60 Jahre Peter Profittlich

GEBURTSTAG: Immer der Tradition verpflichtet

Sein Erfolgsrezept ist die Tradition. Immerhin leitet er das legendäre Café Profittlich in Rhöndorf bereits in vierter Generation. Und Peter Profittlich sagt: „Tradition in Verbindung mit der Moderne! Man darf nicht stehen bleiben. Am guten Alten in Treue halten und jeden Morgen mit frohen Sinnen Neues erfinden. Das war ein Spruch von Egidius Schneider, dem Gründer der Katholischen Landvolkhochschule in Rhöndorf. Ein Spruch, der von meinem Großvater, auch meinem Vater und von mir geschätzt und befolgt wird“.

Aber nicht nur das: „ Gute Qualität, vernünftige Produkte, erstklassige Zutaten. Billig taugt nicht! „Haus  der Qualität“ ist ja noch ein Werbeslogan aus der Vorkriegszeit von meinem Großvater. Denn es ist jeden Tag ein Kampf, die Qualität zu erhalten. Backen können viele und sicher auch gut, aber kontinuierlich gut sein auf hohem Niveau – klingt vielleicht ein wenig angeberisch – das können nicht viele. Die Herrentorte, unser Klassiker beispielsweise, die schmeckt so wie vor 50 Jahren. Da ist nichts verändert worden, höchstens zum Positiven. Was die Alten gut gemacht haben, soll man nicht ändern, sondern beibehalten.

Aber auch Neues erfinden oder Dinge der heutigen Zeit anpassen. Für mich bedeutet Tradition, die Werte unserer Vorfahren erhalten, ehrlich sein gegenüber dem Kunden, keinen Mist bauen wie man im Rheinland sagt. Wir stehen hier mit unserem Namen für unsere Produkte, für Frische, Qualität. Und dann ist auch der Preis eben ein bisschen höher“. Peter Profittlich ist wie seine Vorfahren mit seinem Café zu einem Wahrzeichen, zu einer Marke des Ortes geworden.

Er ist Vize-Bürgermeister, CDU-Ratsmitgied und Mitglied in 26 Vereinen. 1982 legte er seine Meisterprüfung ab und leitete seit dem mit seinem Vater Karl-Heinz, der 2001 verstarb, das Familienunternehmen. 1984 ging ein lang gehegter Wunsch der Familie in Erfüllung, mit dem Kauf des angrenzenden Hauses „Eichas“. 1985 wurde in dem ehemaligen Winzer-und Bauernhof ein Original „Königswinterer Steinbackofen“ gefunden, der auch bis vor einiger Zeit seinen Dienst tat. So liegen Vergangenheit und Gegenwart im Hause Profittlich noch immer sehr eng beieinander.

Legendär ist der Weihnachtsstollen. „Das Rezept stammt von einem Kriegskameraden von meinem Großvater“. Ein Wunderrezept. Natürlich wird das nie und nimmer verraten, denn Profittlich´s Weihnachtsstollen haben die Welt erobert. Daran ist Adenauer nicht ganz unschuldig. Botschaften in aller Welt wurden und werden zu Weihnachten mit dem Stollen aus Rhöndorf beglückt. Peter Profittlich backt heute noch das von Adenauer erfundene Brot mit Maismehl, und jährlich kommen tausende Besucher nach Rhöndorf um das Haus des „Alten“ zu besuchen, das Museum oder die Grabstätte.

Logisch: Vor oder nach dem Besuch werden Kaffee und Kuchen bei den Profittlichs eingenommen. Aber, neben der allgegenwärtigen Vergangenheit hat Peter Profittlich auch die Zukunft des Hauses fest im Blick. „Ständig wird bei uns renoviert und erneuert“. Aber nicht nur das. Es stehen Appartements, Ferienwohnungen oder Gästezimmer zur Verfügung. Seit 1999 findet jährlich der Adventsmarkt statt, es wird ein Mittagstisch angeboten, Sonntags Frühstück vom Buffet. Daneben gibt es Backkurse und „Hofabende“ mit Musik. Auch in Rhöndorf bei Peter Profittlich bleibt die Zeit eben nicht stehen. bö/eb

Foto: Vor zwei Jahren organisierten Peter Profittlich (r.) und Thomas Heyer ein großes Fest zum 125sten Jubiläum des Traditionshauses Café Profittlich

Thomas Heyer: Talk mit Peter Profittlich

TRADITION: Eine Institution wird 125 Jahre alt. Am 21.Mai wird von 10 bis 22 Uhr gefeiert.

