Kastanien

Es ist wieder soweit: Kinder ziehen los, um Kastanien zu sammeln. Die fette Beute darf dann bei Haribo gegen bunte, süße Bärchen getauscht werden. In den Parks und auf der Insel, am Rheinufer und im Wald kriechen die Kleinen durch raschelndes Laub auf der Suche nach den braun glänzenden Früchten.

Ich erinnere mich an einen kleinen Jungen, dessen größter Wunsch es war, die erforderlichen 10 Kilo Kastanien zu sammeln. Und er träumte von 10 Kilo Gummibärchen. Das wäre ein Fest  – noch schöner als Karneval! Sein Papa machte sich mit ihm auf Beutezug. Da hier die Kastanien aus genanntem Grund sehr begehrt sind, fuhren die beiden extra in eine entlegenere Gegend, um ihre Erfolgsquote zu erhöhen.

Am Ende dieses Tages schleppte der kleine Junge freudestrahlend und stolz einen Sack voller Kastanien nach Hause und die Treppe hinauf. Der Papa sollte die Beute wiegen … Wer weiß, warum – aber er vergaß es. Und seltsamerweise dachte auch der kleine Junge nicht mehr an den großen Plan. Vielleicht hatte der Vater sogar den Sack gewogen und enttäuscht festgestellt, dass die 10 Kilo nicht erreicht waren … was er lieber vor dem Sohn vertuschen wollte. Auf jeden Fall wurde der Kastaniensack in einem Schrank im Treppenhaus deponiert und keiner weiteren Gedanken gewürdigt.

Beinahe ein Jahr verging. Im Treppenhaus hatte sich ein seltsamer Geruch verbreitet. Alle Hausbewohner wunderten sich, aber keiner konnte die Ursache entdecken. Hoffentlich hatte die Katze nichts versteckt, was nun in Verwesung begriffen war! Dann kam Sperrmülltag: Der Schrank im Hausflur sollte entsorgt und musste entrümpelt werden. Ja, und da die Überraschung: Die vergessenen Kastanien gammelten gemächlich vor sich hin und stanken erbärmlich. – Haribo wird sie wahrscheinlich nicht mehr genommen haben. Franziska Lachnit (2017)

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