Die Corona-Hypothek

„Die neue Regierung braucht Mut und Ausdauer“   Friedhelm Ost

Die Ampel-Regierung mit Bundeskanzler Olaf Scholz (Foto:Bundesregierung.de) ist gestartet. Sie hat zahlreiche Projekte in ihren Koalitionsvertrag geschrieben. Die Ziele sind definiert worden, der Weg dahin wird viel Mut und Ausdauer verlangen. Die Startbedingungen sind schwierig. Denn nach wie vor steht die Bekämpfung der Pandemie ganz oben auf der Agenda. Die Inzidenzzahlen sind viel zu hoch, die Impfzahlen immer noch zu niedrig. Dem neuen Gesundheitsminister Karl Lauterbach, der von einem Krisenstab im Bundeskanzleramt und vom Logistik-Experten, dem Bundeswehr-General Breuer, flankierend unterstützt wird, wird ein Vertrauensvorschuss eingeräumt. Doch steht ein harter Winter mit den Omikron-Varianten, mit weiteren Einschränkungen für Private und die Wirtschaft bevor. Weitere Mutationen des Virus sind zudem leider noch zu befürchten.

Stotternder Konjunkturmotor

Während im Sommer und Herbst Hoffnung und Zuversicht aufkeimten, dass nach rund 20 Monaten das Ende der Corona-Krise eingeläutet werden könnte, macht sich jetzt wieder eine große Verunsicherung breit. Die Konjunktur-erwartungen rutschen mehr und mehr ab. Die Prognosen für unsere Volkswirtschaft wurden nach untern korrigiert. Für das laufende Jahr wird noch mit einem Plus von etwa 2,5 % gerechnet, für 2022 wird eine Steigerung um rund 4 % erwartet. Doch diese Schätzungen bewegen sich auf sehr unsicherem Grund, denn die wieder schärferen Maßnahmen zur Eindämmung des Pandemiegeschehens werden sich negativ in vielen Bereichen auswirken. Weihnachtsmärkte und Großveranstaltungen finden vielfach nicht mehr statt, Geisterspiele in Fußballstadien werden erneut angeordnet, für Ungeimpfte herrscht ein Teil-Lockdown und selbst für Geimpfte werden Kontaktbeschränkungen empfohlen.

Einzelhandel: Leiser die Kassen nie klangen?

Das alles dämpft insbesondere die private Konsumlust. Der Einzelhandel geht davon aus, dass die Läden in den Städten, die sonst bis zu 25 bis 30 % ihrer Umsätze im Weihnachtsgeschäft machen, in diesem Jahr durch die jüngst beschlossenen gesetzlichen Auflagen Einbußen von bis zu 50 % erleiden werden. Der Online-Handel dürfte dagegen weiter zulegen und ein Umsatzplus von gut 20 % verzeichnen.

Schwache Auftragseingänge bei der Industrie

Auch in anderen Bereichen ergeben sich trübere Aussichten für das Winterhalbjahr. So sind die Bestellungen bei der deutschen Industrie im letzten Oktober um fast 7 % gegenüber dem Vormonat eingebrochen. Vor allem ist die Nachfrage aus dem Ausland wo die Pandemie ebenfalls weitere Bremsmaßnahmen und sogar Lockdowns auslöste, kräftig gesunken: Bei den Bestellungen aus den Ländern der Eurozone ergab sich ein Minus von gut 3 %, bei denen aus der restlichen Welt sogar ein Minus von über 18 %. Zwar sind die Auftragsbücher der meisten Industrieunternehmen noch gut gefüllt, doch mussten viele die Produktion in den letzten Monaten drosseln. Es fehlten Vorprodukte und Zulieferteile – insbesondere Chips –, es gab Engpässe bei verschiedenen Materialien. Der Export in die EU und USA läuft nach wie vor auf hohen Touren; nur die Ausfuhren nach China sind leicht rückläufig. Insgesamt wird für das laufende Jahr und auch für 2022 mit einem Exportplus von rund 7 % gerechnet.

Gesucht: Qualifizierte Arbeitskräfte

Im laufenden Jahr gab es einen anhaltend kräftigen Aufwärtstrend am deutschen Arbeitsmarkt. Allerdings dämpfen die Entwicklungen beim privaten Konsum und in der Industrie die Einstellungspläne vieler Unternehmen. Nach wie vor sind qualifizierte Arbeitskräfte in verschiedenen Bereichen – im Gesundheitssektor ebenso wie im Handwerk, in der IT-Branche ebenso wie im Dienstleistungssektor – gesucht. Große Hoffnung setzen die Arbeitgeber auf die neue Bundesregierung, die den Zuzug qualifizierter Arbeitnehmer aus dem Ausland wesentlich erleichtern will.

In mehreren Industriezweigen ist die Kurzarbeit wieder gestiegen, weil vor allem in der Autoindustrie und bei den Zulieferern die Fertigung aufgrund von Lieferengpässen gedrosselt werden musste. Auch im Hotel- und Gastgewerbe sowie im Handel dürfte in diesem Winter infolge der gesetzlichen Maßnahmen gegen Corona die Zahl der Kurzarbeiter wieder steigen. Viele dieser dort Beschäftigten wechseln mehr und mehr in andere Jobs.

Alles bleibt teuer!

Mit einem Rückgang der Inflation ist wohl erst im Laufe des nächsten Jahres zu rechnen: Sie dürfte von dem Rekord mit aktuell 5,2 % im Jahre 2022 auf 3 bis 2,5 % zurückgehen. Allerdings werden vor allem die Preise für Energie auf hohem Niveau verharren: Elektrischer Strom, Gas und Öl für’s Heizen sowie Kraftstoffe für’s Autofahren werden teuer bleiben oder gar noch teurer.

Eine geldpolitische Wende könnte die Europäische Zentralbank (EZB) im Laufe des nächsten Jahres einleiten, vor allem wenn die US-Notenbank mit Zinserhöhungen vorangehen wird. Der Euro wird sich damit gegenüber dem Dollar eher noch weiter abschwächen; derzeit liegt er Devisenkurs nur noch bei 1,12 Dollar für 1 Euro. Das ist zwar vorteilhaft für den deutschen Export, verteuert jedoch die Einfuhren von Energie, Rohstoffen und anderen Waren.

Schlaglöcher im Staatshaushalt

Die ökonomischen Perspektiven für das Neue Jahr sind zunächst auf jeden Fall mit der Corona-Hypothek belastet. Das führt insbesondere auch zu den Problemen in der öffentlichen Finanzpolitik: Die Steuerquellen werden weniger kräftig sprudeln, wenn das Wachstum der Wirtschaft nicht stärker gedeiht. Zugleich werden die staatlichen Ausgaben noch einmal höher ausfallen, denn viele Milliarden sind für das Gesundheitswesen, für das Impfen, für die Kliniken, aber auch für die Rettungsmaßnahmen zugunsten der Wirtschaft sowie für die Kurzarbeit zu zahlen. So werden die finanziellen Spielräume für mehr Klimaschutz, die Digitalisierung, und andere Vorhaben der Ampel-Koalition zunächst einmal sehr eng sein. Denn dank der FDP hat sich die neue Bundesregierung darauf festlegen lassen, die Steuern nicht zu erhöhen, die Sozialabgaben bei 40 % zu stabilisieren und schon 2023 die „schwarze Null“ im Haushalt zu erreichen. Manches deutet darauf hin, dass Rot und Grün an der Ampel vorerst ausgeschaltet sein wird und sie nur noch gelb blinken wird. Christian Lindner wird auf dem Feuerstuhl des Bundesfinanzministers gewiss heiße Chefgespräche führen müssen. Finanzpolitisch könnte das Parteien-Trio, das bislang so harmonisch verhandelte, schon bald vor der ersten Zerreißprobe stehen.