Ein Leben ohne Café Profittlich ist für Dich … ?

… undenkbar!

Was wärst Du ohne das Café möglicherweise geworden?

Tja… vermutlich der normale Werdegang auf dem Gymnasium. Vielleicht hätte ich  studiert oder  eine Lehre gemacht – in der Verwaltung, einer Bank oder im Bereich Wirtschaft. Meine Mutter hat sehr darauf gedrängt, dass ich das Abitur machen sollte, aber ich habe mich nach der mittleren Reife selbst abgemeldet.

Ich werde Bäcker und Konditor – stand das für Dich immer fest?

Für mich war das klar! Meine Familie wollte eigentlich, dass ich studiere. Alle um mich herum in der Verwandtschaft haben studiert. Ich bin der Einzige, der Handwerker geworden ist. Ganz bewusst.

Was ist das Besondere an diesem besonderen Café?

Zwei Dinge: Dass man mit diesem Betrieb über Generationen hinweg seine  Familie ernähren und die Rhöndorfer Bevölkerung während der 125 Jahre verlässlich mit Brot versorgen konnte. Fleiß, Taktik und Raffinesse haben es möglich gemacht, dass keiner im Dorf Hunger leiden musste. Und das trotz der Weltkriege, Inflation und Wirtschaftskrisen. Und dass wir es immer geschafft haben, den Geschmack der Kunden zu treffen. Wir haben ja nicht nur Grundnahrungsmittel hergestellt, sondern auch Freude bereitet mit unseren Produkten. Das wird heutzutage immer wichtiger. Die Verbindung von Tradition und modernen Produkten! Leider haben fast alle Kollegen, die etwa in meinem Alter sind, ihre Geschäfte geschlossen. Die meisten der großen und bekannten Cafés sind inzwischen weg.

Café Profittlich ist ein Café, in dem die Zeit fast stehen geblieben zu sein scheint!

Ja, und das mit Überzeugung. Viele Kunden sagen, ‚ändern Sie nur ja nichts’! Ich habe Kunden, die nachweisbar schon in der vierten Generation bei uns kaufen. Zum Beispiel  gibt es eine Arztfamilie aus Königswinter, da war der Urgroßvater schon Stammgast bei uns im Café. Und die heutige Generation legt großen Wert darauf, dass wir nichts verändern.

Also kann man sagen: Das Erfolgsrezept ist die Tradition!

Ja, in Verbindung mit der Moderne! Man darf nicht stehen bleiben. „Am guten Alten in Treue halten und jeden Morgen mit frohen Sinnen Neues erfinden.“ Das war ein Spruch von Egidius Schneider, dem Gründer der Katholischen Landvolkhochschule in Rhöndorf. Ein Spruch, der von meinem Großvater, auch meinem Vater und von mir geschätzt und befolgt wird.

125 Jahre Café Profittlich – was galt denn immer in diesen Jahren?

Gute Qualität, vernünftige Produkte, erstklassige Zutaten. „Billig taugt nicht“! „Haus  der Qualität“ ist ja noch ein Werbeslogan aus der Vorkriegszeit von meinem Großvater. Denn es ist jeden Tag ein Kampf, die Qualität zu erhalten. Backen können viele und sicher auch gut, aber kontinuierlich gut sein auf hohem Niveau – klingt vielleicht ein wenig angeberisch – das können nicht viele. Die Herrentorte, unser Klassiker beispielsweise, die schmeckt so wie vor 50 Jahren. Da ist nichts verändert worden, höchstens zum Positiven. (… lacht)

Was bedeutet denn für Dich ganz persönlich Tradition?

Was die Alten gut gemacht haben, soll man nicht ändern, sondern beibehalten. Aber auch Neues erfinden oder Dinge der heutigen Zeit anpassen. Für mich bedeutet Tradition, die Werte unserer Vorfahren erhalten, ehrlich sein gegenüber dem Kunden, keinen Mist bauen wie man im Rheinland sagt. Wir stehen hier mit unserem Namen für unsere Produkte, für Frische, Qualität. Und dann ist auch der Preis eben ein bisschen höher.

