Stadtbummel

Nach einem unerfreulichen Abstecher nach Bonn, wo der Regen ungemütlich und beharrlich plädderte, schlendere ich heute gelassen und trockenen Fußes durch unser kleines Städtchen. Wetterlage winterlich, aber somit der Adventszeit und dem Gemüt entgegenkommend. Einen ersten postalischen  Weihnachtsgruß werfe ich bei einer Freundin in den Briefkasten.

Dann gebe ich ein Vorweihnachtsgeschenk für meinen Bruder bei der Post auf. Meine Gedanken durchforsten nun die imaginäre To-Do-Liste: Morgen ist Nikolaus-Tag! – fällt mir dabei ein. Sollte ich meinen Kleinen, die nicht mehr klein sind, eine Überraschung bereiten? Keiner von beiden erwartet den üppig gefüllten Stiefel vor der Tür wie damals, als sie noch wirklich klein waren. Ich finde etwas Künstlerisches für die Tochter. Etwas Sportliches für den Sohn. Sehr schön! Ein paar Köstlichkeiten gehören auch dazu!

Ein Likörchen für die „Große“ und ein lokales Bierchen für den „Kleinen“. Jetzt fehlen noch die typischen Nikolaus-Gaben wie Nüsse, Mandarinen, Feigen und Äpfel. „Sesam öffne dich!“ – Und siehe da: Knackige Nüsse, saftige Mandarinen, getrocknete Feigen und glänzende Granatäpfel hüpfen in meinen Einkaufsbeutel. Neben mir steht eine andere Kundin, die sich hier den köstlichen Verlockungen hingibt und dabei fröhlich kommentiert: „Ich bin 87 Jahre alt. Ich lache immer und mache Scherze! Ich werde hundert Jahre alt.“

Und lachend verlässt die betagte, dennoch rüstige Dame den Laden. Hundert Jahre alt zu werden, traue ich ihr durchaus zu! – Kein Scherz! – Dann erscheint  ein sehr großer, beleibter Kunde. Es soll kassiert werden und er schlägt vor: „Oder ich singe!“ – „Dann gehen Sie besser zur Sparkasse!“ – „Warum?“ – „Dort vertreiben Sie keine Kunden“, lächelt der Händler. Ich verstehe und begebe mich schmunzelnd auf den Heimweg. Franziska Lachnit (2018)

Mein Baum

Ich lebe auf einem Baum, einer Linde. Neben meinem Baum stehen auch andere Bäume. Dennoch bin ich nie auf die Idee gekommen umzuziehen. Ich liebe meinen Baum! Er hat die vollkommene Form mit seinem Geäst und Blätterwerk. Wie eine grüne Wolke liegt diese Krone auf seinem Haupt. Im Frühjahr frisch und lebenshungrig. Im Sommer blühend und in Duft gehüllt. Mit seiner Blätterfülle gibt er mir dann vollkommenen Schutz. Später, wenn schleichend der Herbst naht, verwandelt sich langsam das Laub von sattem Grün in kräftiges Gelb, bis es sich schließlich verabschiedet und vom Wind fortgetragen wird.

Von dem Ast aus, auf dem ich am liebsten sitze, eröffnet sich nun ein weiter Blick auf die Umgebung. Die Sonne erreicht mich noch und vertreibt die Kälte, die die Nacht hinterlassen hat. Der Winter scheint noch fern – bricht aber plötzlich über meinen Baum und mich herein. Und dann, wenn alles um uns herum frostig wird, Raureif die nackten Äste glitzern lässt, spricht mein Baum eine besondere Sprache. Und ich höre genau zu. Denn nun sind die Tage einsam und still. Wenige Vögel, die von Ast zu Ast hüpfen und sich leise unterhalten.

