„Ich Herr Müller“, stellt sich der thailändische Reiseleiter vor. Natürlich heißt er nicht wirklich so. Er glaubt nur, dass sich seine deutschsprachigen Gäste diesen alltäglichen Namen besser merken können. Herr Müller hat offenbar einen lustigen Charakter, was er mit einem regelmäßigen „Höhöhö“ unterstreicht. Dabei verzieht sich das Kreisrund seines Gesichts zu einem Ausdruck, den man als verschämt-verschmitzt bezeichnen könnte. Seine Augen sind dann von kleinen Falten umkräuselte Striche, sein Mund wie von Zitronensaft zusammengezogen.
Herr Müller ist pensionierter Grundschullehrer, der immer noch gerne sein Wissen mitteilt und deshalb einmal im Monat als Reiseleiter unterwegs ist. Zwei Wochen lang begleitet er die Gäste durch seine Heimat – das Land des Lächelns. Eigentlich könnte man es auch das Land der Tempel und Buddhas nennen. Winzigste Dörfer präsentieren prachtvolle Tempel. Und jeder Tempel bietet Unterkunft für den weisen Buddha in allen Variationen: sitzend, liegend, stehend, gehend. Meistens mit Gold verziert.
„Oh wow! – So schön!“, ruft Herr Müller bei diesen Anblicken aus. Jeden Tag versucht er seiner Reisegruppe die Thai-Mentalität näher zu bringen: „Wir leben modern, aber wir denken traditionell.“ Das kommt pragmatisch, aber auch sehr sympathisch daher. Dahinter steckt nicht zuletzt der konstruierte Glaubensmix aus Buddhismus und Hinduismus gewürzt mit chinesischen Geistergestalten.
Die Basis für all das ist grenzenlose Toleranz und / oder biegsame Flexibilität der Thailänder. Auf jeden Fall meint Herr Müller: „Alles kein Problem für Thailand!“ – Bewundernswert! Kein Problem scheint auch das Chaos im Straßenverkehr zu sein: „Thailänder fahren, wie Fische schwimmen.“ Ebenfalls ein Wunder! Herr Müller sagt dazu: „Hauptsache kein Unfall!“ Doch als wichtigste Lebensweisheit gilt: „Hauptsache Frau glücklich!“ – „Dann alle happy!“ Franziska Lachnit (2019)