Ohne Strom ist alles nichts

Keine Verbindung per Handy oder Telefon   Friedhelm Ost 

Die Flut in der Eifel, im Erftkreis, in Hagen und anderswo kam aus heiterem Himmel. Die großen Regengüsse verwandelten Bäche und kleine Flüsse in reißende Ströme. Die Katastrophe forderte mehr als 160 Menschenleben. Viele hundert Menschen wurden verletzt. Tausende verloren ihr Hab‘ und Gut, ihre Wohnungen fielen wie Kartenhäuser im reißenden Wasser. In den betroffenen Regionen gab und gibt es immer noch große Hilfsaktionen der verschiedenen Organisationen – vom Deutschen Roten Kreuz über die Polizei bis hin zur Bundeswehr. Riesig war insbesondere die solidarische Nachbarschaftshilfe.

Allerdings funktionierten in dieser Katastrophe vielfach die Kommunikationsmittel nicht: Weder das normale Telefon noch das Handy, nicht einmal die Alarmsirenen konnten benutzt werden. Ohne elektrischen Strom ging nichts! Die Steckdosen gaben einfach nichts mehr her; in den Gebäuden, in denen das Wasser oft genug bis zur zweiten Etage gestiegen war, herrscht Kurzschluss in den Elektroleitungen. Es wird noch einige Zeit dauern, bis die Versorgung mit Elektrizität wiederhergestellt wird, bis die Kommunikationstechnologien wieder funktionieren werden, bis noch bessere Frühwarnsysteme genutzt werden können.

Ohne eine sichere Versorgung mit elektrischem Strom ist es außerordentlich schwer, eine Katastrophe wie wir sie gerade in deutschen Regionen erlitten haben, zu managen. Nicht wenige, die in diesen Tagen gewiss zu Recht noch mehr Umweltschutz anmahnen, lassen dabei doch vieles außer Acht. Denn der dringend notwendige Umbau unseres Landes, der bereits seit Jahrzehnten im Gange ist, ist nicht einfach auf die Schnelle zu machen. Aus der Steinkohle ist Deutschland bereits seit einiger Zeit ausgestiegen. Der Fahrplan zum Ende der Braunkohle, den die einstige rot-grüne Landesregierung von Nordrhein-Westfalen amtlich beschloss, wurde von der CDU-FDP-Regierung unter dem Ministerpräsidenten Armin Laschet mit einem wesentlich höheren Tempo versehen. Die Kernkraftwerke die Deutschland verlässlich mit Grundlast-Strom versorgten, werden Ende 2022 vom Netz gehen. Nicht wenige Experten aus der Energiewirtschaft äußern die Sorge, dass es mit dem Strom für alle in den nächsten Jahren knapp werden könnte, wenn der Ausstieg aus der Braunkohle noch stärker forciert werden sollte. Auch Gaskraftwerke lassen sich nicht einfach für die Übergangsphase bis zur Versorgung nur noch mit grünem Strom aus dem Boden stampfen. Ohnehin halten sich potenzielle Investoren beim teuren Neubau zurück.

Zudem wird der Ausbau von Wind- und Sonnenenergie hierzulande immer schwieriger. Gegen die Windmühlen an Land laufen inzwischen über 1.000 Bürgerinitiativen Sturm: Viele wollen die Rotoren nicht in ihrer Nähe, andere wollen die Vögel retten und wieder andere machen Front gegen den Ausbau der Onshore-Windenergie aus Gründen des Umwelt- und Naturschutzes. Mit ähnlichen Widerständen geht es zum Teil auch gegen die Erweiterung der Kapazitäten beim Offshore-Wind. Dabei ist klar, dass die Erzeugungsanlagen für Windstrom verdoppelt oder gar verdreifacht werden müssen. Auch muss die Solarenergie in ähnlichem Ausmaß ausgebaut werden. Zudem müssen neue starke Leitungen aus den windergiebigen Regionen in die stark bewohnten Gebiete und in die Industriezonen verlegt werden. Bislang geht auch das wegen des Bürgerwiderstandes nur sehr schleppend voran. Ebenso fehlt es an Speicherkapazitäten für den Wind- und Sonnenstrom, damit das Netz gleichmäßig zu jeder Tages- und Nachtzeit unter Spannung gehalten werden kann. Für den Aufbau einer grünen Wasserstoffwirtschaft müssten noch wesentlich größere Quellen des regenerativen Stroms angezapft werden.

Die EU-Kommission, die Bundesregierung und die Landesregierungen haben Klimaschutzpläne mit guten Zukunftsplänen, in denen konkrete Prozentzahlen für die CO2-Reduzierung bis zum Ziel der Klimaneutralität festgelegt wurden, beschlossen. Was gewiss wünschenswert ist, das wird sich gewiss nur schwer oder in dieser Dimension kaum realisieren lassen. Dennoch fordern vor allem grüne Protagonisten noch mehr an Stilllegungen bei fossilen Energieproduktionsanlagen, ein wesentlich höheres Tempo bei der Transformation der Wirtschaft und beim privaten Energieverbrauch. Sie bleiben indessen die Antworten schuldig, wie das alles technologisch machbar ist, wie das alles von wem finanziell geschultert werden soll und was aus den Beschäftigten werden soll, die dann auf der Strecke bleiben werden.

Natürlich könnte Deutschland die drohende Stromlücke mit Importen schließen. Wenn etwa die Braunkohle aus dem Rheinischen Revier schon sehr bald nicht mehr verstromt wird, bieten sich Strombezüge aus den recht unsicheren Kernkraftwerken im benachbarten Belgien an. An besorgte Bevölkerungskreise können dann Jodtabletten verteilt werden, wie es bereits in Aachen gemacht wurde. Die deutschen CO2-Emissionen machen nicht ganz 2 % der globalen CO2-Emissionen aus.

Klimaschutz ist nicht in nationalen Grenzen zu betreiben. Klimaneutralität ist eine globale Herausforderung, die nur gemeinsam mit den USA, China, Russland, der EU und vielen anderen Staaten gemeistert werden kann. Der Grenznutzen hoher Milliarden-Investitionen dafür ist ohnehin in zahlreichen Ländern wesentlich größer als bei uns. Deshalb sollte es eine stärkere globale Kooperation geben – vor allem mit Ländern wie Indien, Brasilien und anderen aus der Dritten Welt. Ein Nukleus dafür ist der Klima-Club, den soeben US-Präsident Biden und die Bundeskanzlerin Angela Merkel vereinbart haben. Das ist jedenfalls besser, als nun noch mehr auf die nationale Karte zu setzen und über Klima-Zölle zu spekulieren. Denn Deutschland kann nicht auf einer Insel der Glückseligkeit und Klimaneutralität leben; vielmehr sind wir politisch und wirtschaftlich von dem globalen Geschehen außerordentlich stark abhängig. Gegen die nächste Jahrhundertkatastrophe mit einer Sturmflut wie in den letzten Tagen an der Ahr oder Erft sollten wir mit einer ehrgeizigen Welt-Klimaschutzpolitik unseren marginalen Beitrag leisten. Ganz wichtig ist jedoch alle technischen Möglichkeiten zu nutzen, damit in einem solchen Fall die Stromversorgung gesichert werden kann, um die Not-Kommunikation aufrecht zu erhalten.

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Umwelt: Ü 60 vorbildlich

Fast herzergreifend inszenierte Greta Thunberg anlässlich ihrer Aktion „Fridays for Future“ ihre Klage gegen die Vorfahren unserer Welt. Wie könnten diese es wagen, den Kindern von heute eine so miserable Zukunftsperspektive zu bereiten. Nahezu alle Thunberg-Epigonen in vielen Ländern gingen an manchen Freitagen nicht in die Schule, sondern zu Demonstrationen auf die Straße, um für das Klima und die Umwelt zu demonstrieren. So löblich ein solches Engagement auch ist, um in der Öffentlichkeit für den Schutz der natürlichen Ressourcen das Bewusstsein zu schärfen, so wichtig ist gewiss auch der Realitätssinn der jungen Generation.