Keine Bienen, die summen. Menschen nur noch gedämpft und hinter Mauern; nicht mehr wie im Sommer laut lachend auf Partys. So hüllt mich der Winter in seinen Frieden. Ich kräusel mich auf meinem Lieblingsast ein, schaue in den klaren Himmel, der früh von Dunkelblau in Schwarz versinkt. Etwas in mir löst sich und geht auf Reise: Meine Reise führt in die Vergangenheit. In die Zeit, als der Baum noch nicht mein Zuhause war. Damals lebte ich in einem Gefängnis aus Gewohnheit und Pflichtgefühl.

Eingemauerte Routine. Lebensfreude war nur eine Erinnerung. Leidenschaft eine Sehnsucht. Aber Erinnerung und Sehnsucht waren letztendlich so mächtig, dass sie mich hinaus führten. Jetzt bin ich hier. Auf meiner Linde. Hier, wo ich die Jahreszeiten in all ihrer Härte und Zärtlichkeit erfahre. Wo Kälte und Hitze, Dunkelheit und Sonnenlicht, Lärm und Stille – wo diese Gegensätze meine Welt bedeuten. Franziska Lachnit (2018)

Das ging in die Hose

Peter, gerade sechs Jahre alt geworden, kannte nichts Schöneres, als mit einer Schar anderer Jungen zu spielen. Draußen im Hof des Nachbarhauses oder in der alten Scheune von Bauer Ritz. Manchmal wanderte der Trupp bis zum kleinen Wäldchen am Ortausgang. Verstecken, Räuber und Gendarm, Cowboy und Indianer – das waren ihre Lieblingsspiele. In der Scheune und im Wäldchen konnte man auch prima klettern oder aus Stroh bzw. Ästen und Laub Hütten bauen. Die Nachmittage vergingen wie im Flug.

Peter verlor sich jedes Mal ganz und gar in diesen Spielen. Er vergaß, dass es auch noch eine andere Welt gab. Dass er irgendwann zum Abendbrot zu Hause sein musste. Einmal vergaß er, dass da ein dringendes Bedürfnis war. Es drängte und drückte, aber Peter war ins Spiel vertieft. Bis zu dem Moment, in dem sogar Peter einsehen musste, dass es unbedingt erforderlich war, den Heimweg anzutreten. Schweren Herzens verabschiedete er sich von seinen Kameraden und rannte in Richtung seines Zuhauses.

Allerhöchste Not! Endlich an der Haustür angelangt, fällt ihm jedoch der Fliederstrauch gegenüber der Tür auf. Als hätte er ihn zuvor noch nie gesehen, wurde er magisch von ihm angezogen: „Los, Junge! Klettere an mir hoch!“ – schien der Strauch zu flüstern. Peter konnte nicht widerstehen. Vergaß ein weiteres Mal das dringende Bedürfnis, das ihn eigentlich hierher getrieben hatte.

Er streckte die Arme nach den dünnen Ästen aus. Zog sich hoch und setzte einen Fuß nach dem anderen hinterher. Das Geäst gab nach, die Beine wurden auseinander gedrückt … und jetzt bahnte sich der innere Druck endlich den Weg nach draußen. Alles, wirklich alles ging nun in die Hose. Peter wurde abrupt in die Wirklichkeit zurückgeholt. Kletterte hastig und beschämt aus dem Strauch. Treppe hinauf. In der Küche saßen Mutter und Schwestern beisammen. Als sie das Malheur erkannten, fielen sie in herzhaftes Lachen. Peter allerdings kamen in diesem Moment die Tränen. Franziska Lachnit (2018)

Verlorener Herbst

Während sich in diesem Jahr der Sommer nicht verabschieden wollte, warteten wir ein bisschen sehnsüchtig auf den Herbst. Diese romantische Jahreszeit, die uns gemächlich zurück ins gemütliche Heim führt. Biergärten schließen, für die Eisdiele ist es zu kalt, und außerdem wird es so früh dunkel, dass wir langsam, aber sicher lieber zu Hause bleiben. Erstes Kerzenlicht erleuchtet dann die Abende.

