Otto Neuhoff: „Gemeinsam für das Ganze arbeiten“

Kooperation und der absolute Wille   Exklusiv von Antonia Clausen

Ein spannendes, arbeitsreiches Jahr geht für Bad Honnefs Bürgermeister Otto Neuhoff zu Ende. Die Entwicklung der innenstädtischen Infrastruktur nimmt in 2022 Fahrt auf. 

Welches waren die großen Herausforderungen 2021 für Sie?

Neben Corona und den vielen damit verbundenen Einschränkungen auf allen Ebenen natürlich die Flutkatastrophe an der Ahr. Das hat auch bei uns viel bewegt. Wir haben dort sofort eine Tiefbaukolonne hingeschickt und noch viele Aktionen gehabt. In der Folge sind natürlich auch für uns Maßnahmen in der Starkregen – und Hochwasserprävention noch wichtiger geworden. Die Überarbeitung der Katastrophenschutzpläne ist unter Last gestellt. Da ist Jahrzehnte lang eigentlich nichts Schlimmes passiert und man dachte ja auch, so etwas wie an der Ahr ist eher was für ganz andere Regionen. Ist es aber nicht. Und natürlich hat die Bürgerschaft zu Recht nun eine anderes Erwartungsniveau als vorher.

Wo sehen Sie beim Katastrophenschutz Bedarf?

Wir haben das Glück, dass wir hier im Kessel mit dem Siebengebirge sind und wir außer dem Rhein kein Gewässer haben, was jetzt zig Kilometer ansammeln kann, wenn starker Regen kommt. Insofern haben wir kein Riesenproblem. Aber der Obach zum Beispiel kann schon, wenn er will, genau wie der Möschbach. Der ist übrigens noch nicht kartiert, was aus meiner Sicht mal passieren sollte. Darum müssen wir den Ausbau der Kanalisation weiter vorantreiben. Auch was Gewässerunterhaltung angeht, müssen wir noch einiges verbessern. Also Uferschutz  und vor allem die Freihaltung der Abflüsse. Diese Pflicht hat eigentlich der Wasserverband – das kann er aber gar nicht leisten, wenn der Fall X mal eintritt. Wir müssen uns da überlegen, welche Vorkehrungen wir da treffen können. Über Gewässerpaten zum Beispiel.

Was bedeutete das zweite Jahr „in Corona“ für die Stadt und ihre Mitarbeiter?

Die letzten Monaten waren heftigst. Da war ein großer Stau aus Corona. Ich bin froh, dass die Leute wieder gelassener werden. Im ersten Jahr unter Corona hatten wir einen hohen Krankenstand, nun ist zum Glück das Gegenteil der Fall. Die Nervosität ist nicht mehr so hoch, jeder weiß, was er zu tun hat und wir sind dank technischer Mittel und Heimarbeitsplätzen gut dabei.

Im letzten November hat der neue Rat angefangen zu arbeiten – aber alles hat sich natürlich auf das Notwendigste beschränkt. Im Frühsommer waren darum ganz viele Entscheidungen zu treffen und vieles sollte gerne schnell werden. Da waren viele Dinge in der Pipeline. Eine Sommerpause gab es in diesem Jahr praktisch nicht. Auf einmal hast du eine Kompression, die ihresgleichen sucht.

In sehr vielen Bereichen wurde wieder sehr viel Flexibilität gefordert. Das Ordnungsamt zum Beispiel ist ja eigentlich für den ruhenden Verkehr zuständig. Aber Verkehr gab es ja kaum, auch keine größeren Veranstaltungen. Die Mitarbeiter haben in diesem Jahr vor allem die Corona-Maßnahmen überprüft. Das war ein ganz anderer Schwerpunkt. Auch die Versorgung der Schulen mit Tausenden von Tests war herausfordernd. Da wissen wir aber schon, was wir bis etwa April alles weiterhin brauchen, um die Durchführung der Hygienemaßnahmen zu gewährleisten.

Welche politischen Entscheidungen haben Sie vor Allem beschäftigt?

