Erbe nicht verspielen

Foto: Peter Altmaier, Jürgen Rüttgers und Rainer Maria Kardinal Woelki (v.l.) beim Festakt im Kurhaus

Konrad Adenauer und kein Ende. Bei einem Festakt anlässlich seines 50sten Todestages im Kurhaus wurde einmal mehr das Leben und Wirken des „Alten“ aus Rhöndorf beschrieben und gewürdigt. Kanzleramtschef Peter Altmaier machte das ganz locker und launig, ganz ohne vorgefertigte Rede. Ebenso wie Jürgen Rüttgers, der Vorsitzende des Kuratoriums, Stiftung Bundeskanzler-Adenauer-Haus.

Die geladenen Gäste hörten gebannt zu, obwohl es nicht so ganz einfach ist, 50 Jahre nach Adenauers Tod, nimmer noch Neuigkeiten zu vermitteln. Altmaier, der Saarländer, machte aber sehr deutlich, dass sich die Rheinländer sehr glücklich schätzen könnten, dass sich der erste Bundeskanzler dieser Republik in eben dieser Region niedergelassen hatte. Wo ständen heute Köln oder Bonn, oder Rhöndorf ohne die Prägung Adenauers? Nicht bekannt. Aber Adenauer prägte natürlich nicht nur das Rheinland und die Bundesrepublik.

Er habe das Fundament für ein geeinigtes Europa gelegt. Und das, so Rainer Maria Kardinal Woelki  in seiner Predigt vor dem Festempfang, drohe nun zu zerbröckeln. Die heutige Generation müsse sehr darauf aufpassen, dass dieses wertvolle Erbe nicht verspielt werde. Das Leben und Wirken Adenauers wird in einer neuen Dauerausstellung in völlig neu gestalteten Räumlichkeiten des Adenauer-Hauses gezeigt. Unter dem Titel: „Rheinländer,Deutscher,Europäer“. bö 

Adenauer reloaded

Von Einar Koch

Als er geboren wurde, fuhr in Köln noch die Pferdebahn. Als seine Kanzlerschaft nach 14 Jahren endete, testeten die Amerikaner ihre ersten Mondraketen. Konrad Adenauer erlebte die Kaiserzeit, die Weimarer Republik, das Dritte Reich. 1949 wurde er mit 73 Jahren Gründungskanzler der Bundesrepublik Deutschland. Jetzt will eine neue, modern konzipierte Dauerausstellung des Adenauerhauses in Rhöndorf vor allem auch das Interesse jüngerer Generationen am ersten Bundeskanzler wecken –  zum Teil mit bisher nicht gezeigten Dokumenten und Exponaten.

 Die neue Dauerausstellung („Konrad Adenauer 1876 bis 1967 – Rheinländer, Deutscher, Europäer“) wird am 19. April mit geladenen Gästen feierlich eröffnet. Es ist zugleich Adenauers 50. Todestag. Aus diesem Anlass zelebriert der Kölner Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki eine Messe in der Rhöndorfer Pfarrkirche. Hier erinnert noch immer ein Namensschild an Adenauers Stammplatz. Nach der Messe wird im Kursaal der Chef des Kanzleramtes, Bundesminister Peter Altmaier (CDU), Leben und politisches Wirken des „Alten“ würdigen. Ab 13.00 Uhr wird die neue Ausstellung an diesem Tag allgemein zugänglich sein, bevor sie dann am Wochenende darauf mit einem bunten Museumsfest offiziell startet.

Soviel dürfte feststehen: Unsere Stadt wird um eine Besucher-Attraktion reicher! Ein Jahr lang wurde das Rhöndorfer Museum mit erheblichem finanziellen Aufwand (rund 2,3 Millionen Euro) umgestaltet. Die Kosten allein für den Umbau betrugen rund 1,4 Millionen Euro, die neue Ausstellung selbst kostete 900 000 Euro. Über allem thront Adenauers Wohnhaus mit spektakulärem Blick auf das Rheintal. Hier wurde selbstverständlich nichts verändert.

