Zwischen Bad Honnef und Berlin

NICOLE WESTIG: Die Bad Honneferin im Bundestag

Ihr Fachgebiet ist die Pflege. „Pflegebedürftigkeit kann jeden Menschen treffen. Dann vertrauen wir auf eine menschliche und qualitativ hochwertige Betreuung. Daher müssen die Arbeitsbedingungen in der Pflege dringend verbessert werden: Erforderlich sind eine bedarfsgerechte Personalbemessung und mehr Karrierechancen. Ein Schlüssel zur Entlastung für Pflegekräfte und pflegende Angehörige ist die Digitalisierung, die auch in der Ausbildung eine größere Rolle spielen muss“. Nicole Westig ist Freie Demokratin (FDP), Bundestagsabgeordnete für den Rhein-Sieg-Kreis, Mitglied im Ausschuss für Gesundheit Pflegepolitische Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion Vorstandsmitglied der Frauengruppe der Freien Demokraten im Deutschen Bundestag. Und mehr.

So eben auch alleinerziehende Mutter von zwei Kindern. Ihr Terminkalender ist rappelvoll. Voller Sitzungen im Bundestag, Konferenzen, Besprechungen und Tagungen. Daher wohnt sie auch nicht im „Schmelztiegel“ Berlin-Mitte, sondern in Berlin-Schöneberg. „Die Sitzungswoche schluckt dich Montags und spuckt dich Freitags wieder aus. Dann brauchst du Abstand vom politischen Betrieb“. Ein Gläschen Wein mit Freunden, Theater-oder Museumsbesuche stehen dann auf dem Programm. „Leider viel zu selten“. Verschnaufpausen gelingen ihr nur hier in Bad Honnef, am Rhein, auf der Insel Grafenwerth. Aber zurück nach Berlin. „Der Umgang mit den Kollegen dort ist sehr kollegial und vernünftig (außer AfD). Bei den Koalitionsverhandlungen hat man sich schon ganz gut kennengelernt. Karl Lauterbach beispielsweise ist sehr humorvoll. Sein Fachwissen hat uns alle schwer beeindruckt.

Sarah Wagenknecht zeigt sich dagegen eher unnahbar. Gute Verbindungen zu Politikern habe ich natürlich in meinem Fachbereich. So kommt es eher selten zu Begegnungen oder Gesprächen mit Olaf Scholz oder Robert Habeck. Scholz erinnert mich mit seiner Zurückhaltung ein wenig an Angela Merkel. Sie war darüber hinaus absolut uneitel, das habe ich an ihr bewundert, ebenso wie ihre humorvolle Art“. Berlin ist Berlin. Bonn ist Bonn. „Viele der jungen Abgeordneten haben Bonn überhaupt nicht mehr auf dem Schirm. Daher habe ich mich sehr über eine SMS von Christian Lindner gefreut: Im Mai soll die Finanzministerkonferenz auf dem Petersberg statt finden. Das ist ein sehr gutes Zeichen für unsere Region“.

Apropos Region: Auch hier setzt sich Nicole Westig ein. Beispiel Nonnenwerth: „Es muss nun alles unternommen werden, um das Ende des Gymnasiums abzuwenden. „Ich bin überzeugt, dass in Kürze vernünftige Lösungsvorschläge auf dem Tisch liegen. Peter Soliman hat immer behauptet, dass ihm die Zukunft der Schule am Herzen liegt. Ich kann ihn jetzt nur auffordern, an den Verhandlungstisch zurückzukehren und wie ein ehrbarer Kaufmann zu handeln“, so die Bundestagsabgeordnete, „wenn er die Schule schließt, dann hat er in der Region keine Chance mehr“. So richtig verschnaufen kann Nicole Westig wohl auch in ihrer Heimat nicht wirklich. Sie schmunzelt: „Dafür bin ich jetzt mit Karl Lauterbach per Du“. bö

Foto: Nicole Westig mit Andreas Pinkwart

Bad Honnef in Berlin ausgezeichnet

Das Bundesministerium für Bildung und Forschung sowie die Deutsche UNESCO-Kommission zeichneten auch in diesem Jahr herausragende Bildungsinitiativen für nachhaltige Entwicklung aus. Die Jury war sich einig, dass das Bad Honnefer Netzwerk „Bad Honnef lernt Nachhaltigkeit“ ebenfalls herausragende Arbeit zur strukturellen Verankerung von Bildung für nachhaltige Entwicklung in Deutschland leistet. Die Mitglieder aus Bad Honnef können stolz sein, denn in der Kategorie Netzwerke wurden ihre Aktivitäten gewürdigt. Am 20. November 2019 nahmen Bürgermeister Otto Neuhoff, Daniela Paffhausen (Bad Honnef AG) und Maria-Elisabeth Loevenich (Netzwerkkoordinatorin), stellvertretend für die Bad Honnefer Netzwerkmitglieder, die Auszeichnung in Berlin entgegen.