Feuerwehr, Schützenverein, Politik in der CDU… Du bist hier offensichtlich nicht nur in eine Konditorentradition hinein geboren worden, sondern auch in diese Tradition.

Ja, ganz genau. Mein Vater hat mir von Kindesbeinen an beigebracht, wenn du hier Fuß fassen willst, hast du dich zu engagieren. Da wir Profittlichs oft ein lockeres Maulwerk haben und Kritik üben, hat mein Vater gesagt, das kannst du nur machen, wenn du dich auch engagierst und mitmachst, sonst nützt das nichts. Und das habe ich gemacht. Gut, dass ich dann zu so vielen Pöstchen gekommen bin, das ist dann halt so an so einem Ort. Alle diese Posten hatte eigentlich aber auch schon mein Großvater.

Weißt du wie viele Posten du hast?

Nicht  genau. (lacht…) Ich bin in 26 Vereinen Mitglied. Ich habe – glaube ich – zehn oder zwölf Ehrenämter. Ich weiß es aber nicht so genau. Aber viele auch mit Tradition. So bin ich bereits seit 25 Jahren beim VVS Verschönerungsverein Siebengebirge und z.B. Lehrlingswart der Bäckerinnung Bonn/Rhein-Sieg. Ein Ehrenamt, das auch schon mein Großvater 39 Jahre lang innehatte. Mein Vater hat den Job 15 Jahre gemacht und ich jetzt seit fast 25 Jahren – also rund 70 Jahre Lehrlingswart der Bäckerinnung in der Familie!

Wie stellst du dir deinen Lieblingskunden vor, wie muss er sein?

Der wiederkehrende Gast ist der Wichtigste. Nicht den Gast abzocken – er muss zufrieden sein und eben wiederkommen. Das Preis-Leistungsverhältnis muss stimmen und vor allen Dingen muss er Mundpropaganda für uns machen. Das ist wichtiger als jede Anzeige oder jede Festschrift. Wenn die Kunden über uns positiv reden –  in Köln, Bonn oder Düsseldorf – das ist für mich wichtig, weil Kunden damit Zufriedenheit demonstrieren.

Zufrieden sind die Kunden immer mit der legendären Herrentorte. Wie lange dauert es eigentlich sie herzustellen?

Die Herrentorte wird an zwei Tagen hergestellt. Am ersten Tag wird sie gebacken und gefüllt, dann muss sie durchziehen. Und am nächsten Tag wird sie mit Kuvertüre veredelt. Eine Maßeinheit sind dreieinhalb Stunden.

In wieweit ist die Herrentorte Familiengeschichte?

Mein Großvater hat sie mit Maraschino gefüllt. Das war damals angesagt zwischen dem ersten und zweiten Weltkrieg. Da wurden die hochwertigen Liköre auch in Cafés viel getrunken. Mein Vater hat dann im Krieg, weil Maraschino nicht zu bekommen war, auf Rum umgestellt. Und dabei ist es geblieben.

Beim Stollenrezept ist noch mehr Familiengeschichte drin. Das hat seine Wurzeln im Krieg, oder?

Ein Kamerad meines Großvaters im 1. Weltkrieg aus Zwickau war mit ihm im Frankreichfeldzug zusammen. Den hat er gebeten: „Wenn du heimkommst, dann schickst du mir mal von eurem sächsischen Stollen ein vernünftiges Rezept zu“. Das hat der dann auch gemacht und ja, so wird er auch heute noch gebacken. Das Originalrezept habe ich noch.

Wieviel Stollen gehen jedes Jahr in die Welt?

Zwischen zehn- und dreizehntausend..

Und wo liegt die entfernteste Destination?

Im vorletzten Jahr waren es 42, im vergangenen 38 Länder. Kapstadt… war es, glaube ich.

Welchen Traum hast du für Rhöndorf?