Das bunt gefärbte Laub spiegelt ein letztes Aufflammen der Natur wider – bevor wir uns endgültig für den Winter einpuppen. Aber diesmal warteten wir vergeblich. Der Sommer blieb standhaft. Und der dicke Pullover im Schrank. Herbst, wo bleibst DU? – Ich mag Dich! Auch wenn ich ein zwiespältiges Verhältnis zu Dir habe! Ich bewundere Deine unvergleichlichen Farben, Deine frische Luft, Dein besonderes Licht. Aber dann kommen Deine Stürme, die Dunkelheit, die Kälte – die Vorboten des Winters.

Doch in diesem Jahr gab es kein langsames Sich-daran-gewöhnen. Der Sommer nahm widerstrebend seinen Abschied und hatte mit seiner Inbrunst bereits die Bäume braun gefärbt. Unmittelbar darauf kam schon die vorweihnachtliche Stimmung: Gerade noch waren die Tage lang, und plötzlich gehen sie früh dem Abend entgegen. Printen, Sternchen-Deko und Lichterketten mahnen an das baldige, unausweichliche Fest. Sogar die Kirchenglocken scheinen bereits lauter zu läuten: Kommet Ihr Kinderlein! Kommet! – Wo bist Du, Herbst? Unser Mittelsmann zwischen Sommer und Winter.

Hat Dich dieser Sommer mit seinem heißen Temperament überwältigt? Haben Dich dann die weihnachtlichen Gefühle überrascht? – die sowieso gerne sehr früh daher kommen! Hast Du Dich deshalb zurückgehalten? Herbst, mein Freund! Ich möchte Dich nicht verloren geben! Ich brauche Dich, um einigermaßen entspannt dem Winter ins Auge sehen zu können. Herbst, zeig mir Deine Kraft, Deine Farben, Deine Bilder! Franziska Lachnit (2018)

Abschied

In diesem Jahr stirbt der Sommer einen langsamen Tod. Offenbar wasserscheu geworden, hatte er schon früh keine Lust, die Erde mit Regen zu tränken. Wir nahmen das zum großen Teil erfreut zur Kenntnis. Manche aber eher betrübt, denn die immerwährende Trockenheit und Hitze verbrannte das Gras, ließ die Ernte verschrumpeln und die Bäume verdursten. Bereits nach ein paar Wochen Sommerzeit lag die Welt in Gelb und Braun da.

Ein früher Herbst? Nein! Ein Sommer, der sich selbst so heftig feiert, dass er zwar knülle ist, aber noch lange nicht am Ende. Die Party geht weiter. Tagsüber wirft die Sonne ihr tiefliegendes Licht gleißend ins Auge, um uns aufdringlich an ihre Gegenwart zu erinnern. Kaum hat sie sich vom Himmel losgerissen, beglitzern zahllose Sterne die Nächte, die so unerwartet lau daherkommen, dass wir bis zur Sperrstunde im Biergarten verweilen.

Arbeiten? Schlafen? Das will niemand. Nicht in diesem unsterblich erscheinenden Sommer. – Die Kalenderblätter fallen. Es wird Zeit für den Abschied. Der Herbst klopft an. Doch der Sommer bittet ihn nicht herein. Stattdessen hält er, ein wenig entkräftet, die Stellung. Will nicht gehen. Und bleibt. So beglückt er weiterhin die Sonnenanbeter und Biergartenbesucher. Aber ewig kann auch dieser Sommer nicht überleben.