 Ein modernes Raumkonzept vergrößerte die Ausstellungsfläche des Museums am Eingang zu Adenauers Domizil von 230 auf jetzt 300 Quadratmeter. Eine dritte Ebene ermöglicht es, in der Ausstellung mehrere Führungen gleichzeitig anzubieten. Die Ausstellung selbst wurde durch das renommierte Büro „Atelier Brückner“ aus Stuttgart entworfen. Maßgeblich gefördert wurde das gesamte Projekt vom Bund, der NRW-Stiftung und dem Landschaftsverband Rheinland.

 35 000 Besucher jährlich

 Zu den beliebten Führungen kommen jährlich noch immer im Schnitt 35 000 Besucher. Nachdem das Adenauer-Museum 20 Jahre lang mehr oder weniger unverändert geblieben war, passt sich die neue Dauerausstellung mit Medien-Stationen, inszenierten Räumen sowie einem Multifunktionsraum für Schulklassen und Vorträgen den heutigen Ansprüchen und Sehgewohnheiten an.

 Dr. Corinna Franz, Geschäftsführerin der überparteilichen Stiftung Bundeskanzler-Adenauer-Haus, erläuterte dieser Zeitung das neue und abwechslungsreichere Konzept: „Die alte Ausstellung setzte relativ viel Vorwissen voraus und wandte sich vor allem an die Zeitzeugen-Generation. Natürlich wollen wir auch diejenigen, die uns schon kennen, wieder zu einem Besuch animieren. Vor allem aber hoffen wir, durch die bauliche Ästhetik, inhaltliche Ausrichtung sowie die didaktische und mediale Aufbereitung der Ausstellung neue Zielgruppen anzusprechen.“

 Die Ausstellung wolle, so Franz, deutsche und europäische Zeitgeschichte für jedermann verständlich machen. Eingeflossen sind neuere Forschungsergebnisse. So wird etwa auch die Frage thematisiert, wie es die junge Bundesrepublik mit der Nazi-Vergangenheit vieler Spitzenbeamter hielt – Stichwort: Adenauers umstrittener Kanzleramtschef Hans Globke.

 Der Rheinländer

 Da vor allem im Rheinland das Interesse am „Alten aus Rhöndorf“ noch immer groß ist, kommen in der neuen Dauerausstellung sowohl Adenauers Wirken als Kölner Oberbürgermeister als auch der rheinische Katholik Konrad Adenauer stärker als bisher zur Geltung.

Künftig ist dem „Rheinländer“ Adenauer ein eigener Raum gewidmet. Es werden in alten Filmausschnitten alle wichtigen Großprojekte – wie etwa der Bau des Müngersdorfer Stadions – vorgestellt, die Adenauer als Kölner OB vorangetrieben hat und mit denen er die Domstadt zur blühenden Metropole des Rheinlandes ausbaute. In den Vitrinen zu sehen sind Adenauers Anstellungsurkunde als Stadtoberhaupt und sein Taschenkalender. Darin markierte der Zentrums-Politiker den Tag, an dem ihn die Nazis aus dem Kölner Rathaus jagten.

 Der Staatsmann und Familienmensch

 Den größten Raum der Ausstellung nimmt naturgemäß die Ära Adenauers als erster deutscher Bundeskanzler ein. Optisches „Highlight“ ist hier die alte Kabinettsglocke aus dem Bonner Palais Schaumburg. Ein weiterer Blickfang dürfte der bunte Indianerkopfschmuck sein, den der „Alte“ 1956 bei seiner Ernennung zum „Ehrenhäuptling“ der Vereinigten Indianerstämme von Wisconsin erhielt.