Zahlreiche Institutionen der Kategorien Lernorte, Netzwerke und Kommunen hatten auch dieses Jahr erneut gezeigt, wie sich Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) in vorbildlicher Weise umsetzen lässt. Unter dem Motto „Ausgezeichnet“ prämierten Staatssekretär Christian Luft vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und die Präsidentin der Deutschen UNESCO-Kommission (DUK) Professorin Dr. Maria Böhmer 55 Lernorte, 36 Netzwerke und 9 Kommunen für ihr herausragendes Engagement für Bildung für nachhaltige Entwicklung.

In der positiven Beurteilung der Jury in Bezug auf Bad Honnef heißt es: „Das Netzwerk ‚Bad Honnef lernt Nachhaltigkeit‘ verfolgt das Ziel, Bürgerinnen und Bürger über die drängenden Ressourcenfragen unserer Zeit zu informieren und die Kompetenz der Zivilgesellschaft als Change Agents zu fördern. Das Netzwerk hat seine BNE-Aktivitäten in unterschiedlichen Bildungsbereichen verstetigt und neue Lernformate und Lernangebote entwickelt. Es trägt vorbildhaft dazu bei, Bildung für nachhaltige Entwicklung in der Region zu verankern.“

Die Bad Honnefer Partner des Netzwerkes sind die Stadt Bad Honnef, das Abwasserwerk der Stadt Bad Honnef, die Bad Honnef AG und die Internationale Hochschule Bad Honnef IUBH. Netzwerkkoordinatorin ist Maria-Elisabeth Loevenich. In Bad Honnef und der Region ist „Bad Honnef lernt Nachhaltigkeit“ bereits fest etabliert. Durch vielfältige Aktionen leistet das Netzwerk einen hervorragenden Beitrag, um das Bewusstsein für Nachhaltigkeit, Klima- und Umweltschutz bei Erwachsenen wie auch Kindern und Jugendlichen zu wecken. „Bad Honnef summt“ oder zahlreiche Nachhaltigkeitsprojekte in Schulen und Kindertagesstätten tragen dazu bei.

Seit 2016 zeichnet das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und die Deutsche UNESCO-Kommission (DUK) im Rahmen der nationalen Umsetzung des UNESCO-Weltaktionsprogramm Bildung für nachhaltige Entwicklung einmal im Jahr Bildungsinitiativen aus. Die Auswahl trifft eine Jury aus Mitgliedern der Nationalen Plattform BNE sowie Vertretern des BMBF, der Freien Universität Berlin und der DUK. Neben Lerninhalt, Methoden und Lernprozessen richten die ausgezeichneten Akteurinnen und Akteure ihr Handeln auf Bildung für nachhaltige Entwicklung aus. Sie orientieren auch die eigene Bewirtschaftung an Prinzipien der Nachhaltigkeit. Somit tragen sie dazu bei, Bildung für nachhaltige Entwicklung strukturell in der deutschen Bildungslandschaft zu verankern. Als offizieller Beitrag zum Weltaktionsprogramm stellen sie sich auf der Internetseite des BNE-Ortals vor und profitieren vom Austausch mit anderen Akteurinnen und Akteuren in einem breiten Wissens- und Praxisnetzwerk.

Foto (BNE der Deutschen UNESCO-Kommission): „Ausgezeichnet“, das Bad Honnefer Neztwerk „Bad Honnef lernt Nachhaltigkeit“ – v. l.  Dr. Catrin Hannken (Bundesministerium für Bildung und Forschung), Daniela Paffhausen (BHAG), Bürgermeister Otto Neuhoff, Maria-Elisabeth Loevenich (Netzwerkkoordinatorin) und Minister a. D. Walter Hirche von der Deutschen UNESCO Kommission

Bad Honnefer in Berlin

„Und deshalb haben wir uns dazu entschlossen, heute eine Regelung zu treffen, die es jedem Bürger der DDR möglich macht, über Grenzübergangspunkte der DDR auszureisen… Das trifft … nach meiner Kenntnis…ist das sofort…unverzüglich“, stammelt Günter Schabowski, Erster Sekretär der SED-Bezirksleitung von Ost-Berlin vor dreißig Jahren in die Kameras. Den Rest kennen wir. Der Satz war letztendlich der Auslöser zum ungeplant vorzeitigen Fall des Eisernen Vorhangs. Eine friedliche Revolution, bei der gottseidank nicht ein einziger Schuss fiel, feiert in diesen Tagen ihr rundes Jubiläum. Grund genug, die Feierlichkeiten mitten im revolutionären Zentrum mitzuerleben. 

