Et hätt noch immer jot jejange!

 „Das ist heute nicht mein Tag!“ schimpft die Kellnerin stumm. Angefangen hatte es bereits am Vormittag, als zu Hause alles schief lief. Kinder krank, Stress mit Mutter und ein Auto, das nicht anspringen wollte. Schon da fühlte sie sich hoffnungslos und überfordert.

Sie arbeitet in einem einfachen, aber sehr beliebten Lokal. Täglich kommen Stammgäste – zum Frühstück, Mittagessen oder abends auf ein Bier. Nur gelegentlich verirren sich Fremde hierher. An diesem Ort  ist es nicht spannend, sondern beständig. Jeden Morgen sitzt der Alte aus der Nachbarschaft am selben Tisch, um stundenlang seinen Kaffee zu schlürfen.

Mittags erscheinen immer dieselben Kollegen zur schnellen Pause. Oft kommen auch Familien zum gemütlichen Beisammensein; bleiben lange und hinterlassen ebenso viel Trinkgeld wie Chaos am Tisch. All das ist gut. Nur heute nicht! Gegen Mittag wird der Laden richtig voll. Im Eifer rutscht sie aus. Fällt. Steht wieder auf. „Was ist mit der Bestellung von Tisch 6?“ Außer Getränken wurde ihnen noch nichts weiter serviert.

„Wo bleibt deren Essen?“ Als sie in der Küche danach fragt, fällt auf, dass der Bestellzettel heruntergefallen war und dieser niemals in der Küche ankam. Sie begibt sich bemüht lächelnd an den Tisch, gesteht das Missgeschick und verspricht ihren Gästen, dass man sich beeilt. Schließlich serviert sie freundlich die Mahlzeit und bittet um Entschuldigung: „Selbstverständlich sind Sie heute unsere Gäste.“

„Nein, das geht nicht!“ „Doch! Sie sind eingeladen. Haben Sie noch einen schönen Tag!“ Sie bringt keine Rechnung, und die Gäste verlassen das Lokal. In Gedanken zieht sie resigniert den Rechnungsbetrag von ihrem Lohn ab. Zum Abräumen kehrt sie an Tisch 6 zurück:  „Was ist das?“ 50 Euro – weit mehr als der Rechnungsbetrag! „Nicht schlecht als Trinkgeld!“ Sie lächelt: „Sollte das doch noch mein Tag sein?“ Franziska Lachnit (2017)

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