Ressourcenschonendes Konsumverhalten

Dazu legte jüngst das renommierte Wuppertaler Institut für Klima, Umwelt und Energie konkrete Ergebnisse in einer Studie vor. Danach sind ältere Menschen eher bereit als jüngere, Einschränkungen für den Klimaschutz zu praktizieren. Während viele Jüngere dem Konsum-Hedonismus frönen, sind die Älteren durchaus zu Aktivitäten und Verzicht bereit. 70 % der über 60jährigen gab an, im Alltag stark darauf zu achten, die natürlichen Ressourcen zu schonen; bei der Alterskohorte der 40- bis 49jährigen waren es immerhin noch 62 %. Lediglich gut 40 % der Befragten im Alter von 19 bis 29 Jahren bekundeten ihre Bereitschaft zur Ressourcenschonung. Rund 20 % der jungen Menschen gab sogar offen zu, für Umwelt und Klima keine Abstriche beim Konsum zu machen.

Das ökologische Bewusstsein der Älteren wird weitgehend von der Verantwortung geprägt, den Planeten, auf dem wir leben, in gutem aber möglichst besseren Zustand zu vererben. Beim privaten Konsum zeigt sich, dass fast 90 % der über 30-jährigen ihre Sachen so lange wie möglich nutzen wollen; bei den Jüngeren sind es kaum
80 %. Wenn es darum geht, auf jeden Fall stets die neuesten Produkte zu besitzen, werden die älteren Menschen deutlich von der jüngeren Generation übertroffen. Das ist gewiss auch ein wichtiger Grund dafür, dass die 14- bis 49-jährigen als besonders wichtige werberelevante Gruppe von vielen Firmen über das Fernsehen, Zeitungen und Zeitschriften sowie die sozialen Medien umworben werden.

Große Verantwortung für Kinder und Enkel

Ein weiteres Ergebnis der Studie des Wuppertal Instituts belegt, dass nicht einmal die Hälfte (nur 44 %) die Bewegung „Fridays for Future“ von Greta Thunberg voll und ganz unterstützt; 25 % sieht die Demonstrationen mit gemischten Gefühlen, als „teils, teils“, 21 % lehnen sie gar offen ab. Bei den Älteren – über 66jährigen – sind 30 % sogar dagegen, 31 % beurteilen sie ambivalent und nur 36 % signalisieren ihre Zustimmung. Die Umfrageergebnisse spiegeln deutlich wider, dass die Älteren weniger bereit sind, auf der Straße mit zu demonstrieren und Flagge für die Greta Thunberg-Bewegung zu zeigen. Wenn es jedoch um konkretes Handeln für Klima und Umweltschutz geht, ist die ältere Generation viel mehr bereit, etwas dafür zu tun und vor allem ihr Konsumverhalten entsprechend auszurichten. Greta Thunberg und ihre Jünger sollten vor dem Hintergrund der Umfrageergebnisse des ökologisch bewegten Wuppertal Instituts ihr Klagelied „How dare you“ neu komponieren, um Eltern und Großeltern für noch mehr Umwelt- und Klimaschutz zu begeistern. Denn die Alten tun sehr viel, um ihren Kindern und Enkeln nicht die Zukunft zu verschlechtern oder gar zu stehlen. Friedhelm Ost

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„Historische Tatsachen“

von Friedhelm Ost

Armin Laschet wurde 1961 geboren, ist also noch ein Mann im besten mittleren Alter. Seine Erinnerungen an die Zeiten des Zweiten Weltkrieges und insbesondere an die Jahre danach bis zur Währungsreform 1948 und zur Gründung unserer Bundesrepublik können deshalb nicht realistisch sein. Deshalb geht auch seine Bemerkung, dass Weihnachten 2020 wohl das härteste Fest sein wird, das die Nachkriegsgenerationen je erlebt haben, an den echten historischen Tatsachen vorbei.

Harte Zeiten für die Älteren

Gewiss, für viele Menschen in unserem Land fällt diese Corona-Zeit sehr hart aus – vor allem für die Älteren in Heimen und Hospitälern. Viele von ihnen dürfen oft genug keinen direkten Kontakt zu ihren nächsten Angehörigen haben. Ehepartner, Kinder und Enkelkinder können sich von der Frau oder dem Mann, der Oma oder dem Opa auf dem Sterbebett nicht verabschieden. Selbst bei der Beerdigung sind nur wenige Angehörige zugelassen, um in tiefer Trauer Abschied von geliebten Menschen zu nehmen. Vieles hat sich mit dem Lockdown, der zur Bekämpfung des Coronavirus verordnet wurde, in unserem Land verändert. Die Infektionskette muss unterbrochen, die Zahl der Sterbefälle reduziert werden. So muss auf einiges verzichtet werden – auf Reisen, Ski-Urlaub, den Besuch von Restaurants und Kneipen, Konzerten und Theatervorstellungen, auf große Hochzeits- und andere Feiern.

Bitterste Folgen des Zweiten Weltkrieges

Dennoch waren die Nachkriegsjahre viel härter. Als 1945 der Zweite Weltkrieg endlich beendet wurde, gab es zwar wieder Frieden und ein leises Aufatmen in Deutschland. Doch nahezu in allen Familien herrschte große Trauer um Väter, Söhne und andere Verwandte, die in diesem schrecklichen Krieg umgekommen waren, die in ihrer Heimat unter den Trümmern in Bunkern und Kellern gestorben waren, die von blindwütigen Nazis erschossen oder gar in Gaskammern umgebracht worden waren. Es waren Millionen Menschen. Hinzu kamen viele, die aus den Ostgebieten in Richtung Westen flüchteten und häufig nicht nur ihre Heimat, sondern auch ihr Leben verloren. In unzähligen Familien wurden Verwandte vermisst; niemand wusste, ob sie noch lebten, ob sie in Gefangenschaft geraten waren. Das Leid, das diese Kriegsgeneration zu ertragen hatte, war unermesslich. Und es ging auch auf die Nachkriegsgeneration, vor allen auf die Kinder über.

Viele werden sich heute noch an die Weihnachtsfeste in den Jahren 1945 bis 1948 erinnern. Die meisten können von den kalten Stuben in zum Teil zerstörten Häusern und Behelfsheimen berichten. Es fehlte an Brennmaterialien für den Ofen. Es gab kaum Lebensmittel. Die Zahl der Selbstmorde war niemals so hoch wie damals – Selbstmorde aus Angst vor dem Verhungern, aus totaler Verzweiflung und Zukunftslosigkeit sowie wegen größter Traumatisierung.

Schlange stehen für Maismehl

Aus eigener Erfahrung kann ich über diese Jahre direkt nach dem Kriegsende einiges berichten: Ungern erinnere ich mich daran, wie ich oft mit meiner Mutter Schlange stehen musste. Aus Amerika gab es Lieferungen von Maismehl; dafür warteten viele Menschen vor einem Laden in einem Dortmunder Vorort stundenlang, um immer wieder festzustellen, dass dieses fürchterliche Produkt ausgegangen war, wenn man sich ganz nach vorne in der Schlange vorgekämpft hatte. In den Sommermonaten begleitete ich meine Mutter beim Ährenlesen auf die Felder. In einer Kaffeemühle wurden die Roggen- oder Weizenkörner gemahlen; aus dem Mehl wurde Teig für Nudeln gemacht, die über der Glut des Ofens dann gehärtet wurden. Obwohl ich im Ruhrgebiet wohnte, hatten wir keine Kohlen für den Ofen, sondern mussten umgefallene Baumstämme und Reisig aus dem Wald holen. Der Qualm, der aufgrund der Holzfeuchtigkeit dem Herd entwich, wirkte beißend auf die Augen.