Auf in die Hauptstadt

Das Bundespresseamt hat eingeladen und 50 Bürger aus dem Rhein Sieg Kreis, davon fast 20 Honnefer sind der Einladung gefolgt, das spannende Jubiläum mitten in unserer Hauptstadt zu feiern. Organisiert durch das Wahlkreisbüro von MdB Nicole Westig hat Büroleiter Benny Limbach vier politische Tage in der Hauptstadt vorbereitet, wie sie spannender nicht sein können. Und Berlin hat sich perfekt herausgeputzt. Per Stadtrundfahrt geht es an die historischen Stätten. Brandenburger Tor, Bernauer Straße und andere Gedenkstätten erinnern an 28 Jahre totale Isolation von 16 Millionen Menschen. Eingesperrt im Unrechtsstaat DDR.

Hexenkessel Berlin

Angetrieben wird die friedliche Revolution damals von Wünschen, Forderungen, Hoffnungen und Visionen unzähliger Menschen. Zu lesen auf Transparenten und Spruchbändern.  Und sie erheben ihre Stimmen „Wir sind das Volk“. Wünsche, Hoffnungen, Visionen haben die Menschen auch heute. Und die haben 30.000 Menschen jetzt wieder auf Bänder geschrieben, die als Kunstinstallation, leicht vom Wind bewegt, vom Brandenburger Tor beginnend über 150 Meter scheinbar schwerelos über der Straße des 17. Juni schweben. Leicht und schwerelos ist das tägliche Leben in der Stadt mit fast 3,8 Millionen Bewohnern allerdings nicht mehr. 

Wohnungsnot ist allgegenwärtig. 

Überproportional steigende Mieten vertreiben Menschen, die Jahrzehnte in ihren Mietwohnungen gelebt haben. 5.000 Wohnungen werden so jährlich zwangsgeräumt, teuer saniert und als Eigentum weiterverkauft. Obdachlosigkeit greift um sich. Andererseits sieht man in kaum einer anderen Stadt so viele Baukräne wie in der Hauptstadt. 

Bike – Sharing und Co.

Trotzdem wird man das Gefühl nicht los, dass Berlin auch in vielen anderen Lebensbereichen an seine Grenzen stößt. Mobilität wird zunehmend schwierig und kommt zeitweise ganz zum Erliegen. Mit Car- und Bike-Sharing sowie Elektro Rollern wird alles versucht, den Individualverkehr einigermaßen aufrecht zu erhalten. Auch hat die Stadt nicht genug Ordnungshüter und muss viel zu häufig alle Augen zudrücken. Aber irgendwie läuft das tägliche Leben, auch wenn der Stress erheblich ist.

Politisch unübersichtlich

Auch das politische Berlin scheint unübersichtlich zu werden. Mit 709 Abgeordneten – wir erinnern uns: 2005 waren es 603 – ist der Bundestag nach Indien das zweitgrößte frei gewählte Parlament der Welt. Die große Zahl behindert zunehmend dessen Arbeitsfähigkeit. Der Grund liegt in unserem komplizierten Wahlrecht. 

Transparenter Bundestag

Von der Glaskuppel hat man einen guten Blick in den Plenarsaal, der vom Reichstags-Blue der Stuhlbezüge beherrscht wird. Hier finden von Mittwoch bis Freitag Debatten statt. Härtester Tag: donnerstags. Die planmäßige Sitzungsdauer geht von 9.00 Uhr bis Freitag in der Frühe um 4.00 Uhr. Einige Gebäude im Regierungsviertel sind durch unterirdische Gänge verbunden, so dass die Abgeordneten trockenen Fußes und ungesehen ihre Arbeitsplätze erreichen können. Unspektakulär ist dagegen der Bundesrat, in dem die Ländervertretungen die Legislative föderal überwachen. 

Das Verteidigungsministerium

Da man in vier Tagen nicht alle Ministerien besuchen kann, hat Organisator Benny Limbach für unseren Besuch das Verteidigungsministerium gewählt. Eine gute Wahl, wie sich vor Ort herausstellt. Äußerst interessante Themen werden zurzeit angefasst. Eines der wichtigsten Ziele ist es, die Bundeswehr zu vergrößern. Mit dem Wegfall der Wehrpflicht gibt es keine „Schnuppermöglichkeiten“ mehr, Arbeitsplätze dort auszuprobieren. Hier setzt man jetzt auf digitales Marketing, wie Instagram, Facebook aber auch YouTube mit der derzeit laufenden Kampagne „Die Rekrutinnen“.