Die jetzige Ausstellung bringt dem Besucher Adenauer nicht nur als herausragenden Staatsmann und überzeugten Europäer näher; noch privater und persönlicher als bisher begegnet dem Betrachter auch der Familienmensch Konrad Adenauer; der Rosenfreund, der Bocciaspieler, der Erfinder von allerlei Praktischem wie dem elektrischen Insektentöter oder dem innenbeleuchteten Stopf-Ei; der Krimileser (Agatha Christie) und der Kunstsammler. 

Schmunzeln dürfte der Betrachter etwa über Adenauers erstes Schulzeugnis, das ihm am 13. April 1881 sein Vater Johann als „Privatlehrer Papa“ in altdeutscher Handschrift ausstellte. Der preußisch geprägte Beamte hatte den Sohn im ersten Schuljahr zu Hause unterrichtet – vermutlich, so ist es in der Familie überliefert, um das damals erhobene Schulgeld zu sparen. Penibel vermerkt der Vater: „Betragen: sehr gut; Fleiß: die letzte Zeit lobenswert; Lesen: gut; Schreiben: gut“. Unter „Besondere Bemerkungen“ ist festgehalten: „Wenn er so fortfährt, kommt er nächstes Jahr in die zweite Klasse. Wird er aber faul, dann muss er wieder anfangen mit den Köttelchen (rheinisch: Erstklässler).“

 Das Vermächtnis

Während die alte Ausstellung thematisch im Grunde mit dem Tod Adenauers endete, setzt die Nachfolgerin Akzente bis in die Gegenwart. Sie dürfte vor dem Hintergrund aktueller Debatten um Europa und die NATO insoweit deutlich politischer sein. Denn:

 Adenauer ebnete den Weg zur deutsch-französischen Aussöhnung und bereitete mit Charles de Gaulle den Boden für die (spätere) Europäische Union. Nach zwei verheerenden Weltkriegen mit 65 Millionen Toten war es dem „Alten“ ein Herzensanliegen, dass endlich Frieden auf dem Kontinent herrschen sollte. Ihm war klar, dass dieses Ziel am ehesten über eine enge wirtschaftliche Verflechtung Europas zu erreichen war.

 Die von Frankreich und der jungen Bundesrepublik zu Beginn der 50er Jahre vorangetriebene Montan-Union (Kohle&Stahl) – es waren, wenn man so will, die Kinderschuhe des heutigen Europa! Adenauer würde sich wohl im Grabe umdrehen, müsste er mit ansehen, wie leichtfertig populistische Strömungen dabei sind, das große europäische Erbe der Gründerväter zu verspielen. Ebenso würden ihn Diskussionen über Sinn, Zweck und Zukunft der NATO zutiefst verstören. Schließlich war auch die Westintegration eine der tragenden und bis heute wirkenden Säulen seiner Außenpolitik.

Wer aus der neuen Ausstellung die Summe aller Eindrücke zieht, wird feststellen müssen: Adenauer wusste nur zu genau um die Schwächen der ersten deutschen Demokratie. Die Väter des Grundgesetzes, zu denen er als Präsident des Parlamentarischen Rates gehörte, hatten die Lehren aus der Weimarer Republik mit ihrem Parteien-Klein-Klein gezogen. 

Fazit: Wo immer der Besucher (partei-)politisch stehen mag – die Erkenntnis lautet zweifelsohne: Ohne Adenauers vorausschauender Politik wäre die stabilste Demokratie, die es je auf deutschem Boden gab, kaum denkbar gewesen!

 Der Sparfuchs

 Zum eigentlichen Eröffnungswochenende am 22./23. April lädt die Rhöndorfer Stiftung (Vorstandsvorsitzender: Staatssekretär a.D. Manfred Speck) die Öffentlichkeit zu einem bunten Museumsfest mit Familienprogramm in das Adenauersche Domizil am Hang von Rhöndorf ein. Am Sonntag gastiert das „Puppentheater am Drachenfels“ mit dem Stück „Aufruhr im Siebengebirge“. Besucher können sich von einem Karikaturisten/Schnellzeichner porträtieren lassen. Eintritt und alle Programmpunkte sind kostenlos. Würstchen, Pommes und Getränke müssen bezahlt werden. Das liegt gewissermaßen in der Tradition, war doch auch der „Alte“ äußerst sparsam, wie die nachfolgende Anekdote belegt.