Dass sich Rhöndorf weiter auf so einem guten Niveau entwickelt. Dass die Gastronomie aktiv bleibt, dass wir weiterhin ein attraktives Naherholungsgebiet für die Städter aus Köln/Bonn sind. Und vor allen Dingen, dass hier Wohnen und Arbeiten statt findet, dass wir keine Schlafstadt werden. Kleinteiliges Gewerbe sollte unbedingt erhalten bleiben, Handwerker haben wir hier nur noch drei oder vier. Dann ein aktives Dorfleben. Das sind meine Ziele in der Kommunalpolitik. Deshalb ist auch ein Nahversorger ganz wichtig.  Die Orte sterben ja überall, hier in der Rheinschiene haben wir ja noch Glück, aber wenn man z.B. in den Westerwald geht, dann ist ja überall tote Hose. Die Menschen sollen sich hier wohl fühlen. Möglichst mehrere Generationen unter einem Dach.

Welchen Traum hast du für Dich?

Dass ich das Projekt Café Profittlich einmal in jüngere Hände geben kann, um dann meine vielen Ehrenämter in Ruhe zu genießen. Im Moment ist es ein bisschen hektisch.

Ist die Nachfolge geregelt?

Ich glaube, ja. Es steht zwar noch nicht fest, aber mein Neffe besucht gerade die Konditorenmeisterschule in Köln und ich hoffe, dass alles klappt und er gemeinsam mit seiner Frau hier die Tradition weiterführen kann.

Wie wird denn Café Profittlich in deiner Vision, in deinem Traum in 125 Jahren aussehen?

Ich hoffe, dass es noch da ist, dass es seinen Mann und seine Frau ernährt, eine Familie – das ist ja auch wichtig. Und dass wir immer noch Kunden haben, die Qualität zu schätzen wissen, deren Geschmacksnerven nicht von Fertigprodukten aus dem Supermarkt oder Fastfood irritiert und verdorben sind. Es weiß ja heute kaum noch jemand wie ein richtiges Brot, wie eine richtige Torte schmeckt. Bei uns wird noch jede Buttercreme aus Butter, Eiern und Zucker hergestellt und nicht mit einem Einheitsbrei aus der Tüte.

Freust du Dich, wenn Du in Rente bist, endlich mal ausschlafen zu können?

Das glaube ich nicht. Ich bin Frühaufsteher.

Wann steht der Bäcker Profittlich denn immer auf?

Im Moment so gegen vier halb fünf, während meine Mitarbeiter aber jeden Tag so gegen zwei Uhr da sind. Dafür habe ich Siebentagewoche. Aber ich schlafe ja auch mittags.

25, 30 Jahre lang bin ich auch um zwei Uhr aufgestanden. Freitags um elf, das war das schlimmste. Alle gingen ins Kino oder in die Disko und ich musste in die Backstube.

Das war nicht schön … nee dat war janz schlimm.  (lacht…)

Profittlich´s Tag

125 Jahre Café Profittlich in Rhöndorf. Das wird am 21.Mai rund um das legendäre Haus und auf dem Ziepchensplatz von 10 bis 22 Uhr zünftig gefeiert.

Und die Bandbreite ist dabei riesengroß. Das Jubelfest beginnt um 10 Uhr mit einem Dankgottesdienst vor dem Haus und geht mit Rock´n Roll um 22 Uhr zu Ende. Dazwischen spielen die Ittenbacher Bläser, der Spielmannszug TV Eiche oder die Rockwoodies aus Köln.

Und all das, was Tausendsassa Peter Profittlich so gerne mag, wird dabei sein: Traktoren, Feuerwehr, Schützen, Bürgermeister, Rat und Verwaltung, die Blaskapelle der Bäckerinnung, Torten, Kuchen und Gerstensaft aus Bayern. Peter Profittlich und seine Schwester Karla sagen Danke:

„Wir bedanken uns für Eure und Ihre Treue und wünschen uns für die kommenden Jahre und Jahrzehnte weiterhin ein gutes Miteinander. Unser besonderer Dank gilt unbedingt unserem Team – unseren Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen. Einige von Ihnen gehören dem Haus Profittlich bereits seit mehreren Jahrzehnten an. In einem Fall sogar seit 75 Jahren“.