Diskussionsrunde mit Nicole Westig

Besonders spannend gestaltet sich die abschließende Diskussion mit der Abgeordneten unseres Wahlkreises Nicole Westig (FDP) und sechs ihrer Fraktionskollegen. Interessante Themen werden diskutiert. Als pflegepolitische Sprecherin der FDP geht es natürlich auch um die Zukunft der Pflege sowie einer eventuellen Impfpflicht. Aber auch ein Tempolimit auf Autobahnen, die Energiepolitik, die Digitalisierung und eine Wahlrechtsreform werden thematisiert. Wie geht man mit der AfD um, die sich überhaupt nicht an parlamentarische Regeln hält und die permanent versucht Abläufe im Bundestag zu torpedieren. Und natürlich stand Christian Lindner im Mittelpunkt, dem die nicht optimale Kommunikation der Entscheidung aus den Sondierungsgesprächen auszusteigen vorgeworfen wird.  Ein paar hochinteressante Tage, in denen alle die Chance hatten, hinter die politischen Kulissen zu schauen.

Und so ist es nicht verwunderlich, dass die Kamera des Fotografen beim abschließenden Fototermin ausschließlich in zufriedene Gesichter blickt. Peter Hurrelmann

Zeitzeuge Friedhelm Ost

30 Jahre nach dem Mauerfall

Am 9. November 1989 seien die Berliner Mauer und die innerdeutsche Grenze von innen heraus geöffnet worden. „Das war ohne Zweifel das größte historische Glück, das wir in Deutschland erlebten“, so wertete Staatssekretär a. D. Friedhelm Ost dieses für die meisten Menschen so überraschende Ereignis. Ost, der als Zeitzeuge und damaliger Berater des Bundeskanzlers Kohl den Mitgliedern der Kolpingfamilie und der Senioren-Union Bad Honnef über die Zeit der Wende berichtete, blickte auf die DDR-Zeit zurück: Die deutsch-deutsche Grenze sei 1.378 km lang gewesen, mehr als 250 Menschen seien im Todesstreifen von DDR-Grenzern erschossen worden, viele tausend, die als Republikflüchtige festgenommen worden seien, hätten fürchterliche Zeiten in DDR-Zuchthäusern verbringen müssen.

„Unsere Landsleute in der DDR mussten, im real existierenden Sozialismus um’s Überleben kämpfen, viel von ihrer harten Arbeit an Moskau abliefern sowie im Arbeiter- und Bauernstaat vielfach unter der roten Diktatur leiden“, so der ehemalige Sprecher der Bundesregierung. Wer Anfang 1989 vorhergesagt hätte, das SED-Regime würde seine Macht verlieren, hätte hüben wie drüben nur ungläubiges Kopfschütteln geerntet. Viele im Westen und Osten hätten den Glauben an eine Wiedervereinigung längst aufgegeben.

Ost erinnerte jedoch daran, dass Helmut Kohl an dem großen Ziel der Einheit beharrlich festgehalten habe. Die Hilferufe aus der DDR hätten ihn immer bewegt. Er sei fest davon überzeugt gewesen, dass sich unsere Landsleute aus Ostdeutschland nach Freiheit und Einheit sehnten. Dennoch hätte sich sowohl bei dem Besuch von Honecker in Bonn im September 1987 als auch bei Kohls Verhandlung mit Michail Gorbatschow in Moskau im Herbst 1988 der Fall des Eisernen Vorhangs keineswegs angedeutet. Im Sommer 1989 habe es eine Fluchtbewegung aus der DDR in die bundesdeutschen Botschaften in Budapest und Prag gegeben. Die plumpe Fälschung der Kommunalwahlergebnisse durch die SED hätte viele DDR-Bürgerinnen und –Bürger so stark empört, dass einige dagegen demonstrierten. Am 9. Oktober 1989 hätten sich in vier Leipziger Kirchen einige tausend Menschen zum Montagsgebet versammelt. Als sie aus den Kirchen herausgekommen seien, hätten über 70.000 Menschen draußen skandiert: Wir sind das Volk! Sie hätten sich vor allem für Freiheit und Menschenrechte engagiert und Reformen in der DDR gefordert. Nicht wenige hätten indessen auch einfach aus der DDR heraus gewollt – in Richtung Westen. Nach der Abdankung von Erich Honecker hätte auch der Nachfolger Egon Krenz nichts mehr zur Rettung des SED-Regimes ausrichten können. Das Politbüro in Ostberlin sei völlig kopflos gewesen. Am 9. November sei das Brandenburger Tor von den Menschen in Ostberlin geöffnet worden. Staatssekretär a. D. Friedhelm Ost stellte rückblickend fest: „Unsere Landsleute hatten mit einer friedlichen Revolution die Fesseln der roten Diktatur gesprengt. Es war eine Revolution mit Gebeten, Kerzen und Gesängen, ohne dass auch nur ein Schuss aus den Gewehren von DDR-Soldaten fiel.“

