Dachmarke (2)

Kultur, meine sehr geehrten Damen und Herren, Kultur ist entbehrlich; in den sozialen Netzwerken sowieso. Aber da erzähle ich Ihnen ja nichts neues. Wenn man sich die Diskussionen und Kommentare rund um unsere neue „Dachmarke“ ansieht, könnte man den Eindruck bekommen:

Ja, unsere Stadt könnte so schön sein, wenn hier nicht so viele Idioten leben würden. Neben den ganzen Berufsoppositionellen lässt sich mittlerweile eine ordentliche Anzahl an Leuten zu Äußerungen hinreißen, für die es im persönlichen Dialog zu meiner Schülerzeit noch eine dicke Kelle gegeben hätte.

Vielleicht würden bei einer Versachlichung auch mal die Argumente durchkommen, die im jetzigen Geschrei ziemlich untergehen. Dass die Bürger auf dem Weg zur Entscheidungsfindung nicht mitgenommen wurden, stößt Einigen sauer auf, der Slogan: „Lebensfreude verbürgt“ hätte auch bei der Verleihung des Badezusatzes im Honnefer Namen 1960 als modern gelten können und der Märchenteaser, der kein Imagefilm sein möchte, gehört wahrlich nicht in die Kategorie „nervenzerfetzender Thriller“.

Es gibt sicherlich viele Argumente für die Dachmarke und einige dagegen – wenn man sie in dem ganzen Gemecker denn hören könnte. So, nun ist aber gut, am 27.8. haben wir alle die Chance auf einen gepflegten Meinungsaustausch auf der Insel. Bis nächste Woche also, hören Sie wohl.

Dachmarke

Kultur, meine sehr geehrten Damen und Herren, Kultur ist entbehrlich; aber nicht bei uns. Bad Honnef bekommt jetzt nämlich eine Dachmarke! Mutig isser ja, unser Herr Bürgermeister. Kaum war die Rhöndorfer Kapelle über Nacht in knalliges Gelb gehüllt, dass man zuerst dachte, hier zieht die neue Postagentur ein, regnete es Buh-Rufe in Bindfäden. Der weit verbreitete Reflex, alles Unbekannte erst mal anzubellen, bevor man dran geschnuppert hat, ist wahrscheinlich bei uns erfunden worden.

Aber die kontroverse Diskussion an sich ist schon mal gut. Wenn es auf ewig eingeschlichenen Pfaden weitergeht, findet keine Entwicklung statt. Noch ist viel zu wenig ans Tageslicht gekommen, um gleich dagegen zu opponieren. Man darf gespannt sein, was sich die klugen Köpfe in der Verwaltung und die Marketingstrategen für unseren Heimatort ausgedacht haben. Bonn hat seinen Kussmund, Berlin seinen Bären, und was hat Bad Honnef? Adenauer? Insel Grafenwerth? Nizza vom Rhein?

Und mit dem bloßen Bad im Namen lockt man auch keinen auswärtigen Aal mehr in die Reusen der Aranka. Also wo ist das Wir-Gefühl, das uns alle vereint? Geben wir den Mutigen eine Chance, bevor wir die Dachmarke auf eine Lachmarke reduzieren. Ich werde ein wachsames Auge darauf haben, ob sich unter dem neuen Dach auch ein Zimmer für die Kultur findet, versprochen. Bis nächste Woche also, hören Sie wohl.

Hottentotten

Kultur, meine sehr geehrten Damen und Herren, Kultur ist entbehrlich; auch oder gerade im Urlaub. Spätestens, wenn man sieht, welche zivilisatorischen Hinterlassenschaften oft an den schönsten Plätzen zurück bleiben, fragt man sich manchmal, ob dort wirklich kulturell höher entwickelte Wesen gehaust haben.

Da braucht man auch gar nicht so weit zu schauen, ein Spaziergang am Rheinufer, was für mich gleichbedeutend mit Kurzurlaub ist, reicht schon. Mein Vater selig sagte damals immer: „Hier sieht es aus wie bei den Hottentotten“, zugegebenermaßen war hier meistens mein Kinderzimmer gemeint. Aber abgesehen davon, dass der mittlerweile veraltete Begriff der Hottentotten auf unsere unselige Kolonialzeit zurück geht, war er ursprünglich von den holländischen Buren den Eingeborenen gegenüber abwertend rassistisch gemeint.