Die spannende Geschichte des Traditionshauses hat Thomas Heyer in einer Broschüre zusammengefasst, die zum Fest erhältlich ist (Foto oben).

JUBILÄUM: 2017 wird das Böllchen 30 Jahre jung

1boellchen1Es war kein so schöner Anlass. Vor 35 Jahren kamen Karl Heinz Broel und seine Schwester Hildegard Teichgreeber nach Rhöndorf, um ein Erbe anzutreten. In kürzester Zeit waren Großvater und Vater verstorben. Das Erbe: Ein Weingut, ein Hotel und ein schmuckloses Häuschen in der Rhöndorfer Straße 33. Karl Heinz Broel übernahm das Weingut, das Hotel Wolkenburg wurde verkauft, Hildegard Teichgreeber übernahm das schmucklose Häuschen aus dem Jahre 1720, das einst als fensterloses Lagerhaus diente. Ihre Vision: „Hier eine Weinwirtschaft zu errichten, nach dem „Heurigen“-Konzept“. Quasi eine Straußenwirtschaft. Die gab es bis dahin noch nicht, in dem beschaulichen Weinort, mit dem kleinsten Weingut der Region.

Knapp fünf Jahre lang tüftelte, plante und suchte Teichgreeber mit ihrem Gatten Götz. Denn: Das Haus war baufällig, kurz vor dem Einsturz. Es musste fast komplett entkernt werden, die morschen Fachwerkbalken wurden erneuert. Um das Weinhäuschen möglichst authentisch neu aufzubauen, „so wie eben die Häuser um 1720 waren“, reisten die Teichgreebers durch Deutschland und die angrenzenden Länder, um Ideen und natürlich Material zu sammeln. So stammt beispielsweise der komplette Dachgiebel aus Linz, der Holzboden wurde aus Frankreich nach Rhöndorf gebracht. Von innen und außen sollte die Weinstube Gemütlichkeit ausstrahlen. Entsprechend wurden auch die Innenräume ausgestattet. Die Wendeltreppe neben der kleinen Theke, die in den oberen Gastraum führt, stammt ebenfalls aus dem Jahre 1720. Am 17. Juni 1987 wurde das Böllchen eröffnet. Namensgeber war die Trinkschale, eben das Böllchen aus Ton, aus der seinerzeit der Wein getrunken wurde. Freilich nur die Zweitpressung für den Eigenbedarf. Schon bei der Eröffnung war klar: Teichgreebers Konzept wurde „vom ersten Tag an mit Begeisterung aufgenommen“. Neben dem Ambiente drinnen und im Weingarten sorgten in den ersten 25 Jahren Konzerte, Lesungen sowie kleinere Kulturveranstaltungen für enorme Anziehungskraft.

Eine ganz besondere Anziehungskraft hatte das Böllchen schon immer auf Anais Höffken, die seit acht Jahren die Geschicke des Hauses lenkt. Als Kind spielte sie oben auf der Empore und sah den Erwachsenen beim „schoppen“ zu. Aber nicht nur das: „Ein besonderer Spass war es für uns, den Erwachsenen von oben aus Pfennigstücke in die Weingläser zu werfen. Manchmal haben wir sogar getroffen“. Später half sie bei der Weinlese und war auch beim Keltern mit dabei. Vor und während ihres Studiums zur Designerin kellnerte sie in der Weinwirtschaft – viele Jahre lang. Für „Böllchen“-Erfinderin Hildegard Teichgreeber, war sie „die erste Wahl“. Und bei all der Romantik weiß Anais Höffken genau was sie tut. Mit der Gründung der Agentur Dreistil, die sie gemeinsam mit ihrem Kollegen Eric Lechler betreibt, hat sie bewiesen, dass Sie ein Geschäft leiten und aufbauen kann. Das Deutsche Weininstitut in Mainz führt sie als anerkannte „Beraterin für deutschen Wein“. Doch sie verfügt über etwas, was kein Diplom bescheinigen und durch keine Ausbildung erlernt werden kann. Sie hat Herzblut für das „Böllchen“ und geht mit Leidenschaft an die Arbeit. Und sie will ganz nah dran sein. Nach und nach hat sie das Fachwerkhaus an der Rhöndorfer Straße in den vergangenen Jahren sensibel und geschmackvoll renoviert und präsentiert es nun im neuen „alten“ Glanz. Das Konzept, mit dem Anais Höffken damals die traditionelle Weinwirtschaft wiedereröffnete, ist klar definiert. Sie will das „Böllchen“ mit frischem Wind zu seinen Wurzeln zurückführen – dem Weingenuss in einzigartiger, gemütlicher Atmosphäre. Über fünfzehn offene Weine, vornehmlich aus deutschem Anbau, stehen zur Auswahl. Die Schiefertafel über dem Kachelofen dient als Tageskarte. Neben jahrestypischen hausgemachten Gerichten und Suppen, werden deftige Klassiker wie etwa Winzer-Vesper oder Käsebrett angeboten. bö