Heute blickten rund 60 % der Westdeutschen mit Freude auf die Wiedervereinigung; in Ostdeutschland seien es sogar 63 %. Allerdings sei es notwendig, auch heute und morgen noch weitere Fortschritte auf dem Weg zur Einheit zu machen – mit mehr Menschlichkeit, Hilfsbereitschaft und vor allem gegenseitigem Verständnis sowie intensiven Begegnungen der Deutschen aus West- und Ostdeutschland.

In einem jetzt herausgegeben Buch mit dem Titel „30 Jahre Deutsche Einheit – Wir sind dabei gewesen“ berichten Zeitzeugen – u. a. auch die Honnefer Manfred Speck und Friedhelm Ost – über das historische Ereignis. fo

Das Buch:

Mit dem Fall der Mauer am 9. November 1989 wurde ein neues Kapitel deutscher Geschichte aufgeschlagen: Nach Jahrzehnten der Teilung wurde der Weg frei zur Vollendung der Deutschen Einheit am 3. Oktober 1990 und zu einer neuen Weltordnung! Heute, 30  Jahre danach, bedarf es Zeitzeugen, um die dramatischen Ereignisse von damals lebendig werden zu lassen. Ihre Geschichten erinnern außerdem daran, dass alles auch ganz anders hätte kommen können. In diesem Buch kommen prominente Zeitzeugen aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft zu Wort, die über ihre persönlichen Erfahrungen und ihre Rolle als Mitgestalter der Deutschen Einheit erzählen. Sie ziehen Bilanz und wagen einen Ausblick auf die zukünftigen Herausforderungen. Das historische Lehrstück der Deutschen Einheit bezeugt: Das Ringen um nationale Einheit, demokratische Freiheit, gelebte Rechtsstaatlichkeit und friedliches Zusammenleben brauchte einen langen Atem, ein mutiges Herz und einen kühlen Kopf. Dieses Buch zeigt vor allem eines: Eine lebendige Demokratie lebt von und mit engagierten Demokraten – damals wie heute!

Nicole Westig: Zwischen Bad Honnef und Berlin

Foto: Nicole Westig mit ihrem Büroleiter Benedikt Limbach

Im Deutschen Bundestag ist Nicole Westig (FDP) zuständig für das brandaktuelle Thema „Pflege“. „Der Wert einer Gesellschaft zeigt sich auch darin, wie wir mit den Schwachen umgehen. Ich möchte zeigen, dass Freie Demokraten empathisch sind und Lösungen anbieten, um den Pflegenotstand zu beseitigen. Es muss aber klar sein, dass dies nicht zu Lasten der nachfolgenden Generationen gehen darf,“ sagt sie.

Mit ihren beiden Kindern Felix und Laetitia lebt sie in Bad Honnef in fußläufiger Nähe zum Rhein. „Den Ausgleich zu Beruf und Politik bietet mir der Sport: Ich schwimme gern, liebe Inline-Skaten, Wandern und Skilaufen, das ich erst mit 45 Jahren gelernt habe. Als Genussmensch koche ich leidenschaftlich gern, am liebsten für meine Familie und Freunde. Die langen Staus auf dem Weg zur Arbeit überstehe ich am besten mit Hörbüchern, mein liebstes Urlaubsland ist Italien“. Zum Termin in ihrem Büro am Rathausplatz kommt sie knapp 2 Minuten zu spät, weil: „Ich war im Freibad auf der Insel noch ein paar Runden schwimmen“.

