Krimikultur

Kultur, meine sehr geehrten Damen und Herren, Kultur ist entbehrlich; spätestens Sonntags zwischen 20.15 Uhr und 21.45 Uhr. Denn ohne Krimi geht die Mimi nie ins Bett, nie ins Bett, nie ins Bett. Ich gestehe, ich gehöre zur großen Schar der bundesdeutschen Tatort-Fans; obwohl oder gerade ohne TV-Gerät, da für Jugendliche nicht geeignet ab 20 Uhr jederzeit in der Mediathek abrufbar.

Wobei, gerade unter den letzten Folgen waren doch einige dabei, die mich mitnichten vom Sessel gerissen haben, und mit den SPON-Rezensenten stimme ich auch nicht immer überein. Aber die Krimikultur der Fernsehermittler vor und hinter der Mattscheibe bringt eh die unterschiedlichsten Ausprägungen und Herangehensweisen hervor.

Während z.B. mein bester Freund eher der amerikanisierte Sofa-Surfer ist, für den alleine tonnenweise Sprengstoff und hektoliterweise Kunstblut zählen, bewegt sich eine Freundin aus dem hohen Norden lieber in skandinavisch-düsteren Szenarien, in denen höchst depressive Ermittler in einer ebensolchen Umgebung meist ziemlich alkoholisiert herumtaumeln. Aber trotz phasenweiser Schwachstellen, ich bleib bei meinem Fadenkreuz im Auge des Vorspanns; natürlich auch und gerade wegen der Titelmusik von Klaus Doldinger, auf Youtube übrigens in unzähligen guten Remix-Versionen. Bis nächste Woche also, hören Sie wohl.

Subkultur

Kultur, meine sehr geehrten Damen und Herren, Kultur ist entbehrlich; also weg damit. Und die sogenannte Subkultur ist erst recht eine fremde Vokabel in den Öffentlichen Haushalten. Spiel nicht mit den Schmuddelkindern, sing nicht ihre Lieder.

Viele stellen sich bei dem Begriff Subkultur wohl am ehesten einen mitternächtlichen Sprayer im schwarzen Hoody vor. Dabei ist er eine Bezeichnung für die abweichende Norm eines Teils unserer Gesellschaft und steht allgemein für unterschiedliche Lebensstile abseits der Hauptkultur.

Natürlich ist es auch eine Möglichkeit, sich in seinen Aktivitäten vom breiten Mainstream abzusetzen. Hoch lebe die Vielfalt. Aber die Suche nach Plätzen zur Ausübung der Subkultur war eh nie einfach. Deshalb ist es umso trauriger, dass eine Stadt wie Bonn jetzt sogar die alt eingesessenen Aktivisten von ihren Stammplätzen verjagt. Nehmen wir z.B. das Kult 41, Ort von immerhin 200 Kulturveranstaltungen jährlich sowie zig Proberäumen für junge Musiker und etlicher Künstlerateliers.

Dem Kulturverein Nordstadt e.V., Betreiber dieses faszinierenden Schmelztiegels, aus dem heraus ich auch immer wieder gute Musiker gefischt hab, steht jetzt eine 60%ige Mieterhöhung ins Haus. „Ortsüblich“ ist nur der Tod. Liebes Bonn, ist das jetzt Kurzsichtigkeit, Gedankenlosigkeit, Ignoranz oder einfach nur Gier? Gentrifizier dich ruhig, ich nutz demnächst die Umgehungsstraßen. Bis nächste Woche also, hören Sie wohl.

Terror

Kultur, meine sehr geehrten Damen und Herren, Kultur ist entbehrlich; insbesondere in Zeiten wie diesen, wo man zwischen den einzelnen Terroranschlägen und den dazu gehörenden Sondernachrichtensendungen im Minutentakt hin und her hoppen kann. Anschlag auf dem Ariana Grande Konzert, Räumung des Festgeländes bei Rock am Ring, Erhöhung der Sicherheitsmaßnahmen bei anderen Kulturveranstaltungen – Terror vs Kultur.

