Wohnen geht nicht

Die Bahn macht zu viel Lärm

Die graphische Darstellung trägt den sperrigen Titel: „Umgebungslärmkartierung an Schienenwegen von Eisenbahnen des Bundes“. Sie ist offiziell, herausgegeben vom Eisenbahn-Bundesamt (EBA). Obendrüber beansprucht der Bundesadler Autorität. Normalerweise argumentieren diese Lärmkarten dafür, dass in gewissem Abstand und unter Anwendung von Schutzmaßnahmen gewohnt werden kann. Auf die Idee, dass Jemand im roten oder braunen oder gar lila-farbenen Bereich Wohnbebauung planen könnte, kam das EBA sicher noch nicht.

Lila bedeutet „sehr laut“. 70 bis 75 Dezibel. So laut wie ein alter benzinbetriebener Rasenmäher für den ihn schiebenden Menschen. Braun heißt 65 bis 70, rot 60 bis 65 Dezibel. Auch das ist richtig laut. Zum Verbleib ungeeignet, zum Wohnen auch nicht. In der orangen Zone mit ihren 55 bis 60 Dezibel beginnt der für Wohngebäude geeignete Bereich – wenn effektive Schutzmaßnahmen errichtet werden.

Verstöße gegen dieses Wissen sind Sünden aus der Vergangenheit. Nur historische Fehleischätzungen führten dazu, dass es hier überhaupt Gebäude gibt. Die ehemalige Idylle am Bahndamm mit wenigen Dampfloks existiert nicht mehr; heute passieren einige hundert Züge am Tag mit hohem Tempo und ganz anderen Lärmpegeln. In manchen Kommunen sind auf beiden Seiten des Rheins viele Häuser verlassen und nicht mehr genutzt. Rechtsrheinisch häufiger als am Ufer gegenüber.. – Bad Honnef liegt rechtsrheinisch.

Nachts bedeutet die rote Einfärbung, dass dort im geschlossenen Gebäude bei geschlossenen Fenstern Gesundheit gefährdet ist. Der Grenzwert der WHO (Weltgesundheitsorganisation)  ist 45 Dezibel – und wird demnächst verschärft. Bei den hier geltenden höheren Werten ist es ungesund. Nachts sowieso. Nur mit erheblichen, in  der Tat außergewöhnlichen baulichen Maßnahmen können dann für das Schlafen zumutbare Verhältnisse geschaffen werden. Ungefähr auf dem Level eines nicht zu lauten Büros oder eines leisen TV-Gerätes. Bekanntermaßen schlafen Menschen schon mal ein im Büro oder vor dem Fernseher; ernsthaft zur Norm für Alle machen will man das wohl kaum. Aufenthalt im Freien oder offene Fenster bleiben selbstredend obsolet.

Wirklich gut schützen (nur) natürliche Barrieren. Das reicht vom Wall als minimaler Protektion bis zum Wald als veritablem Schallschlucker. Unter Anderem aus diesem Grund wird an vielen Orten gepflanzt – und natürlich rückgebaut. Die Ziele sind fast immer identisch: streckenbegleitende Baumgürtel an Bahntrassen und  Schnellstraßen, so breit wie möglich, so hoch wie möglich. Schnellwachsende Arten liegen im Trend, am besten schadstoffresistent. Denn giftige Emissionen und Immissionen sind ja auch noch zu verkraften. Wohlgemerkt für die Pflanzen. Ein ungeschützter Mensch nah an eine Eisenbahntrasse wohnt schalltechnisch in etwa wie auf dem Mittelstreifen der A3.

Viele Klagen liegen an. Die Verfahren dauern zum Teil lange und sind kompliziert, weil sie sich mit in der Vorzeit geschaffenen Verhältnissenn befassen. Regressansprüche gegen in Kenntnis und deshalb so wissend wie mutwillig begünstigte Schädigungen werden sehr andere Erfolgsaussichten haben. Als Beleg werden die Lärmkarten dienen. Zudem würden bestehende Immobilien entwertet.

Wobei es hier allen um den Krach der Bahn ginge. Denn Schadstoffe und Lärm der Schnellstraße kämen hinzu, von Autos und Zügen und Schiffen verursachte Feinstäube samt sonstiger Gifte dito. Es macht Sinn, sich zügig und konsequent auf geeignete Planungsgebiete zu konzentrieren. Die gibt es in Bad Honnef glücklicherweise in hoher Anzahl z.B. am Floßweg sowie auf den Geländen Mesenholl, Rederscheider Weg, ehemaliges Kloster Aegidienberg und anderen. Wobei die größte Reserve wohl die Erschließungen im Honnefer Süden bilden kann, wenn dort Planung von der Linzer Straße ausgehend betrieben wird.    

Burkhard Hoffmeister/Grüne