Unter dem mickrigen Tännchen lagen kaum Geschenke auf dem Weihnachtstisch. 1946 gab es einige Holzklötzchen, die meine Mutter aus einer Schreinerei besorgt und mit etwas Farbe bepinselt hatte. An Weihnachten 1947 konnte ich über die Festbescherung staunen, denn mit weiser Vorausschau auf meine Einschulung an Ostern 1948 waren wichtige Dinge besorgt worden: Eine riesige Schieferplatte von einem Dachdecker, die mein Vater mit einem Holzrahmen eingefasst hatte, dazu eine Aktentasche, die mit schmalen Lederriemen zu meinem Tornister umfunktioniert worden war.

Kaninchen für den Festbraten

Auf einem Weihnachtsteller lagen wenige selbstgebackene Plätzchen und zwei Äpfel; Süßigkeiten waren in dieser Zeit wie nahezu alles Mangelware. Für den Festbraten wurde ebenfalls gesorgt: In einem Kaninchenstall wurden zwei Hasen – ein kleiner und ein größerer – gehalten. Ich wurde das Jahr über mit der Suche von Löwenzahn beschäftigt, um die Tiere zu füttern. Dass dann kurz vor Weihnachten das größere Tier geschlachtet wurde, versetzte mich zunächst arg in Trauer. Diese war jedoch überwunden, wenn an den Festtagen ein echter Festbraten in kleinen Portionen auf den Tisch kam. Und das Kaninchenfell wurde einige Zeit später gegen etwas Kleingeld vom Lumpensammler mitgenommen.

Meine Großeltern mütterlicherseits hatten die Kriegszeit in einem der schöneren Ortsteile Dortmunds überlebt. Doch ihr Fachwerkhaus war bei einem Bombenangriff in Schutt und Asche gelegt worden. Nun wohnten sie – gut 10km von uns entfernt – in einem Behelfsheim, zusammengebaut aus Brettern und etwas Dachpappe. Sie mit meiner Mutter zu besuchen, das glich einem Abenteuer: Wir marschierten einen Teil des Weges hinweg durch eine Trümmerlandschaft; erfreulicherweise gab es dann doch noch auf wenigen Kilometern Schienen, auf denen eine Straßenbahn fuhr – mit der Endstation „Stadion Rote Erde“. Von dort ging es zu Fuß bis zum Ziel und des Abends wieder durch die völlige Dunkelheit zurück.

Mit dem Henkelmann zur Schule

Kurz nach Ostern 1948 kam ich in die Blücher-Volksschule, die zum größten Teil zerstört war. Die strenge Lehrerin brachte uns i-Männchen das Schreiben, Lesen und Rechnen bei: In der großen Pause gingen wir damals mit unserem Henkelmann zum Essenfassen; mit etwas Trockenobst und Kakao wurde der Genuss gesteigert. Am Nachmittag ging es zum Pöhlen, zum Fußballspielen in einer Ecke der Alten Zechenkolonie. Als Ball diente uns Jungen ein zusammengenähtes Stoffknäuel. Da jeder Pöhler nur ein einziges Paar Schuhe besaß, die oft genug durch und durch nass wurden, mussten sie am Abend – ausgestopft mit Zeitungspapier – im Backofen des Kohleofens getrocknet werden. Als ein Mitglied der Nachkriegsgenerationen freue ich mich auf das Weihnachtsfest 2020. Ja, es findet in einer ungewohnten und veränderten Zeit statt. Doch sollte jeder mit Superlativen vorsichtig bleiben: Es mag für viele hart sein, für den einen oder anderen auch härter, doch am härtesten wird es für die meisten nicht.             Friedhelm Ost

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Friedhelm Ost: Von der Normalität weit entfernt.

Das AHA- Prinzip

Noch sind wir von der Normalität in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft weit entfernt: Nach wie vor hat Corona unser Land fest im Griff, auch wenn manche Lockerungsmaßnahmen dies bisweilen vergessen lassen. Das AHA-Prinzip gilt weiter: Abstand halten – Hygiene betreiben – Atemschutzmasken tragen. Die ökonomischen und sozialen Kollateralschäden dieser Pandemie sind bereits riesig. Niemand vermag sie derzeit exakt zu beziffern. Und Corona geht eben weiter; es droht gar eine zweite Welle – vor allem wenn Touristen aus Feriengebieten zurückkehren oder Erntehelfer aus Rumänien, Bulgarien usw. angeworben werden.

Bald 3 Millionen Arbeitslose

Viele Unternehmen konnten ihren Betrieb nur teilweise wiederaufnehmen, nicht wenige befinden sich nach wie vor im Stillstand. Die Umsätze und Gewinne zahlreicher Firmen sind tief eingebrochen, die finanziellen Rücklagen und das Eigenkapital stark geschmolzen. Mit Kurzarbeit wird eine wichtige Brücke genutzt, von der jedoch niemand weiß, wie lange sie tragen wird. Die Zahl der Arbeitslosen ist bereits gestiegen und droht, bald die Marke von 3 Millionen zu erreichen. Insgesamt wird Corona in diesem Jahr einen bitteren Rutsch nach unten beim Wachstum und Wohlstand bescheren.

Tiefer Einbruch in vielen Unternehmen

Und das, obwohl die Politik mit den verschiedenen wirtschaftspolitischen Maßnahmen einen noch schärferen Absturz zu verhindern versucht. 90 % der Menschen in unserem Land bewerten die Arbeit der Bundesregierung als gut, über 80 % attestieren ihr eine ausreichende Stärke in dieser Krisenphase. Dennoch machen sich die meisten große Sorgen über die wirtschaftliche Entwicklung. Die aktuellen Nachrichten über die Probleme in den Firmen der Autoindustrie, im Maschinenbau, Einzelhandel und in vielen anderen Branchen beunruhigen die früher so starke Exportnation. Denn in nahezu allen anderen Ländern der Welt, die in der Zeit vor Corona für viele Milliarden deutsche Waren kauften, grassiert das Virus vielfach noch drastischer als hierzulande. Die jüngst auf dem EU-Gipfel beschlossenen Zuschüsse und Kredite, die vor allem unseren Nachbarstaaten zugute kommen sollen, könnten zur Stabilisierung unserer eigenen Wirtschaft beitragen – vor allem wenn diese Nothilfen schnell in Italien, Spanien, Portugal und anderen Ländern ankommen.

Besserung des Geschäftsklimas

Derzeit ist die Stimmung in der deutschen Wirtschaft wohl besser als die reale Lage. Der soeben veröffentlichte Ifo-Geschäftsklima-Index weist einen beachtlichen Anstieg um fast 5 % auf. Das ist ein Lichtblick im dunklen Tunnel. Immerhin sind die Erwartungen gespalten: Etwa die Hälfte der Deutschen erwartet, dass sich die Konjunktur aufwärts entwickeln wird; fast gleich viele befürchten, dass es abwärts gehen wird. So gespalten war die Stimmung noch nie zuvor, zeigt dies jedoch, dass wir von der Normalität noch weit entfernt sind. Allerdings haben wir alle in der Politik, Wirtschaft und Gesellschaft inzwischen viel gelernt, mit Corona umzugehen. Wir haben das Virus indessen noch nicht im Griff. Doch bei der Vermeidung und Eindämmung der Infektionsgefahr lernen wir immer mehr dazu. Die verpflichtenden Tests an den deutschen Flughäfen, an denen jetzt viele Touristen aus dem Ausland ankommen, sollten ein weiterer Schritt im Kampf gegen Ansteckungen sein. Auch das Management bei Corona-Infektionen an bestimmten hot spots – in Fleischfabriken, auf Gemüsefeldern und anderswo – ist mit der lokalen Eingrenzung durchaus erfolgreich.

