns so viel Kreativität gesehen. Der Elan hat aber wieder nachgelassen“. bö

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