Empfangen werde ich von Büroleiter Benedikt (Benny) Limbach. „Beim Aalkönigsfest habe ich Benny gefragt, der hier im Ort ja bestens vernetzt ist, ob er jemanden kennen würde, der mein Büro leiten könnte, und da hat er sich gleich selbst beworben“ schmunzelt sie. „Seine Mitarbeit ist der pure Luxus für mich“. Limbach koordiniert die Termine im Wahlkreis, organisiert Bürger- Sprechstunden und sorgt für die inhaltliche Zuarbeit. Zwei Wochen im Monat verbringt Westig in Berlin. Die Sitzungswochen dort sind vollgepackt mit Terminen. Montags tagt die Landesgruppe NRW, Dienstags ist Gremien- und Fraktionstag, Mittwochs tagen die Ausschüsse, dann finden die Bundestagssitzungen im Plenum statt, oft bis spät in die Nacht. Freitags geht´s dann mit dem Flieger zurück in die Heimat.

Da Westig einen engen Draht zur hiesigen Kommunalpolitik hat, wartet auch in ihrem Bad Honnefer Büro eine Menge Arbeit auf sie. Zurück nach Berlin: Zeit für ihre sportlichen Aktivitäten bleibt ihr dort kaum. Immerhin ist ihre Wohnung in der Bundeshauptstadt groß genug, damit ihre Kinder samt Freunde dort hin und wieder auch übernachten können. Über ihre „Kollegen“ in Berlin sagt sie: „Die Bundeskanzlerin ist freundlich, wertschätzend und herzlich“. Einen guten Draht habe sie zu den „Grünen“. Wolfgang Schäuble, Claudia Roth oder Wolfgang Bosbach seien sehr angenehme Menschen mit feinem Humor. Und: „Die Abgeordneten der AFD sind dagegen sehr unangenehm. Unter allen demokratischen Parteien gibt es in bestimmten Fragen einen Konsens und Spielregeln, an die sich alle Fraktionen halten. Darin findet sich die AfD nicht wieder. Die kennen keine demokratische Kultur.“

Natürlich „zoffe“ man sich auch mal im Bundestag im Sinne der Sache, aber danach könne man sich auch wieder in die Augen schauen und zusammen ein Bier trinken gehen. Aber eben nicht mit den Abgeordneten der AFD.

Ansonsten vergleicht Westig das Regierungsviertel in Berlin mit Bad Honnef: „Jeder kennt hier jeden“. Ein und aus gingen dort beispielsweise auch die Bad Honnefer Friedhelm und Fabian Ost, Annette und Manfred Stegger oder Simon Selzer.

Seit September 2017 ist Nicole Westig Mitglied des deutschen Bundestages und pflegepolitische Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion. Sie ist Schriftführerin und ordentliches Mitglied im Ausschuss für Gesundheit. Im Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend und im Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung ist sie stellvertretendes Mitglied. Zudem ist sie Kreisvorsitzende der FDP Rhein-Sieg und Beisitzerin im Landesvorstand der FDP NRW.

Nicole Westig wurde 1967 in Menden in Westfalen geboren und kam mit 20 Jahren ins Rheinland. In Bonn studierte sie Romanistik und Öffentliches Recht, neben dem Studium arbeitete sie für Bundestagsabgeordnete. Nach dem Magisterabschluss war sie zunächst für einen Wirtschaftsverband tätig, später freiberuflich in der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit. Viele Jahre arbeitete sie als Kreisgeschäftsführerin der FDP Rhein-Sieg und für den nordrhein-westfälischen FDP-Fraktionsvorsitzenden und heutigen Landtagsvizepräsidenten, Dr. Gerhard Papke.

Ein Schmankerl am Rande: Nicole Westig hat Siebengebirgswein vom Weingut Pieper in den Berliner Regierungskreisen hoffähig gemacht. Vielleicht ist das der Grund für den derzeitigen Erfolg der FDP mit dem Bad Honnefer Aalkönig Christian Lindner an der Spitze.                                                                                                               Helmut Böndel   

Berlin

Meine sehr verehrten Damen und Herren, eben war ich noch in Berlin und jetzt bin ich schon wieder zurück in meinem Lieblingsdorf. Es ist so schön ruhig hier. Berlin ist irgendwie Kunst oder Sperrmüll. Niemand weiß das so ganz genau. Berlin ist Kult und Multikulti. Berlin ist unfassbar dreckig, aber cool. Berlin ist weltoffen. Wachstumstreiber sind Ausländer. In einem Jahr ziehen 40.000 Menschen nach Berlin.

Es gibt Städte, deren Bevölkerung kaum noch zählbar ist. Guangzhou zum Beispiel, im Süden Chinas, mit mehr als 46 Millionen Menschen die größte Stadt der Welt. Gefolgt von Kairo, Jakarta und Tokio – urbane Monster, bei denen Volkszählungen versagen und die Statistiker versuchen, die Zahl der Einwohner mit Satellitenaufnahmen und geografischen Daten zu schätzen. Da kommt es auf die eine oder andere Million nicht wirklich an. Im Vergleich dazu ist Berlin ein Dorf.