Denn nun schleicht sich heimlich – vorläufig nur für den Frühaufsteher erkennbar – der Herbst heran. Er weiß jetzt, wie er den Sommer besiegen kann; kennt seine Waffen! Nebel steigt auf – vom Fluss bis in die Höhen – und verhüllt den Sonnenaufgang. Die Temperaturen lassen frösteln. Und wenn die Sonne am späten Nachmittag durch den Dunst schimmert, fallen die Schatten schon sehr lang. Wind pustet um die Häuser und zupft das trockene Laub von den Bäumen. Nur langsam erkennt dieser Sommer seine späte Niederlage an und überlässt Herbst und Winter die Herrschaft. Franziska Lachnit (2018)

Tanz der Lichter

Ein helles Flackern an der Wand, lässt sie mitten in der Nacht wach werden. Das Flackern kommt von draußen, dringt durch das Fenster und strahlt an die Wand. „Schon wieder Geisterstunde? “, denkt sie und steigt wie ferngesteuert aus dem Bett. Sie zieht eine Jacke über das Nachthemd, schlüpft barfuß in die Gummistiefel, die immer an der Tür bereit stehen. Dann verlässt sie das Haus, um die Geister zu begrüßen.

Ein Blick hoch zum Himmel: Ja! Dort tanzen sie: Weiße Dämonen. Zaghaft lodernde, lila Flammen. Grüne Flaschengeister – endlich frei – schweben über die Bergkuppe hinab ins Tal. Egal, wohin sie ihren Blick wendet, tauchen immer wieder neue Geistergestalten auf. Da ist ein Sandsturm, der ihr entgegenwallt. Und sich dann in einen Zeitlupe-Nieselregen verwandelt. Der vermeintliche Regenvorhang wabert auf und ab – hin und her.

Gespenstisch. An anderer Stelle hat wohl ein wahnsinnig gewordener Maler seine Zeichen in den Himmel gekratzt. Mit seiner Hand hinterließ er fünfspurige Striemen. Plötzlich sind sie aber verschwunden. Wie von Geisterhand verwischt. Jetzt wölbt sich ein weißer, reiner Bogen – ein farbloser Regenbogen –  von westlichem zu östlichem Horizont. Auch er entwickelt sich zu einem zärtlichen Regenvorhang – bewegt sich langsam auf und ab. Inzwischen fröstelt sie in ihrem Nachthemd unter der Jacke und mit den nackten Füßen in den Gummistiefeln.

Dennoch möchte sie dieses nächtliche Fest nicht verlassen. Sie fühlt sich unendlich frei in diesem Moment. Andererseits verbunden. Eine Verwandte der Nacht, der Lichter und der Geister. Erst als Wolken heimlich über den Himmel kriechen und den Glanz verschlingen, kann sie sich abwenden. Sie kehrt ins Haus zurück und kuschelt sich wieder ins Bett. In ihren Träumen tanzt sie nun weiter mit den Lichtern. Franziska Lachnit (2018)

Zwei Frauen

Sie trafen sich gelegentlich bei Festen. Es waren die Feste der Familie der einen und der Freunde der anderen. Weitere Berührungspunkte gab es damals nicht. Bis zu dem Jahr, als die jüngere der beiden heiratete und die Ältere Witwe wurde. Ob eines mit dem anderen zu tun hatte oder nicht, auf jeden Fall nahm weder die eine noch die andere mehr an den Festen teil, bei denen sie sich zuvor regelmäßig über den Weg liefen.

Stattdessen begegneten sie sich ab sofort häufig auf der Straße. Die eine auf dem Heimweg und die andere unterwegs in die Stadt – oder umgekehrt. Sie grüßten sich. Sie wechselten höflich Worte. Sie blieben stehen und begannen Gespräche. Aus den Gesprächen auf der Straße wurden Verabredungen im Café. Und so begann eine besondere Freundschaft. Sie erzählten sich das, was sie zuvor nur engsten Vertrauten erzählt hatten. Sie tauschten sich über Gefühle und Erfahrungen aus, als würden sie sich bereits ein Leben lang kennen.