Später wurde er dann von den Briten allgemein „auf Menschen mit vermeintlich unterlegener Kultur oder Mangel an intellektuellen Fähigkeiten übertragen“ (Wikipedia). Von daher ist ja noch viel Wahres dran oder anders ausgedrückt: „Wer seinen Müll achtlos zurück lässt, hat sie nicht mehr alle.“ Es gibt bei uns leider immer noch viel zu viele Hottentotten, und damit meine ich ausdrücklich nicht Menschen anderer Hautfarbe oder mit Migrationshintergund. Bis nächste Woche also, hören Sie wohl.

Sommerloch

Kultur, meine sehr geehrten Damen und Herren, Kultur ist entbehrlich; das hab ich ja gerade noch letzte Woche anhand von R(h)einspaziert widerlegt. Apropos, das ist eine schöne Eintrittsleiter ins Sommerloch. Das wohl bekannteste Loch der Welt wird ja nun mindestens 1x jährlich in so ziemlich jeder Postille selber thematisiert.

Von Sommerloch kann allerdings bei der Kultur nicht die Rede sein. Denn während überall wieder Heerscharen in den Urlaub fahren, fliegen oder (nach einem Blick aus dem Fenster) schwimmen, findet in der Region ein kulturelles Highlight nach dem anderen statt. Der Sommer ist einfach die beste Jahreszeit für Aktivitäten aller möglichen Couleurs, unsere Illustratorin hat da mal ein wenig auf den Webseiten der Umgebung gespinxt. Kultur als Sommerlochfüller, auch eine Aufgabe.

Die Daheimgebliebenen wollen schließlich aus ihrer Lethargie gerissen werden. Also bevor sich das kulturelle Herbst- und Winterloch öffnet, schauen Sie doch einfach mal wieder bei einer der Aktionen in der Region vorbei. Sieh, das Gute liegt so nah, heute abend ab 19 Uhr Latin Music live beim Mexikaner am Honnefer Markt. So, Sommerloch gestopft. Bis nächste Woche also, hören Sie wohl.

Glückwunsch

Kultur, meine sehr geehrten Damen und Herren, Kultur ist entbehrlich; diese These habe ich zwar letztes Jahr erstmalig aufgestellt, aber unser Stadtjugendring widerlegt diesen Satz bereits seit 25 Jahren. Letztes Wochenende war wieder R(h)einspaziert und die Massen sind geströmt. Wetter gut, Umsatz gut, Bands gut, alles gut.

Ich gestehe, bei der ersten Nennung des Headliners war ich etwas skeptisch. Abgesehen davon, dass der kölsche Rock‘n‘Roll nicht unbedingt meine favorisierte Stilrichtung ist, bin ich eigentlich der Meinung, dass er in die 5. Jahreszeit gehört, wo er in hiesigen Breitengraden durchaus seine Berechtigung hat. Aber die Abstimmung mit den Füßen hat mich eines Besseren belehrt. Nachmittags schon füllte sich die Insel und die Stimmung hätt nicht besser sein können. Alles richtig gemacht, herzlichen Glückwunsch.

Rundum nur fröhliche Gesichter und ein bunt gemischtes Publikum aller Altersstufen. Open Airs auf der Insel Grafenwerth haben eben ihr besonderes Flair. Nizza, das Bad Honnef am Mittelmeer, hat übrigens nur eine Halbinsel; und die wahrscheinlich noch ohne Live-Musik. Wird Zeit, dass wir uns emanzipieren. Siebengebirge, Bad Honnef, Insel Grafenwerth, da braucht es keine weiteren Titel. Bis nächste Woche also, hören Sie wohl.