Aber es gibt auch in der deutschen Hauptstadt verschiedene Antworten auf die Frage: Wie viele Menschen wohnen in Berlin und wie dynamisch wächst die Bevölkerung? Das amtliche Melderegister zählte Ende Juni des vergangenen Jahres 3 723 914 Berliner mit Hauptwohnsitz. Das Statistische Amt Berlin-Brandenburg veröffentlichte dazu einen Bericht mit großer Tiefenschärfe, der beispielsweise offenbart, dass am genannten Stichtag in Lichtenberg 47 418 Menschen mit Migrationshintergrund in mittlerer Wohnlage lebten. Oder in der gesamten Stadt 539 Kubaner im Alter von 15 bis 45 Jahre.

Ich bin durch die Stadt gegangen oder gefahren und habe meine Tochter gefragt: „Gibt es hier auch noch echte Berliner“? Eben Berliner Schnauze? Egal wo, in der U-Bahn, in Cafés, in Restaurants, im Taxi, in den Hotels-überall Ausländer. Diese Frage hätte ich nicht stellen dürfen, denn meine Tochter hat bekanntlich Freunde in allen Erdteilen auf dieser Welt. Entsprechend entsetzt war ihr Blick. Natürlich habe ich nichts gegen Ausländer. Im Gegenteil. Auch in Bad Honnef studieren immerhin 1.600 junge Menschen aus 100 Nationen. Was wären wir hier in Deutschland ohne unsere Zuwanderer (Gäste) aus aller Welt? Nichts mehr. Überall in Berlin wird gebaut.

Es entstehen neue Lebensräume mit bis zu 40.000 Wohnungen. Und wenn denn der „Hauptstadt-Flughafen“ irgendwann einmal fertig wird, dann wird der Flughafen Tegel platt gemacht-für ein neues Stadtteil. Ich war in einem russischen Restaurant. Krass! Dabei habe ich an Bad Honnef gedacht, denn: Auch hier wird ja schon bald ein russisches Restaurant eröffnen. Im ehemaligen „Eastwood“ in der Linzer Straße. Verpächter Hansi Hatterscheid meint, im April gehts dort los, im „Ludmillas“. Hauptstadtflair! Was wird aus dem Inselcafé? Nichts genaues hört man.

Nur: „Es wird noch verhandelt“. Immerhin hat Hermann J. Nolden Anfang der Woche den Laden nach 33 erfolgreichen Jahren an die Stadt zurück gegeben. Besenrein! Juut. Jetzt noch ein Berliner Witz zum Thema Multikulti: „Erster Schultag in Berlin. Der Direktor ruft die Schüler auf: „Mustapha El Ekhzeri?“ – „Anwesend!“ „Achmed El Cabul?“ – „Anwesend!“ „Kadir Sel Ohlmi?“ – „Anwesend!“ „Mohammed Endahrha“ – „Anwesend!“ „Mel Ani El Sner?“ – Stille im Klassenzimmer. „Mel Ani El Sner?“ – Stille im Klassenzimmer. Ein letztes mal: „Mel Ani El Sner?“ Jetzt steht ein Mädchen in der letzten Reihe auf und sagt: „Das bin wahrscheinlich ich. Aber mein Name wird MELANIE ELSNER ausgesprochen.“

Herzensthemen für Bad Honneferin

Bundestagsabgeordnete Nicole Westig in den Gesundheitsausschuss berufen

Die für den Rhein-Sieg-Kreis neugewählte FDP-Bundestagsabgeordnete Nicole Westig aus Bad Honnef wird künftig ihre Fraktion im Gesundheitsausschuss des Deutschen Bundestags vertreten. Als stellvertretendes Mitglied wird Westig zudem in den Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und in den Ausschuss für Familie entsandt. Dies hat die FDP-Bundestagsfraktion in der vergangenen Woche entschieden. „Ich freue mich, dass ich mich künftig mit meinen Herzensthemen aus dem sozialen Bereich beschäftigen darf“, so die FDP-Abgeordnete nach der Fraktionssitzung.

Dabei möchte Westig sich vorwiegend um das Thema Pflege kümmern und damit ihre beruflichen Erfahrungen aus der Diakonie Michaelshoven in Köln in ihre politische Arbeit einbringen. „Die Beseitigung des Pflegenotstands gehört ganz oben auf unsere gemeinsame politische Agenda“, sagte sie anlässlich ihrer Jungfernrede am Freitag im Deutschen Bundestag. Die Freien Demokraten fordern unter anderem eine angemessene Bezahlung und verbesserte Arbeitsbedingungen für Pflegekräfte.

