Mittsommer

Die Sonne steht im Zenit. Erbarmungslos brennt sie vom hohen Himmel herab. Setzt man sich ihr aus, grillt sie deine Kopfhaut und gart dein Hirn. Nackte Haut an Armen und Beinen beginnt zu kribbeln, wird rot und verbrennt so schnell, dass jede Sonnencreme zu spät kommt. Erschöpft winden wir uns im Gartenstuhl. Hosenbeine und Rockschöße kleben ekelig, wenn wir uns gequält bewegen.

Jeden Luftzug feiern wir als Gewinn und jede Windböe als Errungenschaft. Wäre es im Haus nur ein Grad kühler, könnte man sich im Bett ein wenig ausruhen! Doch in den vier Wänden sammelt sich die Hitze, verdichtet sich, dass man sie nicht mal mit Hilfe eines Ventilators umrühren kann. Das ist also keine Alternative. Wir bleiben draußen. Kraftlos. Ausgedörrt. Und nach eisgekühlten Getränken lechzend.

Leider schmilzt der Eiswürfel so plötzlich und wundersam wie ein Zauberer das Kaninchen verschwinden lässt. Hoffnungsvoll erwarten wir den Abend. Zuversichtlich, dass er das Sonnenfeuer löscht. Nur langsam und sehr bedächtig nimmt der glühende Stern seinen Lauf. Es bringt immerhin schon Linderung, wenn die Glut hinter Baumkronen und Häuserdächern versinkt. Ein leichter Abendwind meldet sich. Oh, Danke! Endlich ist man wenigstens bereit, ein paar Schritte zu gehen.

Ein paar Worte zu sagen. Sogar Scherze zu machen. Getränke akzeptieren wir nun auch lauwarm. Was sollen wir sonst tun? Bedächtig legt sich ein Hauch von Dunkelheit über den Abend und allmählich in die Nacht hinein. Einigermaßen erleichtert blicken wir zum Himmel: Ein paar bleiche Sterne tauchen auf. Schwer zu erkennen. Sie leuchten nur wie müde Funken – ein schwacher Schatten ihrer großen, heißen Göttin, die noch immer nicht ganz ihr Licht unter dem Horizont versenkt hat – in dieser Mittsommersonnennacht. Franziska Lachnit (2017)

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