Uschi Koch, ehedem das Rhöndorfer Nachbarsmädchen Schmitz, erinnert sich: „Ich ging rüber, um ihm zum 75. Geburtstag zu gratulieren. Meine Augen leuchteten, als der ‚Alte‘ mit einer Tafel Sarotti-Schokolade vor die Tür trat. Für uns Kinder in den Nachkriegsjahren etwas unendlich Kostbares. Dann überlegte er es sich kurz, steckte die Tafel Schokolade ein, ging ins Haus und kam – knauserig wie er war – mit ein paar ollen Rahmkamellen zurück.“ 

Auch der Verfasser dieser Zeilen denkt mit Wehmut an die gute alte Adenauer-Zeit, als er frühmorgens auf dem Schulweg zum Sibi durch den Zennigsweg kam. Mit laufendem Motor wartete schon der legendäre 300er, dahinter der schwarze BKA-Porsche 356 der Sicherungsgruppe Bonn. „Guten Morgen, Herr Bundeskanzler!“, grüßte ich. „Guten Morgen, junger Mann!“, grüßte der „Alte“ höflich zurück und stieg, niemals ohne Hut (!), in seinen Mercedes ein, der ihn über die Königswinterer Rheinfähre zum Palais Schaumburg brachte.

ps: Unter der Woche ist die Dauerausstellung dienstags bis sonntags jeweils von 10 bis 18 Uhr geöffnet (Eintritt frei). Die letzte Führung findet immer um 17.15 Uhr statt.

Museumsfest am 22. und 23. April

Das Adenauerhaus in Rhöndorf eröffnet seine neue Dauerausstellung
mit einem großen Museumsfest am 22. und 23. April 2017

Ein gutes Jahr wurde umgebaut, gehämmert und geschraubt. Bald ist es so weit und die neue Dauerausstellung des Adenauerhauses in Bad Honnef/Rhöndorf wird eröffnet. Zu sehen ist eine moderne, abwechslungsreiche Präsentation mit Originalexponaten, Fotos, Dokumenten und zahlreichen Medienstationen. Sie zeigt Adenauers ereignisreiches Leben von 1876 bis 1967. Dem Rheinländer Konrad Adenauer ist dabei sogar ein eigener Raum gewidmet – schließlich war er auch von 1917 bis 1933 Kölner Oberbürgermeister, der viele Projekte in der Domstadt umgesetzt hat. Doch auch der Privatmann Adenauer wird greifbar: der Familienmensch, Rosenliebhaber, Bocciaspieler, Erfinder, Krimileser und Kunstsammler.

Am Eröffnungswochenende lädt das Adenauerhaus am Samstag, 22. April und Sonntag, 23. April jeweils von 10 Uhr bis 18 Uhr die breite Öffentlichkeit zu einem großen Museumsfest in die Konrad-Adenauer-Straße 8c in Bad Honnef/Rhöndorf ein. Alle sind herzlich dazu eingeladen. Ein buntes Programm für Groß und Klein verspricht ein abwechslungsreiches Wochenende in Ausstellung, Kanzlergarten und Wohnhaus. So können sich zum Beispiel Besucher von einem Schnellzeichner portraitieren lassen oder auf Adenauers Bocciabahn Boccia spielen. Adenauers Lieblingskomponisten werden von einem Violinen-Duo vorgestellt werden. Interviews mit Zeitzeugen versprechen interessante Einblicke. Für Kinder gibt es eine Bastelstation, ein Quiz, eine Carrera- und eine Duplo-Bahn. Am Sonntag, 23. April  gastiert um 15.00 Uhr das Puppentheater am Drachenfels mit dem Stück „Aufruhr im Siebengebirge“. Der Eintritt und die Programmpunkte sind frei. Für Bewirtung ist gesorgt.