Die erneute Diskussion um die Pläne für das Projekt Sankt Josef war ärgerlich. Ich halte das für ganz schlechte Symptomatik, dass es trotz der deutlichen Entscheidungen in den Gremien einmal getroffene Absprachen wieder gekippt werden sollen. Wir sind gegenüber dem Erzbistum mit den Plänen für das Gelände von Sankt Josef eine deutliche Verpflichtung eingegangen. Wenn sowas dann ohne jegliche Ankündigung auf einmal wieder ‚neu‘ gedacht werden soll – das geht nicht. Noch dazu auf Grundlage einer faktisch fehlerhaften Vorlage. Eine Verwaltung braucht Verlässlichkeit. Du kannst nicht ständig die Richtung ändern. Wenn wir in der Entwicklung der Schullandschaft einen starken Partner haben – wie hier das Erzbistum – dann gibt es Verpflichtungen auf beiden Seiten. Und die sind einzuhalten. Alles andere ist ein Vertrauensbruch erster Klasse. 

Auch nach außen verliert die Politik an Glaubwürdigkeit. Der Rat ist kein Parlament, sondern ein Teil der Verwaltung. Wir haben mit dem Erzbistum einen Vertrag geschlossen. Ich möchte nicht sehen was hier in der Stadt los wäre, wenn das Erzbistum einige Passagen, die zu unseren Gunsten sind, streichen würde. Wir hatten hier für zwei Jahre kein Angebot für Kinder mit der Empfehlung Hauptschulbesuch. Die sollten dann frühmorgens nach Unkel oder gar auf die andere Rheinseite. Das muss man sich für Zehn- oder Elfjährige und ihre Eltern mal vorstellen.

Die zwei Züge für nicht katholische Kinder in der Schule gehören auch dazu so wie die Abgabe der Verkehrsflächen an der Rommersdorfer Straße etwa, oder die Möglichkeit für unsere Vereine, die Sportstätten dort zur städtischen Gebühr nutzen zu können. Wir brauchen die Kirche bei der Verkehrswende, für die Barrierefreiheit zwischen Kirchplatz und Rathausplatz, für die Quartiersgarage. Mir fehlt jedes Verständnis dafür, wenn Einzelne zu Ungunsten der ganzen Stadt ihre persönlichen Interessen durchzusetzen versuchen.

Im Falle des Hockeyplatzes ärgert es mich natürlich, dass in der Planung eine Menge Geld von uns drin steckt. Aber das ist eine rein innerstädtische Entscheidung, damit kann ich leben. 

Welche Baustellen konnten denn 2021 geschlossen werden?

Die Arbeiten auf der Insel sind vollendet. Und sie sind ein super Beispiel dafür, wie sich so ein Projekt in der öffentlichen Wahrnehmung verändert. Am Anfang der Arbeiten hieß es immer wieder, wie schrecklich es aussähe, wie ein Truppenübungsplatz und was das überhaupt solle. Seitdem einigermaßen sichtbar ist wie die Struktur ist, ist, sind die Reaktionen viel positiver. Jetzt hat auch die Abstimmung mit den Füßen gezeigt, wie toll die Anlage geworden ist. Das Ding ist ein Riesenerfolg. Der Mangel an Vorstellungsvermögen ist oft die Ursache dafür, dass es Aufregung gibt. Gerade in Corona ist es so wichtig, dass wir Plätze haben, auf denen Familien und alle Altersklassen eine Möglichkeit zum Rausgehen haben. 

Und auch das Lehrschwimmbecken in Aegidienberg ist fertig und wird Anfang des Jahres eröffnet. In Rhöndorf ist die Gestaltung des Areals unterhalb des Ulanendenkmals möglich geworden.

Abgeschlossen werden konnten auch die Kanalarbeiten Linzer Straße. Wir hatten in diesem Jahr durch starken Regen eine höhere Niederschlagsmenge als zum Beispiel 2014, als die Kanalisation in Bad Honnef überlief und die Bahnhofstraße einem Sturzbach glich. Dank der Erweiterung der Hauptleitungen ist in 2020 nichts dergleichen passiert. 

Welche Baustellen kommen ab 2022 auf die Bürger zu?