Den zweiten Lockdown vermeiden!

Es muss nämlich alles nur Mögliche unternommen werden, um einen zweiten totalen Lockdown zu vermeiden. Die Konsequenzen des ersten sind bereits katastrophal und werden tiefe negative Spuren hinterlassen. Eine zweite Welle würde nicht nur die teuren Maßnahmen zur Linderung und Abfederung der wirtschaftlichen und sozialen Schäden fast zunichte machen, sondern zu einer kaum noch zu beherrschenden Krise führen. Ein wirksamer Impfstoff gegen das Corona-Virus wird wohl erst für alle Impfwilligen im Laufe des nächsten Jahres verfügbar sein. Bis dahin tragen alle Bürgerinnen und Bürger eine große Verantwortung – nicht nur für sich, sondern auch für ihre Mitmenschen. Lockerungen dürfen nicht zu Leichtsinn verführen. Die AHA-Vorschriften müssen von allen streng eingehalten werden. Auch die Nutzung der Corona-Warn App, bei der die technischen Probleme inzwischen behoben wurden, ist ganz wichtig. Denn sie hilft bei Infektionen, Kontakte von Personen umgehend zu verfolgen und so eine Ausbreitung zu verhindern. Einigermaßen beherrschbar für unser Gesundheitssystem ist es, wenn die Zahl der Neuinfektionen maximal bei 500 Fällen je 100.000 Einwohner liegt und nicht wie in den letzten Tagen bei 800 oder noch darüber. Die Corona-Tests an den Flughäfen und anderswo sind ein weiterer hilfreicher Schritt zur Eindämmung der Ausbreitung des unsichtbaren, aber lebensgefährlichen Virus. Das Licht im Tunnel kann nur heller werden, wenn wir alle uns an die bekannte Empfehlung halten: Vorbeugen ist allemal besser als heilen. fo.

Foto Archiv: Friedhelm Ost (l.) war Regierungssprecher von Bundeskanzler Helmut Kohl

Zeitzeuge Friedhelm Ost

30 Jahre nach dem Mauerfall

Am 9. November 1989 seien die Berliner Mauer und die innerdeutsche Grenze von innen heraus geöffnet worden. „Das war ohne Zweifel das größte historische Glück, das wir in Deutschland erlebten“, so wertete Staatssekretär a. D. Friedhelm Ost dieses für die meisten Menschen so überraschende Ereignis. Ost, der als Zeitzeuge und damaliger Berater des Bundeskanzlers Kohl den Mitgliedern der Kolpingfamilie und der Senioren-Union Bad Honnef über die Zeit der Wende berichtete, blickte auf die DDR-Zeit zurück: Die deutsch-deutsche Grenze sei 1.378 km lang gewesen, mehr als 250 Menschen seien im Todesstreifen von DDR-Grenzern erschossen worden, viele tausend, die als Republikflüchtige festgenommen worden seien, hätten fürchterliche Zeiten in DDR-Zuchthäusern verbringen müssen.

„Unsere Landsleute in der DDR mussten, im real existierenden Sozialismus um’s Überleben kämpfen, viel von ihrer harten Arbeit an Moskau abliefern sowie im Arbeiter- und Bauernstaat vielfach unter der roten Diktatur leiden“, so der ehemalige Sprecher der Bundesregierung. Wer Anfang 1989 vorhergesagt hätte, das SED-Regime würde seine Macht verlieren, hätte hüben wie drüben nur ungläubiges Kopfschütteln geerntet. Viele im Westen und Osten hätten den Glauben an eine Wiedervereinigung längst aufgegeben.

Ost erinnerte jedoch daran, dass Helmut Kohl an dem großen Ziel der Einheit beharrlich festgehalten habe. Die Hilferufe aus der DDR hätten ihn immer bewegt. Er sei fest davon überzeugt gewesen, dass sich unsere Landsleute aus Ostdeutschland nach Freiheit und Einheit sehnten. Dennoch hätte sich sowohl bei dem Besuch von Honecker in Bonn im September 1987 als auch bei Kohls Verhandlung mit Michail Gorbatschow in Moskau im Herbst 1988 der Fall des Eisernen Vorhangs keineswegs angedeutet. Im Sommer 1989 habe es eine Fluchtbewegung aus der DDR in die bundesdeutschen Botschaften in Budapest und Prag gegeben. Die plumpe Fälschung der Kommunalwahlergebnisse durch die SED hätte viele DDR-Bürgerinnen und –Bürger so stark empört, dass einige dagegen demonstrierten. Am 9. Oktober 1989 hätten sich in vier Leipziger Kirchen einige tausend Menschen zum Montagsgebet versammelt. Als sie aus den Kirchen herausgekommen seien, hätten über 70.000 Menschen draußen skandiert: Wir sind das Volk! Sie hätten sich vor allem für Freiheit und Menschenrechte engagiert und Reformen in der DDR gefordert. Nicht wenige hätten indessen auch einfach aus der DDR heraus gewollt – in Richtung Westen. Nach der Abdankung von Erich Honecker hätte auch der Nachfolger Egon Krenz nichts mehr zur Rettung des SED-Regimes ausrichten können. Das Politbüro in Ostberlin sei völlig kopflos gewesen. Am 9. November sei das Brandenburger Tor von den Menschen in Ostberlin geöffnet worden. Staatssekretär a. D. Friedhelm Ost stellte rückblickend fest: „Unsere Landsleute hatten mit einer friedlichen Revolution die Fesseln der roten Diktatur gesprengt. Es war eine Revolution mit Gebeten, Kerzen und Gesängen, ohne dass auch nur ein Schuss aus den Gewehren von DDR-Soldaten fiel.“

Heute blickten rund 60 % der Westdeutschen mit Freude auf die Wiedervereinigung; in Ostdeutschland seien es sogar 63 %. Allerdings sei es notwendig, auch heute und morgen noch weitere Fortschritte auf dem Weg zur Einheit zu machen – mit mehr Menschlichkeit, Hilfsbereitschaft und vor allem gegenseitigem Verständnis sowie intensiven Begegnungen der Deutschen aus West- und Ostdeutschland.

In einem jetzt herausgegeben Buch mit dem Titel „30 Jahre Deutsche Einheit – Wir sind dabei gewesen“ berichten Zeitzeugen – u. a. auch die Honnefer Manfred Speck und Friedhelm Ost – über das historische Ereignis. fo

Das Buch:

Mit dem Fall der Mauer am 9. November 1989 wurde ein neues Kapitel deutscher Geschichte aufgeschlagen: Nach Jahrzehnten der Teilung wurde der Weg frei zur Vollendung der Deutschen Einheit am 3. Oktober 1990 und zu einer neuen Weltordnung! Heute, 30  Jahre danach, bedarf es Zeitzeugen, um die dramatischen Ereignisse von damals lebendig werden zu lassen. Ihre Geschichten erinnern außerdem daran, dass alles auch ganz anders hätte kommen können. In diesem Buch kommen prominente Zeitzeugen aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft zu Wort, die über ihre persönlichen Erfahrungen und ihre Rolle als Mitgestalter der Deutschen Einheit erzählen. Sie ziehen Bilanz und wagen einen Ausblick auf die zukünftigen Herausforderungen. Das historische Lehrstück der Deutschen Einheit bezeugt: Das Ringen um nationale Einheit, demokratische Freiheit, gelebte Rechtsstaatlichkeit und friedliches Zusammenleben brauchte einen langen Atem, ein mutiges Herz und einen kühlen Kopf. Dieses Buch zeigt vor allem eines: Eine lebendige Demokratie lebt von und mit engagierten Demokraten – damals wie heute!

Ein klares Nein zum Bürger-Egoismus!

