An einem anderen Ort

Wasserhyazinthen treiben in Büscheln über den Fluss. Ich sitze am Ufer des Hoai, einem Fluss Vietnam. Seit die Sonne über die Dächer der umliegenden Häuser blinzelt, ist es heiß. Die Bilder um mich herum grell überbelichtet. Stress hat bereits meinen Blutkreislauf erreicht und versucht, sich in meinem Körper zu verteilen – Müdigkeit und Hitze greifen mich an.

Ich will keinen Stress! Also habe ich mir dieses Plätzchen am Ufer gesucht. Ich hocke auf einem Steg, gebaut aus Bambusstangen, Anlegestelle für kleine Boote. Ein solches Boot liegt angeleint hinter mir und dümpelt gleichgültig in der sanften Strömung. Mein Blick schweift gemeinsam mit dem Sonnenlicht über die Wasseroberfläche in die Ferne. Langsam entspanne ich und lasse meine Gedanken mit der Strömung fließen.

Ein kleines Fischerboot nähert sich; die Besatzung besteht aus Mann und Frau. Der Mann bedient den Motor, der am oberen Ende eines langen Stabs am Heck befestigt ist. Am unteren Ende, das ins Wasser gehalten wird, befindet sich eine kleine Schiffsschraube für den Antrieb. Zum Steuern wird der Stab nach rechts oder links bewegt. Zum Bremsen wird der Stab aus dem Wasser gehoben, so dass der Antrieb fehlt und die Fahrt gebremst wird. Sehr einfach, sehr effektiv!

Die Frau kümmert sich um das Netz, das offenbar noch sortiert werden muss, um es dann auszulegen. Ich schaue ihnen interessiert zu. Beide blicken freundlich in meine Richtung. Spontan lädt mich die Frau mit einer Geste ein, in das Boot zu steigen. Ich freue mich über die Einladung und würde sie gerne annehmen, aber ich habe bereits eine Verabredung. Schade! Sie tuckern an mir vorbei, und ich schaue verträumt hinterher. Mit meiner zunehmenden Gelassenheit wird auch die Hitze erträglich, sogar angenehm. Das ist jetzt ein Moment, in dem man nichts anderes wünscht, als hier zu sein! Franziska Lachnit (2016)

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