Bei vielen wächst die dumpfe Ungewissheit, ob man sich überhaupt noch irgendwo hin trauen kann. In den eigenen vier Wänden bleiben ist sicherlich nicht die Lösung, unser „way of life“ und so. Selbst meine überwiegende Gelassenheit weicht zur Zeit manchmal einem grummeligen Bauchgefühl. Ich werde mich wohl wieder für ein paar Augenblicke an den Rhein stehlen; Seele ausbaumeln, Kopf entleeren, tief ein- und ausatmen.

Meditation vs Terror? Die schlechten Nachrichten werden dadurch nicht besser. Für mich aber ist es die Möglichkeit, sie aufzunehmen, ohne einerseits abzustumpfen oder andererseits betroffen in der Ecke zu versauern. Dass ich dabei auch wieder meinen Akku für die Kulturarbeit laden kann, ist mehr als ein angenehmer Nebeneffekt. Bis nächste Woche also, hören Sie wohl.

bad

Kultur, meine sehr geehrten Damen und Herren, Kultur ist entbehrlich; culture is bad, wie sich US-Präsidentenkarikatur Donald T. wohl ausdrücken würde. Da ist jetzt der Kolumnistensprung nicht weit zu der in Städtekreisen begehrten Vorsilbe, mit der sich unser schönes Honnef seit dem 27. Januar 1960 offiziell schmücken darf.

Ich gestehe, in der Redaktion ist ein bilateraler Zwist entstanden, ob man das englische bad als Wortspiel in Zusammenhang mit Honnef überhaupt noch bringen kann. Seit Entstehen der Bürgermeisterband ist „bäd“ Honnef in der regionalen Wahrnehmung ja bereits besetzt. Who‘s bad? Aber interessant in dem Zusammenhang ist die Deutungshoheit für diese drei Buchstaben, um die sich die führenden deutschen Nachrichtenmagazine jetzt klöppen.

Ob wir Deutschen (und wir Honnefer erst recht) nun schlecht, schlimm, böse, übel, arg, ungültig oder sonst was sind, ist doch eigentlich wurscht. Alleine der Google-Translator macht hier 17 Übersetzungsvorschläge. Kann man mal sehen. Die Eskimos haben 24 Wörter für Schnee, logisch. Und wir Deutschen? 17 Wörter für bad, auch irgendwie typisch. Mr. President, all Germans are bäd but we in Honnef have a Städtische Bäder GmbH. So let‘s say, America first, Honnef second, ok? Bis nächste Woche also, hören Sie wohl.

Helene

Kultur, meine sehr geehrten Damen und Herren, Kultur ist entbehrlich; erst recht, wenn das Helänomen Phischer, sorry, Phänomen Helene Fischer, mit Pauken und PR-Trompeten ein neues Album auf den Markt bringt.

Der Deutschen blondgelockter Zwitscherengel, das personifizierte Titelbild der Yellow Press, präsentiert 24 fröhlich-fruchtige Kaubonbons fürs Herz und für die Ohren, natürlich auch in der limitierten (!) Fanbox mit aufstellbarem Portraitcover und handschriftlicher Widmung. Okay, „Atemlos durch die Nacht“ gehört mittlerweile wohl zum deutschen Kulturgut.

Einigkeit und Recht und Schlager. Man kann dem Genre generell sicherlich kritisch gegenüber stehen und muss trotzdem zugeben, dass Helenchen es geschafft hat, der alten Tante den 70er-Jahre-Staub von der Schallplattenhülle zu blasen. Als in der Liedermacherszene desgleichen Jahrzehnts aufgewachsenem Altprotestler ist mir allerdings der Zugang zum tieferen Sinn der Fischer-Lyrik bis heute verwehrt geblieben. Da bekomme ich immer noch eine akute Banalitäten-Allergie; Schlager-Pickel sozusagen.

Ein limitierter Sinn muss nicht jedem zugänglich sein. Bissel heile Welt soll ja manchmal ganz gut tun, auch wenn sie nur aus dem Lautsprecher kommt. Der Wunsch nach dem immerwährenden Sieg des Guten über das Böse ist nicht erst seit den Gebrüdern Grimm tief im Menschen verankert. Helene gut, alles gut. Bis nächste Woche also, fischern Sie wohl.