Am 14. Dezember kriegen wir hoffentlich den Offenlagebeschluss für die Saynsche- Passage und damit den Beginn für die drei Baustellen am Saynschen Hof, wenn im März der Satzungsbeschluss kommt. Also die neue Verbindung am ehemaligen Retz und das Eckgebäude Saynscher Hof Kirchstraße und natürlich der Umbau der Post. Ich hoffe, dass wir mit den drei Projekten 2025 durch sein werden. Wenn zwei von drei Projekten in meiner Amtszeit zu Ende gebracht werden können, freue ich mich. Damit hätten wir nur noch ein Drittel am Saynschen Hof im desolaten Zustand. Am Ende sind es knapp 300 Parkplätze, die dort in Summe entstehen. Die Brücke zur Insel wird saniert, für rund drei Millionen Euro und innerhalb von zwei Jahren. Dass die Brücke zur 1100 Jahr Feier der Stadt noch im Bau ist, passt ja eigentlich zu Bad Honnef. Wann die Sanierung des Sibis losgehen kann, ist noch nicht raus.

Meine Mission als Bürgermeister ist, die Ausgangssituation für erfolgreichen Einzelhandel in der Stadt zu schaffen. Wir haben dann – spätestens 2025 –  eine Innenstadt mit Drogerie, Vollsortimenter und Parkraum. Das Zentrum Bad Honnefs bekommt eine neue Mixtur. Gerade entsteht auch ein Gutachten für die Belegung der Geschäfte, um noch besser planen zu können. Uns fehlt noch eine dritte oder auch vierte Großfläche, so ab 600qm. Wir haben bereits einige Interessenten. Auch vor dem Hintergrund der neuen psychosomatischen Klinik im KSI und den Gästen dort.

Welche Projekte stehen außerdem auf dem Plan?

Alle unsere Vorhaben versprechen eine deutliche Belebung der Stadt. Unsere Stärken,  Kultur, Umgebung, Natur, Kunst  – all das kann in einem sehr guten Licht hier dargestellt werden, wenn wir weiter Infrastruktur dafür schaffen. Ich freue mich auf das Inselfestival, das wieder viele Besucher in die Stadt bringen wird. 

Ich habe Eindruck, dass wir manchmal gar nicht mehr merken, was wir als so kleine Stadt alles an Kulturangeboten haben. Folk im Feuerschlösschen, der Kulturring, die Karnevalsvereine – das ist phänomenal. Allein die Möglichkeit, im KASCH eine neue Kulturstätte, auch für Kleinkunst, zu haben. Das soll nächstes Jahr zum Kultur- und Begegnungszentrum werden. Was fehlt, ist meines Erachtens eine stärkere Vernetzung und bessere Vermarktung, damit man die Angebote an einer Stelle gut abrufen kann. Es wäre gut, wenn wir alle Kulturtreibenden und Organisatoren regelmäßig an einen Tisch kriegen würden um mehr Durchschlagskraft zu kriegen. Als Teil des Citykonzeptes sollen auf großen Stelen in der Innenstadt Neuigkeiten zu sehen sein. Wir haben jahrzehntelang die Möglichkeiten, die unsere Stadt hat, doch gar nicht genutzt. Jetzt sind zum Beispiel internationale Künstler an der Insel interessiert. Auch die Konzerte auf dem Ziepchensplatz sind großartig – wer hat denn schon so was in so einer Qualität? Für die Vermarktung brauchen wir eine gute Plattform, die auch die Region mit einbezieht.

Was wäre ein Wunsch für 2022?

Endlich mal ein normales Jahr. Coronafrei. Wieder mehr Normalität, keine Katastrophen wie die Flut an der Ahr. Und dass wir die Einschränkungen durch Corona erstmal weiterhin gelassen ertragen und nett zueinander bleiben.

Das Thema Verkehrswende wird mich und uns weiterhin begleiten und ich wünsche mir da das Mitgehen der Bürger. Mein fester Wille ist, dass das als Erstes an der Rommersdorfer Straße angepackt wird. Mit den nötigen empirischen Zahlen. Rund um Sankt Josef werden wir ganz solide, faktenbasiert neu gestalten. Das wird für alle eine große Herausforderung für alle Beteiligten. Dann kommen wir da zu einer neuen Qualität, wo am Ende die Leute sagen: warum haben wir das nicht früher gemacht? Ich bin davon überzeugt: Das wird granatenmäßig. Ich mag ja den Spruch „Per Aspera ad Astra“ – übersetzt: „Durch Schwierigkeiten zu den Sternen“. Und das passt zu Bad Honnef. 

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