Streitkultur

Kultur, meine sehr geehrten Damen und Herren, Kultur ist entbehrlich; Streitkultur einmal ausgenommen. Was herauskommt, wenn es der Streitkultur entbehrt, hat man gerade am Wochenende in den Nachrichtenbildern aus Hamburg gesehen; Anarchie statt Argumente. Wenn Mollis und Steine fliegen, ist es mit den sachlichen Anliegen vorbei. Aber man braucht gar nicht so sehr in die Extreme zu gehen, auch im privaten Bereich ersetzt Lautstärke oftmals gepflegte Auseinandersetzung.

Schneller, schriller, lauter. Ich unterstelle jetzt mal nicht jedem auf Krawall gebürsteten Kontrahenten in einer aus verschiedenen Blickwinkeln geführten Debatte, dass er ein regelmäßiger Konsument unserer täglichen Fernsehtalkshows und Reality-Soaps ist. Dort wird es ja vorgemacht, wie Auseinandersetzungen am besten geführt werden – je agressiver, desto sendewürdiger.

Aber manchmal frage ich mich schon, ob ich nicht nur zufällig der Ableiter anderweitiger Ärgernisse bin, wenn in einer kontroversen Diskussion mein Gegenüber aus der Hose springt. Patentrezepte gibt es da wohl nicht, dagegen halten ist keine Option, wenn es nicht eskalieren soll. Ruhe bewahren und tief Luft holen wäre ein Anfang. Zum Streiten gehören immer Zwei. Wenn die Agression ins Leere läuft, ist sie meist schnell verpufft. Bis nächste Woche also, streiten Sie wohl.

Freikarten

Kultur, meine sehr geehrten Damen und Herren, Kultur ist entbehrlich; vielleicht nicht immer, aber spätestens, wenn sie Geld kostet. Ich weiß nicht, ob es das schlechte Beispiel der Öffentlichen Haushalte ist, welches ich ja nun schon oft genug gegeißelt habe.

Aber in der letzten Zeit ist mir doch immer mehr aufgefallen, dass auch private Musikkonsumenten grad ihr Portemonnaie vergessen haben, wenn es irgendwo darum geht, einem musikalischen Dienstleister eine finanzielle Anerkennung zu geben. Dass sich in den Wochen vor der 7MMN immer wieder Leute finden, die mich grad 1-2 jährlich im Vorbeigehen grüßen, und die dann äußerst freundlich um Freikarten bitten, das bin ich schon gewohnt.

Auch Zaungäste bei Open Air Konzerten finden sich immer wieder gerne. Bitteschön. Auf dem sowieso schon freien Straßenmusikfestival in Königswinter lichten sich blitzartig die vorher geschlossenen Reihen, sobald auch nur ansatzweise der berühmte Hut kursiert. Daher auch die eingangs erwähnten, massenweise vergessenen Portemonnaies.

Den Vogel abgeschossen hat letzten Sonntag allerdings der Spruch: „Arbeite was Vernünftiges, dann brauchst du hier nicht betteln zu gehen.“ Peter Tauber lässt grüßen. Wir entwickeln uns wohl so langsam zu einer Nation der Freikulturkultur. Schade eigentlich. Bis nächste Woche also, hören Sie wohl.

Am Wochenende: 7mmn

Kultur, meine sehr geehrten Damen und Herren, Kultur ist entbehrlich; aber sicherlich nicht an diesem Wochenende. Die mittlerweile 8. Ausgabe der 7 Mountains Music Night steht an (www.7mmn.de). Ich freue mich, den geneigten Besuchern die Früchte von einem Jahr Arbeit präsentieren zu können.

Erstmalig findet die Nacht der Nächte Anfang Juli statt, und nicht nur am Samstag, bereits Freitag geht es los um 19 Uhr mit dem Honnefer Kulturtreff im Weingut Broel. Das Auftaktkonzert wird bestritten von der vielköpfigen Blues- und Soulband Plenty Fourty. Der Eintritt hier ist gleichzeitig gültig für die 15 Veranstaltungsorte am Samstag, wo incl. Shuttlebuskonzerten und Aftershowparty im Rheingold insgesamt 20 Live-Acts darauf warten, die Region rund um den Drachenfels zu rocken.