ESC

Kultur, meine sehr geehrten Damen und Herren, Kultur ist entbehrlich; und das ist beileibe kein regionales Phänomen zwischen Dollendorfer Hardt und Großem Breiberg. Deutschland und ganz Europa schaffen es Jahr für Jahr immer wieder, ihre eigene Kultur in Frage zu stellen; ob in Wien, Stockholm oder erst letztes Wochenende in Kiew.

Sie ahnen schon, woraus ich hinaus will: ESC. Ich meine jetzt nicht die gleichnamige Taste auf der PC-Tastatur (obwohl ich deren Funktion jetzt benutzen würde), es geht um den Eurovision Song Contest. Dieses Jahr hat bekannterweise der deutsche Beitrag einen nichtletzten Platz belegt. Indulcio Jubilo! Bissel wenig für eine von Erfolgsmeldungen aus Sport, Politik und Wirtschaft verwöhnte Nation wie unsere.

Damit soll man sich nun also identifizieren? Allerdings ist für den größten Teil des bunt glitzernden Zappelvolkes und seiner ESC-Beiträge das Wörtchen „belanglos“ noch eine hanebüchene Übertreibung. Ich würde es eher als völkerverbindende Nichtkultur bezeichnen. Von daher is‘ eh wurscht, wer wo landet.

Ralph Siegel soll sich schon in weiser Voraussicht ein geräumiges Familiengrab für sich alleine ausgesucht haben – damit er 2018 im Falle seines vorzeitigen Ablebens die nächste Show aus Lissabon noch gucken und dabei fröhlich frei rotieren kann. Bis nächste Woche also, trällern Sie wohl.

Apotheke

Kultur, meine sehr geehrten Damen und Herren, Kultur ist entbehrlich; mittlerweile scheint sich dieser Spruch hier bei uns fast überholt zu haben. Das Angebot der Kulturschaffenden wird immer reichhaltiger, genau, wie sich immer mehr Publikum bei den verschiedenen Veranstaltungen einfindet.

Dass unsere örtliche Künstlergruppe Ant!form demnächst den alten Kaiser‘s am Markt heimsuchen wird, haben die Spatzen ja schon längst über alle Dächer gepfiffen. Aber bereits an diesem Freitag wird um 18 Uhr mit einer Vernissage eine alte, leerstehende Apotheke in Königswinter, Hauptstraße 338, ihrer temporär künstlerischen Bestimmung übergeben.

Unter dem Titel: „Die Augen von Roberta“ zeigen Bewohner aus Haus Hohenhonnef ihre kreativen Arbeiten, die sie unter Anleitung des Künstlers Andreas Rein letztes Jahr im Rahmen verschiedener Workshops erarbeitet haben. Für die Laienkünstler, die ihre Kreativität nicht immer unter leichten Bedingungen ausleben, bedeutet eine Ausstellung in der Nachbarstadt eine enorme Anerkennung ihrer Leistungen.

Laut einhelliger Meinung aus dem Vereinsvorstand zeigen Ihre Kunstwerke eine bemerkenswerte Qualität. Und für das 7gebirge ist es ein weiteres Beispiel vorbildlicher, interkommunaler Zusammenarbeit. Schauen Sie mal vorbei. Bis Freitag also, hören Sie wohl.

Summer Jazz

Kultur, meine sehr geehrten Damen und Herren, Kultur ist entbehrlich; wie oft während meiner Kolumnistentätigkeit habe ich diesen Spruch für mich schon widerlegt. Für Sie alle aber, meine Leser, ist er von nun an bis September ebenfalls Makulatur, so Sie denn mögen.

Die Vorbereitungen für die 8. Ausgabe der 7 Mountains Music Night am 1. Juli laufen auf Höchsttouren, ebenso die Organisation des 5. Straßenmusikfestivals in Königswinter, welches zeitnah am 2. Juli abläuft. Da ich aber in den letzten Jahren von vielen von Ihnen die Rückmeldung bekommen habe, dass es bis dahin immer so fürchterlich lang sei, habe ich Ihnen für die Wartezeit 2016 erstmalig das 7 Mountains Summer Jazz Festival präsentiert. Aufgrund der positiven Rückmeldungen geht es daher auch hier nun in die 2. Runde.

