Immer dasselbe und doch anders

 Es war einmal Eine unbekannte Geschichte (s. HWZ Nr. 518), die mittlerweile beinahe ein Fortsetzungsroman geworden ist. Immer noch und immer wieder fragt der einstige Mundharmonikaspieler nach meinem Namen und wo ich wohne.

Mal sage ich einfach nur: „Das weißt du doch!“ Mal antworte ich ausführlicher – wie beim ersten Mal. Gelegentlich holt er sogar doch noch ein paar Mundharmonikas aus der Jackentasche und beginnt, auf einer zu spielen. Wenn er mich – auf meinem Weg durch die City – von weitem erkennt, ruft er laut „Hallo! Hallo!“ – hält sich freudestrahlend die Hände an die Wangen oder klatscht auf seine Oberschenkel.

Nicht immer allerdings habe ich Zeit und Lust, mich näher auf eine Art Gespräch einzulassen. Aber manchmal versuche ich, meine kurz angebundenen Reaktionen mit etwas mehr Zuwendung auszugleichen: Einmal verfolgte er mich bis hinein zum Bäcker: Ich bestellte, was ich bestellen wollte und fragte ihn, ob er auch etwas haben möchte.

Ein Strahlen lief über sein Gesicht und fröhlich wie ein kleines Kind zeigte er auf eine Puddingschnecke: „Das möchte ich haben!“ – Also bekam er die Puddingschnecke, serviert auf einem Teller mit Kuchengabel zum köstlichen Verzehr vor Ort. Seine Dankbarkeit lässt sich kaum beschreiben. Vor ein paar Wochen, als der Marktplatz bei schönem Wetter quasi ausgebucht war und alle Welt mit guten Speisen, kühlen Getränken in fröhlicher Gesellschaft beieinander saß, tigerte er durch die Reihen – auf der Suche nach seinem Anteil an der Geselligkeit.

Ein Glas Cola hatte er bereits erhaschen können. Aber ich dachte, dass er für diesen schönen Abend mehr verdient hätte: Ich schleuste ihn in das nächste Lokal. „Hast du Hunger? Möchtest du etwas essen und trinken? Komm mit! Ich lade dich ein.“ Franziska Lachnit (2017)

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