Dass sie keine gemeinsame Vergangenheit hatten, war vielleicht der Grundstein ihrer gegenseitigen Offenheit. Wer weiß? – Aber dann meinte das Schicksal, mal wieder Göttin spielen zu müssen und legte dunkle Wolken über den Tag, über das Leben. Eine der Frauen wurde von der Dunkelheit verschluckt. Die andere Frau sah einen Schatten verschwinden. Sie streckte noch den Arm aus, um die Freundin zu halten.

Aber wer kann einen Schatten schon festhalten? …  Dennoch gibt es immer wieder Tage, an denen aus dem Schatten ein Mensch wird. Eine Frau, die zuversichtlich dem Sonnenlicht entgegenblinzelt und sich mit ihrer Freundin im Café trifft. Gemeinsam feiern die zwei Frauen dann den Augenblick und ihr ganz persönliches Fest! Franziska Lachnit 2018

Leben und Sterben 

Er kam im Leben nicht gut zurecht. Oder kam er mit dem Leben nicht zurecht? Umso mehr hat er es herausgefordert: „Wenn das Leben schon anstrengend und unbarmherzig sein muss, dann will ich mich kräftig dagegen stemmen und alles tun, um ihm Freude und Genuss abzuringen!“ Wenn man jung ist, klappt das.

Man bricht aus den bürgerlichen Bahnen, rebelliert und glaubt, damit etwas zu leisten. Das geht so lange gut, bis man mitbekommt, dass die Schule beendet und die Lehre abgeschlossen ist. Die Eltern erwarten nun, dass man sich endlich um sich selbst kümmert. Aber wie macht man das? Nicht die Schule, nicht die Ausbildung und auch nicht die Eltern bereiten einen auf diese Aufgabe vor! Hier beginnt das Dilemma: „Ich will mich nicht anpassen, muss aber einen Job und eine Wohnung finden!“

Mit einem Quäntchen Glück und viel Anstrengung – und immer mehr Anpassung – meistert er die Herausforderungen. Innerlich jedoch lebt weiterhin der Rebell. Er flüstert immer wieder: „Das ist nicht Dein Leben! Brich aus! Hol Dir das, was Du willst!“ Wirklich ausbrechen kann er nicht. Dennoch versucht er sich zu holen, was ihm sein innerer Rebell einredet. Ein Motorrad muss her! Eine exquisite Marke und sehr viele PS. Das allabendliche Bier wird gelegentlich mit Rum oder Wodka ergänzt. Zur weiteren Veredelung verhilft selbstverständlich das Rauchen.

Am wohlverdienten Feierabend greift er wiederholt ins Päckchen von saftig-frischem Tabak, um viele Zigaretten und den ein oder anderen Joint zu wickeln. Das macht Appetit auf Döner. Und den gibt’s zum Glück gleich um die Ecke! Beduselt, beseelt und fettig tröpfelt der Abend in die Nacht … Schlafen wie im künstlichen Koma. Dann leider das Aufwachen am Tag. Aber eines Tages wachte er nicht mehr auf. Statt des Lebens hatte ihn nun der Schlaf in ewige Gefangenschaft genommen. Franziska Lachnit (2018)

Big Brother is watching you

Neue Datenschutzverordnung hin oder her! Schön und gut? Etwas irritiert nahm ich vor einiger Zeit einen Online-Hinweis für mich wahr: „Milk & More – StreetScooter erobert Großbritannien“ – ein Artikel perfekt abgestimmt auf meinen Streifzug „Milch & Eier“. Nur war zu dem Zeitpunkt mein Beitrag weder im Print noch online zu lesen. Lediglich unserem verehrten Verleger und Chefredakteur lag meine Story per E-Mail vor.