Auf dem Foto zum 25.Jubiläum: Götz und Hildegard Teichgreeber, Anais Höffken, Peter Profittlich (v.i.)

PETER PROFITTLICH: Der Stollenmacher aus Rhöndorf

Wer in diesen vorweihnachtlichen Tagen das Café Profittlich betritt, erlebt emsiges Treiben in allen Räumen rund um die Backstube: Christstollenzeit. Die Geschichte sagt, das kostbare Rezept für den heute legendären Stollen, habe ein Kriegskamerad aus dem sächsischen Zittau dem Großvater von Peter Profittlich (Foto) verraten.

Das war im Jahre 1925. „Auf Anhieb hatte der so zubereitete Christstollen bei unseren Kunden einen solch guten Anklang gefunden, dass wir diesem Rezept nun schon seit Jahrzehnten die Treue halten,“ sagt Profittlich, der natürlich nicht allzu viel über die Rezeptur verrät. Dennoch: Für die Herstellung wird reine Butter verwendet, hinzu kommen ausgewählte, zuvor in Rum eingesetzte Früchte, wie Sultaninen und Zitronat, und eine Edelmarzipanfüllung.

Die Krönung ist eine Mandelkruste, die der Großvater einst, als er sich in der Weihnachtszeit immer wieder über den mit Staubzucker verschmierten Anzug ärgerte, zusammen mit seinem Sohn Karl-Heinz entwickelt hat. Diese Mandelkruste, von Karl-Heinz Profittlich im Laufe der Jahrzehnte mehr und mehr verfeinert, gibt dem Stollen nicht nur seinen einzigartigen Geschmack, sondern schützt ihn in besonderer Weise vor dem Austrocknen. Das wissen Kunden aus aller Welt zu schätzen. „Unsere Christstollen werden alljährlich in der Weihnachtszeit über die deutschen Grenzen hinaus in viele europäische Länder und sogar nach Übersee verschickt.

So reisen sie als Weihnachtsgruß aus Rhöndorf bis nach Chicago, Mexiko, oder sogar bis nach Peking“. Und so ist oftmals das Porto teurer als die Ware. Der Stollen-Boom beginnt mit der Bonner Regierungszeit. Als Geschenkidee made in Germany. Die Stollen wurden in das auswärtige Amt geliefert, von dort aus in alle Welt verschickt, auch die deutsche Botschaft in Moskau gehörte zu den Empfängern. Knapp zwei Tonnen Mehl verarbeitet Profittlich in der Stollenzeit. Und nur die allerfeinsten Zutaten. Morgens kurz nach Mitternacht geht das Licht an in der Backstube. Von Oktober bis Dezember. Das Rezept ist das bestens gehütete Geschäftsgeheimnis im Hause Profittlich. So bereitet der Chef persönlich jeden Teig vor.

Die Teiglappen werden übereinandergeschlagen und so entsteht eine ganz besondere Form: Der Christstollen stellt das gewickelte Christkind dar. Die Kartons mit den weihnachtlichen Leckerbissen stapeln sich. „Gleich werden 1.200 Stollen abgeholt“. Ausnahmezustand. Ein Honnefer Geschäftsmann bestellt 90 Stollen. Für seine besten Kunden. Sonderschichten. Überall helfende Hände. Wenn die Stollen aus der Backstube kommen, müssen sie ruhen, dann werden sie penibel kontrolliert, verpackt und mit dem Empfängerschild versehen. Und dann erobern sie wieder die Welt. bö