Ab heute werden 7 Veranstaltungsorte in der ganzen Region 1 Woche lang ihre Pforte für heißen, coolen, swingigen, bluesigen, groovigen, witzigen, frischen Jazz öffnen – und das Monat für Monat bis September. 35 heimische, überregionale und internationale Livebands und -künstler freuen sich darauf, in der Heinbar, im Maritim, Anleger 640, Reitersdorfer Park, Club Pseudonym, Sealife sowie auf dem künstlichen Felsen im Becken des Freibades Grafenwerth die Entbehrlichkeit der Kultur zu widerlegen. Das komplette Programm auf www.7msj.de. Bis nächste Woche also, hören Sie wohl.

Entmayern

Kultur, meine sehr geehrten Damen und Herren, Kultur ist entbehrlich; deshalb lehnen Sie sich jetzt entspannt zurück und entmayern sich erstmal. In der letzten Woche schien es in unserer Stadt kein anderes Thema mehr zu geben.

Bei allem Respekt und Verständnis für unsere örtlich ansässigen Libristen (über die ich als „local reader“ selbstverständlich auch weiterhin meine Lektüre beziehen werde), der Untergang des Abendlandes ist noch lange nicht eingeläutet.

Wegen einer vagen Möglichkeit, welche zudem noch in unserer örtlichen Gerüchteküche gern verfeinert und hochgekocht wird, sollte sich unsere Stadtverwaltung sicherlich nicht bemüßigt fühlen, einem potentiellen und seriösen Interessenten vorab Schranken aufzuerlegen. Wäre das Leben ein Wunschkonzert, würden sich sicherlich einige Schülerinnen von Nonnenwerth dort einen Ponyhof wünschen.

Eins allerdings steht fest: ant!form wird gemeinsam mit dem Stadtjugendring in naher Zukunft im alten Kaisers ein paar bunte und laute Kunstwochen eröffnen. Dann stellen wir zuerst mal einen öffentlichen Bücherschrank auf den Markt, mehr Konkurrenz wirkt abschreckend auf jeden Investor. Support your local dealer, egal ob Literatur, Kunst, Musik oder Lebensmittel. Bis nächste Woche also, mayern Sie wohl.

Kültür

Kültür, meine sehr geehrten Damen und Herren, Kültür ist entbehrlich; so zumindest kommt man sich vor, wenn man den derzeitigen Kampf der Kültüren, sorry, Kulturen auf allen Nachrichtenkanälen verfolgt. Nach Griechen-, Portugiesen-, Ami- und Britenbashing sinds jetzt also die Türken, die des deutschen Journalistenherz erfreuen.

Unsere in den Wirtschaftswunderjahren zugezogenen neuen Mitbürger und ihre Nach- und Nach-nachkommen sind mittlerweile schon so selbstverständlicher Teil unserer Kultur geworden, dass sich niemand mehr ein Refugee-Welcome-Schildchen an die Seele pappt, wenn er mal eben einen Döner aus dem Rathausgrill oder vom Devran konsumiert. Sind die selber oder deren Ahnen nicht auch geflohen damals? Mit der Hoffnung auf eine bessere Zukunft? Sie haben maßgeblich unsere existierende Republik mit aufgebaut und sollen nun von heute auf morgen personae non gratae sein?

Bei allem Unverständnis für ein ernsthaftes Kreuzchen bei „Evet“ sollten wir doch das Minarett im Dorf lassen. Von unseren ca. 3 Millionen Mitbürgern türkischer Herkunft haben abzüglich der Nichtwähler gerade mal 15% ihre Stimme dem Säbelschwinger am Bosporus gegeben. Um diese Prozentzahl hat vor gar nicht allzu langer Zeit noch die AFD geschwankt. Bis nächste Woche also, güle güle und hören Sie wohl.