Eine Gemeinschaft kann mit dem noch so gepflegten „Ohne mich-Prinzip“ nicht gedeihen. Bürgerschaftliches Engagement geht nur mit einem klaren Ja zu einem „Mit mir“!

Niemand kann und darf für sich beanspruchen, allein auf einer Insel der Glückseligkeit leben, wohnen und agieren zu können. Ein jeder ist Teil unserer Gesellschaft und Gemeinschaft, ein Mitglied unserer Bürgerschaft. Wer sich verweigert und nur seinem Egoismus frönt, stellt sich selbst ins Abseits und gegen das bürgerschaftliche Gemeinwesen.

Unsere Demokratie respektiert wie keine andere Ordnung das Prinzip der Toleranz.

Ein  jeder kann das für sich beanspruchen. Allerdings verliert jeder diesen Anspruch, wenn er mit unwahren Argumenten seine Ansprüche verbreitet sowie andere Bürgerinnen und Bürger mit falschen Tatsachen für sich zu gewinnen versucht. Wer behauptet, dass der Stadtgarten bebaut werden soll, wer verbreitet, dass gar der trauernde Löwe entfernt werden soll, setzt bewusst Lügen ein, um sein Ziel zu erreichen. Solchen infamen Gerüchten darf niemand hier in Bad Honnef Glauben schenken. Und diejenigen, die sich solcher Methoden bedienen, sollten sich voller Scham in ihre Refugien zurückziehen.

Unsere Stadt will und muss auf die Zukunft blicken. Dazu gehört ohne Zweifel auch die Herausforderung, gerade für junge Familien mit Kindern bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Auf dem ehemaligen Penaten-Gelände ist das in hervorragender Weise gelungen. Deshalb ist es nur folgerichtig und begrüßenswert, dass die Stadt zunächst einmal die Möglichkeiten dafür auf allen Flächen, die sich in ihrem Eigentum befinden, prüft. Eine solche Prüfung ist für die Zukunftsplanung ohne jede Alternative. Wer sie stoppen will, der setzt sein Eigeninteresse deutlich über das Gemeinwohl. Zu diesem unverständlichen Egoismus gibt es für alle Menschen in unserer Stadt nur eine klare Antwort: Nein zum Planungsstopp – bei der Abstimmung am 6. Januar!

Friedhelm Ost, Staatssekretär a. D.

Aalkönigin Malu Dreyer

Die dritte Aalkönigin der Neuzeit wird heute Abend um 22 Uhr im Kurhaus gekrönt. Die Laudatio hält der noch amtierende Aalkönig Eckart von Hirschhausen. 

Friedhelm Ost, Sprecher des Aalkönigkomitees: „Malu Dreyer wird heute nach Rosi Mittermaier und Maybrit Illner die dritte Königin der rheinischen Aal-Monarchie sein. Sie ist für dieses Amt geradezu prädestiniert, denn sie verfügt über langjährige Regierungserfahrungen.

Malu Dreyer wurde 1961 in Neustadt an der Weinstraße geboren. Im Jahre 2002 wurde sie Ministerin für Soziales, Arbeit und Familie, Anfang 2013 Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz. Seit Mai 2016 führt sie das erste rot-gelb-grüne Regierungskabinett des Landes, das als Ampel-Koalition alle Farben der Aale aufweist. Immer wieder hat sie mit klugem Spürsinn und eleganten Manövern Zeusen und Reusen überwunden; politischen Wildanglern ist sie nie ins Netz gegangen.

Malu Dreyer hat einen breiten Bildungsweg beschritten: Sie begann mit dem Studium der Anglistik und Katholischen Theologie an der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz, wechselte jedoch schnell zur Rechtswissenschaft und schloss ihr Jura-Studium mit einem Prädikatsexamen bei der Zweiten Juristischen Staatsprüfung ab. Nach verschiedenen beruflichen Stationen als wissenschaftliche Assistentin, Richterin und Staatsanwältin war sie von 1995 bis 1997 hauptamtliche Bürgermeisterin der Stadt Bad Kreuznach.

1997 übernahm sie das Dezernat für Soziales, Jugend und Wohnen der Landeshauptstadt Mainz. Im März 2002 wurde die Sozialdemokratin vom damaligen Ministerpräsidenten Kurt Beck als Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Demografie berufen. Schließlich wurde sie Anfang 2013 vom Landtag zur Nachfolgerin von Kurt Beck gewählt. Bei der Wahl im Jahre 2016 schnitt sie als Spitzenkandidatin der SPD erfolgreich ab und wurde im Mai 2016 erneut zur Ministerpräsidentin des Landes Rheinland-Pfalz gewählt“. fo

Foto: SPD/RLP

VIP vor dem Aalkönigsfest

Eckart von Hirschhausen ist neuer Aalkönig. Vor dem 15. Aalkönigsfest der Neuzeit im voll besetzten Kursaal trafen sich die VIP`s aus nah und fern im XXL. Ein Ritual. Mit dabei schon all die Jahre, WDR und RTL. Natürlich der alte und neue Aalkönig und der Uraalkönig Wolfgang Clement. Und: Auch Hirschhausen hinterließ seinen Händeabdruck für den „Walk of Fame“ im Arkadengang des Kurhauses. Unter den Gästen Bürgermeister Otto Neuhoff und Landrat Sebastian Schuster. Lesen Sie hier exklusiv die Rede von Friedhelm Ost:

„Liebes Aalvolk, meine sehr verehrten Damen und Herren, seien Sie alle hier im Kurhaus zu Bad Honnef ganz, ganz herzlich begrüßt. Wie in den Jahren zuvor wünschten sich viele, auch hier und heute am Hofe der Aal-Monarchie mitzufeiern. Unser Herz ist weit, die Saal-Kapazität jedoch eng. So mussten wir leider vielen absagen. Es gab eine Obergrenze!

Unsere Stadt Bad Honnef hat sich in diesem Jahr auf die Suche nach einer neuen Dachmarke gemacht. Noch vor kurzem war manches hier mit gelben Planen und Ständern verhüllt oder dekoriert. Manche vermuteten, dass der Verhüllungskünstler Christo in Bad Honnef ein neues Projekt realisiert hat.

Auch hier im Kurhaus ist einiges dieser neuen Dachmarke zu sehen. Auf jeden Fall können wir die Saaldekoration mit viel Phantasie als spezielle Ausstattung des Aalkönig-Palastes genießen. Das Ambiente ist jedenfalls einzigartig – insbesondere die riesigen Fangnetze, die allerdings nicht ins Wasser geworfen, sondern an der Decke -wohl zum Trocknen- ausgebreitet wurden.

Liebes Aalvolk, als ich heute die Gäste-Liste unseres Festes studierte, war mir klar, dass nur VIPs, very important persons, hier an den Hof des Königs geeilt sind. Verzeihen Sie mir, dass ich Sie, meine verehrten Damen und Herren, mit Rücksicht auf den Zeitplan unseres Programms nicht einzeln begrüßen kann! Bei einigen wenigen muss ich dennoch eine Ausnahme machen.

So heiße ich den 1. Aalkönig der Neuzeit, den Begründer dieser Monarchie, unseren Freund Wolfgang Clement und seine liebe Frau Karin, ganz herzlich willkommen. Wir feiern heute zum 15. Mal das Krönungsfest. Im Jahre 2003 konnten wir den damaligen Super-Minister Wolfgang Clement für unsere Idee des bürgerschaftlichen Engagements begeistern und gewinnen. Nur so konnten wir das historische schwimmende Denkmal, den Aalschokker Aranka, über Wasser halten und seitdem mit rund 450.000 € soziale Projekte auf den Feldern „Gewaltprävention und Integration“ von jungen Menschen fördern.

Das alles ist nur möglich dank des Einsatzes der Persönlichkeiten, die sich als Aalmonarchen in den Dienst dieser guten Sache stellten, und insbesondere dank aller Spender und Sponsoren. Ihnen gebührt unser herzlicher Dank.