Ihm möchte ich aber wirklich nicht unterstellen, dass er mit Google & Co. kooperiert! Die anderen Beiträge, „empfohlen von POCKET“ (Wer oder was’ n das?), waren für mich OK. Es ging dabei um Themen, zu denen ich gegoogelt oder bei Amazon etwas gesucht hatte. Also nachvollziehbar! Aber anscheinend liest ein „Big Brother“ unsere Mails. So stellte es sich für mich dar. Moment! Ich hatte nach Bildern von Milchkannen gegoogelt … Kann es wirklich sein, dass man unsere winzigen Interessen dermaßen nachverfolgt? Ein paar Tage später berichtete mein Sohn von Online-Tipps, die für ihn völlig irrelevant waren.

Es handelte sich hierbei um MEINE Themen: Immobilien und Schreibwettbewerbe. Eigentlich wäre es schön gewesen, wenn ICH diese Hinweise erhalten hätte. Mein Sohn konnte rein gar nichts damit anfangen. Dass das alles mit der IP-Adresse zu tun hat, kann ich noch nachvollziehen, aber dass wir trotz aktualisierter, aufwendiger Datenschutzverordnung dermaßen durchleuchtet und belästigt werden, grenzt an Orwell’sche Phantasie und übersteigt diese sogar!

Kann es sein, dass der Datenschutz nicht unsere Persönlichkeit schützt, sondern unsere Daten? Und zwar insofern, dass diese konserviert und jederzeit abrufbar und verwendbar  sind?! Seit ich im Internet unterwegs bin, hatte ich immer das Motto „Zeige nichts, was Du nicht zeigen willst!“. Nach meinen jüngsten Erfahrungen habe ich aber sogar Respekt vor jeder trivialen Online-Recherche. Franziska Lachnit (2018)

Montagskaffee

Montags in der City. Bekanntlich eine ruhige Angelegenheit. Und doch darf man sich in unserem Städtchen immer wieder für Überraschungen bereithalten. Ich schlenderte also neulich an einem Montag ohne konkrete Intentionen mit einer Freundin durch Bad Honnef.

Mein letztes Montags-City-Erlebnis hatte meine Erwartungshaltung deutlich entspannt. Aber zum Glück nahmen wir einen Umweg nach Hause, denn dabei kamen wir an einem äußerst einladenden Ambiente vorbei: Ein Tischchen mit Kaffeetassen darauf, ein paar Sessel darum herum. Ein Schild lehnt an der Säule: PAUSE. „Och jo!“ – Eine Pause hätten wir jetzt tatsächlich gerne und treten in das Ladenlokal hinter dem netten Kaffeehaustischchen – Wow! Tolles Ambiente! Beeindruckende Wohnaccessoires!

Einfach einladend schön! Und ebenso werden wir begrüßt: Was darf ich für Sie tun? (Oh ha! Sie könnten mein Haus neu einrichten! Mir zeigen, wie man guten Geschmack hat und diesen umsetzt!) – Ich hätte gerne eine Pause und einen Kaffee dazu! – Sehr gerne! Suchen Sie sich einen gemütlichen Platz aus und ich bringe Ihnen den Kaffee … Mit Milch & Zucker? – Nur mit Milch, bitte. Meine Freundin wünscht Wasser. Alle Wünsche erfüllten sich.

Wie im Märchen! Toll! Davon hätte ich gerne mehr … Und tatsächlich: Wie gewünscht, so erfüllt: Entspannt saßen meine Freundin und ich gemütlich auf unserem Altfrauen-Popo, schlürften die dargebotenen Getränke und tratschten stundenlang mit dem Hausherren über … die Stadt, die Geschäfte, die Feste, die schönen und die schönsten Seiten des Lebens. Nebenbei saugte ich immer wieder die stilvolle Atmosphäre auf. Könnte ich sie bis nach Hause retten? Ja! Aber nur in meiner Fantasie. Schade, denn für mehr, müsste ich mich wohl in eine Prinzessin verwandeln und den herzblütigen König erobern. Das ist dann aber doch zu viel Märchen für mich! So kehre ich einfach nur verträumt ins stillose, aber dennoch gemütliche Heim zurück. Franziska Lachnit (2018)