Gleichzeitig beginnt auf dem Rhöndorfer Ziepchesplatz die Traditionskirmes, die sich dieses Jahr als Familienkirmes neu interpretiert und wo am Samstag ab 19 Uhr und Sonntag ab 12 Uhr zwei Bands aus dem Umfeld der 7MMN spielen. Ebenfalls am Sonntag ab 12 Uhr startet in Königswinter das Straßenmusikfestival mit weiteren 13 Musik-Acts an verschieden Stellen in der Altstadt sowie auf der Fähre – ganz schön was los.

Wegen der Illustration übrigens muss ich noch ein ernstes Wörtchen mit unserer Zeichnerin reden. Genug geblödelt, jetzt freuen Sie sich erst mal auf Musik bis der Arzt kommt. Bis zum Wochenende also, hören Sie wohl.

Krimikultur

Kultur, meine sehr geehrten Damen und Herren, Kultur ist entbehrlich; spätestens Sonntags zwischen 20.15 Uhr und 21.45 Uhr. Denn ohne Krimi geht die Mimi nie ins Bett, nie ins Bett, nie ins Bett. Ich gestehe, ich gehöre zur großen Schar der bundesdeutschen Tatort-Fans; obwohl oder gerade ohne TV-Gerät, da für Jugendliche nicht geeignet ab 20 Uhr jederzeit in der Mediathek abrufbar.

Wobei, gerade unter den letzten Folgen waren doch einige dabei, die mich mitnichten vom Sessel gerissen haben, und mit den SPON-Rezensenten stimme ich auch nicht immer überein. Aber die Krimikultur der Fernsehermittler vor und hinter der Mattscheibe bringt eh die unterschiedlichsten Ausprägungen und Herangehensweisen hervor.

Während z.B. mein bester Freund eher der amerikanisierte Sofa-Surfer ist, für den alleine tonnenweise Sprengstoff und hektoliterweise Kunstblut zählen, bewegt sich eine Freundin aus dem hohen Norden lieber in skandinavisch-düsteren Szenarien, in denen höchst depressive Ermittler in einer ebensolchen Umgebung meist ziemlich alkoholisiert herumtaumeln. Aber trotz phasenweiser Schwachstellen, ich bleib bei meinem Fadenkreuz im Auge des Vorspanns; natürlich auch und gerade wegen der Titelmusik von Klaus Doldinger, auf Youtube übrigens in unzähligen guten Remix-Versionen. Bis nächste Woche also, hören Sie wohl.

Subkultur

Kultur, meine sehr geehrten Damen und Herren, Kultur ist entbehrlich; also weg damit. Und die sogenannte Subkultur ist erst recht eine fremde Vokabel in den Öffentlichen Haushalten. Spiel nicht mit den Schmuddelkindern, sing nicht ihre Lieder.

Viele stellen sich bei dem Begriff Subkultur wohl am ehesten einen mitternächtlichen Sprayer im schwarzen Hoody vor. Dabei ist er eine Bezeichnung für die abweichende Norm eines Teils unserer Gesellschaft und steht allgemein für unterschiedliche Lebensstile abseits der Hauptkultur.

Natürlich ist es auch eine Möglichkeit, sich in seinen Aktivitäten vom breiten Mainstream abzusetzen. Hoch lebe die Vielfalt. Aber die Suche nach Plätzen zur Ausübung der Subkultur war eh nie einfach. Deshalb ist es umso trauriger, dass eine Stadt wie Bonn jetzt sogar die alt eingesessenen Aktivisten von ihren Stammplätzen verjagt. Nehmen wir z.B. das Kult 41, Ort von immerhin 200 Kulturveranstaltungen jährlich sowie zig Proberäumen für junge Musiker und etlicher Künstlerateliers.

Dem Kulturverein Nordstadt e.V., Betreiber dieses faszinierenden Schmelztiegels, aus dem heraus ich auch immer wieder gute Musiker gefischt hab, steht jetzt eine 60%ige Mieterhöhung ins Haus. „Ortsüblich“ ist nur der Tod. Liebes Bonn, ist das jetzt Kurzsichtigkeit, Gedankenlosigkeit, Ignoranz oder einfach nur Gier? Gentrifizier dich ruhig, ich nutz demnächst die Umgehungsstraßen. Bis nächste Woche also, hören Sie wohl.