Der frühere König Rudi I., Rudolf Seiters, begeht heute seinen 80. Geburtstag. Er bedauert es sehr, dass er ihn nicht mit uns gemeinsam feiern kann, grüßt jedoch aus dem fernen Emsland das Aalvolk. Wir alle wünschen ihm von hier aus alles Gute und noch einige gesunde Lebensjahrzehnte.

Ich freue mich, dass der noch zwei Stunden regierende Aalkönig Wolfgang Bosbach bei uns ist. Lieber Wolfgang, sei ganz herzlich willkommen! Wir alle sind gespannt auf Deine Rede. Du sprichst ja leider nicht mehr im Bundestag, doch hier bei uns lauschen alle gern Deinen Worten.

Ich begrüße mit großer Herzlichkeit den Landrat des Rhein-Sieg-Kreises, Sebastian Schuster, und seine Frau Margret; liebe Frau Schuster, ganz herzlich gratulieren wir Ihnen zu Ihrem heutigen Geburtstag.

Ebenso freuen wir uns, dass der Erste Bürger der Stadt Bad Honnef, Otto Neuhoff, mit seiner Frau bei uns ist: Lieber Herr Bürgermeister, seien Sie herzlich willkommen!

Stellvertretend für alle gewählten Mitglieder aus den Parlamenten begrüße ich Frau Nicole Westig, die für die Freien Demokraten in den 19. Bundestag als Abgeordnete gewählt wurde und meinen Freund, das Mitglied des Europäischen Parlamentes und dort zuständig für die Fischereipolitik, Werner Kuhn. Lieber Werner, wir freuen uns, dass Du als Schutzpatron der Aale den Weg von der fernen Ostsee an den Rhein wieder einmal gefunden hast.

Mit ganz besonderer Herzlichkeit und großer Freude begrüße ich die Damen und Herren der Medien: Sie haben großen Anteil an unserer Aal-Monarchie – vor allem auch dank ihrer Berichte über die sozialen Aktivitäten.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, auf Ihren Tischen haben wir unser Festheft sowie das Set für Sie ausgelegt. Darin finden Sie alle wichtigen Informationen rund um dieses Aalkönigsfest – vor allem auch die Menüfolge, vom Aal-Tatar über Kalb & Knödel bis hin zum Cake & Co. mit Pistazien-Hippe. Genießen Sie die exzellenten Speisen und die exquisiten Getränke! Denn nur so werden Sie bestens gestärkt die Krönungszeremonie mitfeiern können.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die schwierigste Herausforderung des Jahres ist für das Aalkönigskomitée die Suche nach einem neuen Herrscher. Wieder einmal haben wir keine Mühen und Recherchen gescheut, um schließlich fündig zu werden. Begrüßen wir mit besonderer Herzlichkeit Eckart von Hirschhausen, der gleich auf den Thron der Aal-Monarchie erhoben wird! Unser Willkommen gilt auch seiner verehrten Frau Gemahlin, die ihren Mann zu diesem Krönungsakt begleitet.

Seine Vorfahren sind bereits im 19. Jahrhundert in den erblichen russischen Adelsstand erhoben worden. Doch, lieber Eckart von Hirschhausen, Aalkönig des Rheinlandes zu werden, das ist wahrlich die Krönung, ja ein royales Wunder, wie es nur ganz wenige Menschen erleben. Nun ist jedoch zuerst einmal Aal in Sicht: Ich wünsche Ihnen viele Gaumenfreuden bei der Vorspeise.

Nach dieser royalen Vorspeise darf ich Ihnen nun einen Einblick in ein soziales Projekt ankündigen, das wir im vergangenen Jahr mit dem Reinerlös des Aalkönigsfestes initiieren konnten. Gemeinsam mit dem Stadtjugendring Bad Honnef haben wir das Netzwerk „Gewaltfrei“ gegründet und bündeln in diesem Netzwerk eine Vielzahl an Projekten in den Bereichen Gewaltprävention und Integration von jungen Menschen.

Heute Abend haben auch Sie die Möglichkeit, Förderer dieser Projekte zu werden! Während des Hauptgangs können Sie Lose erwerben und mit diesen Losen einen der drei Preise gewinnen:

  1. einen dreitägigen Aufenthalt für 2 Personen in den Sommermonaten des nächsten Jahres im Hotel Zirbenhof
  1. einen Hotelgutschein für 2 Personen im Seminaris Campus Hotel in Berlin
  1. einen Gutschein für ein sonntägliches Frühstücksbuffet im Café Profittlich in Rhöndorf für 4 Personen

Greifen Sie zu und fördern damit Projekte im Bereich Gewaltprävention und Integration von jungen Menschen. Das Netzwerk „Gewaltfrei“ hat insbesondere Andreas Roschlau mit aufgebaut. Nach über 20 Jahren hat Andreas Roschlau seine Arbeit als Jugendleiter bei der Evangelischen Kirchengemeinde in Bad Honnef beendet und ist nun für die Landeskirche tätig.

Gerne möchte ich aber diese Gelegenheit nutzen, um mich im Namen des Aalkönigkomitees bei Ihnen, lieber Herr Roschlau, ganz herzlich für Ihr Engagement zu bedanken.

Nun lassen Sie sich von dem Projekt der Rhein Refugee Youngstars begeistern und genießen Sie anschließend den Hauptgang.

Liebes Aalvolk, jetzt wird es ernst! Es beginnt der Höhepunkt unseres Festes, nämlich die Krönungszeremonie.

Zunächst gilt es, Abschied zu nehmen – Abschied von unserem bisherigen Aalkönig Wolfgang.

Er hat uns in unserem Aalreich bestens regiert: In seiner Zeit als Herrscher hielt er den Rhein in seinem Bett; es gab kein Hochwasser. Der Bestand an Aalen hat sich weiter verbessert. Die Weinernte fiel vor allem an den Hängen des Rhöndorfer Drachenfels gut aus. Das Familien-Café Profittlich feierte sein 125jähriges Jubiläum mit royalem Segen.

Auf manchen Straßen sorgte unser König für spürbare Entschleunigung – mit Tempo 30. Autofahrer können jetzt vom Seitenfenster aus Blumen pflücken. Der Aalschokker, unsere Aranka, feierte den 100. Geburtstag: Aranka ist das Wahrzeichen der Stadt, das beliebteste Photo-Motiv und quasi die optimale Dachmarke geworden. Die Liste der Wohltaten unseres Königs Wolfgang ließe sich noch abendfüllend fortsetzen.

Wir alle spüren den Abschiedsschmerz – vor allem auch deshalb, weil unser Aalkönig Wolfgang seit der letzten Bundestagswahl nicht mehr in der Berliner Politik mitmischt.

Lieber Wolfgang, Du warst einer der besten Abgeordneten im Deutschen Bundestag. Du hast nicht herumgeschwafelt, sondern wirklich Klartext geredet – ganz gleich, ob es um die Innere Sicherheit, um Migration oder um Europa ging.

Du warst nie abgehoben, sondern ein echter Volksvertreter, den das Volk versteht. Für mich wärest Du ohne Zweifel der beste Bundesinnenminister gewesen. Doch Mutti war Dein Schicksal und einige ihrer Paladine waren nicht gerade Deine Freunde, wohl eher nur Parteifreunde, was dem Superlativ von Feind und Erzfeind entspricht. Die bittere Quittung kam mit der jüngsten Bundestagswahl, weil viele nur nach Backbord steuerten.

Wir werden Dich, lieber Wolfgang, als Politiker und als Aalkönig schmerzlich vermissen. Doch diese hohen Positionen sind immer Ämter auf Zeit. Bei uns hier im Rheinland gewähren wir Dir jedoch Asyl auf Lebenszeit, sofern Du es benötigst. Auf der Aranka bist Du stets willkommen; notfalls kannst Du auf diesem Schokker auch übernachten.