Westig betonte weiter, als Stellvertreterin im Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit den Schulterschluss mit den vielen in der Region ansässigen Hilfsorganisationen zu suchen, die Bonn als Standort für Entwicklungszusammenarbeit stärken.

„Und im Familienausschuss will ich für eine moderne Familienpolitik und für die Gleichstellung von Mann und Frau eintreten sowie eine Stimme für die Alleinerziehenden sein“, so die Politikerin, die ihre 15jährige Tochter und ihren 17jährigen Sohn alleine erzieht.

Den Einsatz der Ausschüsse hat der Deutsche Bundestag am vergangenen Mittwoch beschlossen, Ende Januar werden diese sich konstituieren. eb

Alter (2)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist unfassbar, es ist lange leicht zu ignorieren, aber eines Tages absolut nicht mehr zu bestreiten: Jeder Mensch wird älter. Das ist aber auch der einzige Trost. Nein. Trost ist, wenn man im Alter auf ein schönes Leben zurück schauen kann. Ich war am Wochenende mit meinem Sohn (31) und meiner Mutter ((87) bei meiner Tochter (26) in Berlin (Neukölln).

Drei Generationen. Spannend. Mutter hat am Brandenburger Tor als Kind Adolf Hitler zuwinken müssen. Erinnerungen bleiben. Und nun steht sie vor dem Adlon und stellt fest: „Das hat sich hier aber schwer verändert“. Unglaublich. Auch diese Frau hat alles erlebt, von Hitler bis zum iPhone. Welch eine Bandbreite. Davon habe ich mal gerade 50 Jahre mitbekommen, also quasi von Willy Brandt bis zum iPhone. Das ist schon eine ganz andere Zeitspanne. „Lass uns zu Fuß gehen“. „Bitte“? „Stell dich nicht so an“.

Für Kinder sind Eltern unkaputtbar. Omas sowieso. Ausreden haben keine Chance. Oma flüstert mir zu: „Ich würde mich gerne mal hinsetzen“. Nach gerade mal 17.000 Schritten. Mitten in Neukölln stehen noch die gut erhaltenen Reste eines Böhmischen Dorfes, das König Friedrich Wilhelm I 1737 hat errichten lassen. Interessant. Noch interessanter war der ausführliche Bericht von Oma über den Preußenkönig.

Der mit den langen Kerls. Sie wissen, was ich meine. Dem haben wir den noch heute hier und da existierenden Typus des preußischen Untertanen, den blinder Gehorsam, absolute Unterordnung, Gottesfürchtigkeit, Diensteifer, Unbestechlichkeit, Disziplin, Ehrlichkeit, Gerechtigkeit auszeichnen sollen. Geradezu manisch verfasste der König zahllose Edikte, Vorschriften für das Verhalten seiner Untertanen, die peinlich genau befolgt werden sollen. Und da haben wir den gravierenden Unterschied. Oma, eher preußisch korrekt, und ich als 68er, eher genau das Gegenteil. Und die Kinder haben für sich beide Zutaten genial miteinander vermengt. Neukölln ist übrigens ein typischer Wohnbezirk, vor allem in den südlichen Ortsteilen wird es vorstädtisch-ländlich.

Im eigentlichen Stadtteil wohnen waschechte Neuköllner, junge Studenten und Familien aus etwa 160 verschiedenen Nationen mehr oder weniger friedlich beisammen. Über das „mehr oder weniger“ habe ich mich sehr gefreut. Berlin und das Alter. Das sind schon zwei reizvolle Themen. Früher, als ich noch jünger war, da war ich rein beruflich, jedes Jahr auf der ITB in Berlin. Oma hat Hitler zu gewedelt und nun wohnt meine Tochter dort. Früher roch es dort nach Trabbi und wir mußten noch über den Checkpoint Charlie zum Hotel rüber machen. Dieser Nervenkitzel ist heute nur noch Geschichte. Wie alles in Berlin. Wie alles im Leben. Und wenn das Alter noch so furchtbar ist, die Lebensgeschichten, die wir alle mit uns herum schleppen, die geben dem ganzen doch einen Sinn. Auch wenn wir das meiste längst schon wieder vergessen haben. Vergessen werden. Wie sagte Hans-Joachim Fuchsberger noch so schön: „Alt werden ist nichts für Feiglinge“. In diesem Sinne: Ein schönes Wochenende allerseits…