Am Ende des Tages

So ein verkorkster Tag! Als ich in aller Herrgottsfrühe aufwache, ist der Himmel klar und verspricht einen knalligen Sonnenaufgang. Der kommt, aber mit ihm auch ein heftiger Wind. Seltsam warm und in Böen frisch. Er bringt Wolken. Erst vereinzelt, dann eine geschlossene Decke. Zuerst dringt noch die Sonne grell hindurch, dann beginnt es zu regnen. Ein tropisch anmutender Regen.

Ich verkrieche mich in meine Hütte und glotze desillusioniert aus dem Fenster. Ich lese Nobelpreisliteratur, was mich aber nur noch mehr in Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit treibt. Meine Gedanken flutschen immer wieder aus ihrer Bahn und scheitern im Nichts. Mein Schreibpapier bleibt jungfräulich. Als einzigen Erfolg des Tages verzeichne ich die Gefangennahme von fünf Fliegen zwischen Fensterscheibe und Insektennetz.

Fünf von zehn Fliegen, die mich schon seit Tagen piesacken. Leider kann ich jetzt das Fenster nicht mehr öffnen, ohne sie wieder zu befreien. Schließlich schenke ich mir ein Glas Wein ein. Kuschel mich in die Wolldecke. Und lese mal was anderes: „Der Jesus vom Sexshop – Stories von unterwegs“ von Helge Timmerberg. „Ein gewagter Titel“, denke ich. Aber mit jeder gelesenen Story kann ich mich gelassener in das Schicksal dieses verkorksten Tages fügen.

Nach jeder Story fülle ich mein Glas wieder mit Wein und werde langsam glücklich. Helge T. – unbelastet vom schweren Geist eines Nobelpreises – erzählt wunderbar entspannt, schön lebendig und mit viel Humor. Er nimmt mich mit. Heraus aus meiner traurigen Hütte, hinein in große Abenteuer: Auf eine listige Taxifahrt im Heiligen Land. Zum Goldrausch am Amazonas und zum Slibowitz-Contest in Belgrad.

Auf Hemingways Spuren in Havanna (wieder grüßt der Nobelpreis!). Und zum Sexshop in Hamburg, wo uns tatsächlich ein wahrer Christ  begegnet. Danke, Helge T.! Du hast meinen trüben Tag am Ende doch noch ins Licht gerückt. Franziska Lachnit (2018)

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