Dein Nachfolger ist ein berühmter und bekannter Spross aus dem Adelsstand: Eckart von Hirschhausen, ein Mann mit riesigen Talenten, Mediziner, Zauberkünstler, Kabarettist, Buchautor und Fernsehstar. Es war nicht einfach, ihn mit allen unseren Reusen, Zeesen und Netzen einzufangen. Unser Komitée-Mitglied Stefan Vesper musste dafür zeitweise Tag und Nacht mit der Angel operieren. Doch es ist letztlich geglückt.

Majestät, lieber Wolfgang, Du hast frohen Herzens zugestimmt, als wir Dir von Deinem Thronfolger berichteten. Wir sind gespannt auf den Rückblick auf Deine Zeit als Herrscher und auf Deine Proklamation unseres neuen Aalkönigs.

Zuvor will ich Sie, meine Damen und Herren, noch gern darauf hinweisen, dass Sie nicht vergessen, nach dem Ende unserer Krönungsfeier -so gegen 23 Uhr- Ihr Handy wieder einzuschalten.

Liebes Aalvolk, war das nicht wieder ein Super-Krönungsfest am Hofe des Aalkönigs?

Sie haben es genossen. Sie haben begeistert bei der Krönung mitgemacht. Sie waren die besten Gäste, die bei diesem Event mitgefeiert haben. Deshalb gilt mein erster Dank allen, die so viel Freude an unserem Aalkönigsprojekt beweisen, allen, die unsere Sozialprojekte finanziell unterstützen – insbesondere unseren Spendern und Sponsoren, ohne die einfach nichts gehen würde. Bewahren Sie uns Ihr offenes Herz!

Vor allem danke ich -gewiss auch im Namen von Ihnen allen, meine Damen und Herren-  all denen, die diese großartige Veranstaltung für uns gestaltet, die für uns tatkräftig gearbeitet haben.

  • Ein besonderer Dank gebührt der Küche und dem Service. Was uns serviert wurde, war phantastisch. Wie es uns serviert wurde, das war exzeptionell freundlich.
  • Michael Gerdes, der Chef dieses Kurhauses und damit der Hauptverantwortliche, verdient unser Lob und unsere Anerkennung. Als Mitglied unseres Aalkönigkomitées hat er wieder einmal dieses Event mit viel Herzblut vorbereitet und mit seinem Team, vor allem dem Chefkoch Wilbert Adams und der Service-Chefin Sabine Schnell, realisiert.
  • Unser Dank geht an die perfekte Organisation und an die Techniker, die hier für Licht, Ton und vieles andere gesorgt haben.
  • Zu danken haben wir Fabian Ost, der wieder einmal als Inspirator, Chief-Producer und Regisseur für dieses Fest in besonderer Weise aktiv war. Ebenso geht unser Dank an Mareike Ost für Gestaltung und Design sowie an Lisa Harth und Bettina Schmitt für die Organisation.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, damit ist der offizielle Krönungsakt 2017 beendet. Im Foyer wird er ausklingen – mit einem Glas Wein oder Bier, mit netten Begegnungen und Gesprächen.

Vor allem jedoch mit einer musikalischen Überraschung: Nachdem Sie bereits einen Film über die Rhein Refugee Youngstars gesehen haben, dürfen Sie dieser Band nun im Foyer zuhören. Spenden Sie Ihnen Beifall! Sie verdienen unsere Unterstützung und Anerkennung.

Hochverehrtes Aalvolk, nochmals herzlichen Dank an Sie alle. Ich wünsche Ihnen schon jetzt gesegnete Weihnachten, frohe Ostern und alles Gute. Bleiben Sie gesund – bis zu unserem Wiedersehen beim Aalkönigsfest 2018″.

cw

 

Der Königsmacher

Friedhelm Ost – Er salbt die Häupter

Er wird es wieder tun. Und Niemand hat Anderes erwartet. Es ist schon der 15. Regent, den Friedhelm Ost ausruft. Bad Honnef verbindet Osts Namen mit der Bürgerinitiative des Aalvolkes. Zustande gebracht hat er aber weit mehr. Dazu befragte ihn die HWZ, wobei die Zeitung noch etwas mehr wissen wollte über Ansichten und Meinungen des Mannes. Über seine Sicht lokaler sowie großer Politik. Persönliches, Kommentare, Erinnerungen, Erwartungen.

Stolz ist er besonders auf jene Lebensetappen, von denen fast jeder Honnefer schon gehört hat. Regierungssprecher, Mitglied des Bundestages, Vorsitzender des Wirtschaftsausschusses – das sind die Lichter, die er seiner politischen Karriere aufsetzen durfte. Ein inhaltlicher Höhepunkt sei das Gemeinschaftswerk „Aufbau Ost“ gewesen. Er führte zwar die Feder mit, sei aber „nicht der Namensgeber – und auch nicht der Erfinder der Ost-Politik“. Schalk im Nacken, jedoch hier stets begleitet von Information: Es ging nicht allein um das Zusammenbringen zweier Staaten, sondern auch um Bahnhöfe, Straßen, Friedhöfe, Infrastruktur.

Vor dem Politiker-Dasein gab es ein anderes Leben. Das des Journalisten Friedhelm Ost. Auch hier lassen sich Highlights finden. Leuchtturm ist wohl das WISO-Magazin, das er für das ZDF 1982 kreierte und das auch 35 Jahre später jeden Montag Menschen nah an Themen der Ökonomie führt. Das sei sinnvoll, denn noch heute herrsche „in breiten Schichten der Bevölkerung zu wenig Verständnis für wirtschaftliche und soziale Zusammenhänge“. Ost schreibt Soziale Marktwirtschaft stets mit großem „S“, denn er erlebte deren Geburt in der ersten Reihe. Sein Lehrer Prof. Alfred Müller-Armack, später Staatssekretär unter Ludwig Erhard, gilt als Schöpfer von Wort und Inhalt der Sozialen Marktwirtschaft.

Ausschussvorsitzende bewältigen ihre Aufgaben nur, wenn sie Berührungsängste überwinden oder gar nicht erst haben. Sie lernen durch praktische Erfahrung, dass kollegiale Sicht substantielle Arbeitsergebnisse begünstigt. Also fürchtet sich Friedhelm Ost auch nicht vor Jamaika im Bund, hegt jedoch „große Zweifel“ an dessen möglichem Bestand über volle vier Jahre. Sein Erkenntnisschatz darüber, wie es  personalpolitisch zugeht oder zugehen kann, ist beträchtlich, seine Sicht der Dinge und Prozesse manchmal so persönlich wie komplex.

Osts Skizzierung des einstigen CDU-Bermuda-Dreiecks Merkel-Merz-Schäuble beeindruckt, doch wirklich haften bleiben klare Lehrsätze: „Wenn Du in der Opposition bist, gibt es genau zwei wichtige Ämter – den Partei- und den Fraktionsvorsitz.“ Und nach einem dieser beiden muss greifen, wer führen will. Ein politisches Theorem, dessen Richtigkeit ganz aktuell die SPD einmal mehr belegt.

In der Kommunalpolitik versucht Friedhelm Ost zu helfen. Ob es nun Bahnhofssanierung oder Umbau des Postgebäudes ist – über Nutzung seiner Kontakte versucht er, mit geschicktem Beziehungsmanagement zu helfen. Da geht er dann auch ins Detail, weiß genau um die Bedingungen des möglichen Ausweichquartiers für die Post oder die Namen der Entscheider bei der Bahn. Natürlich sprach er mit Bürgermeister Neuhoff, und auch die Beigeordnete Bern lernte er kennen.

Denn die Aufbruchsstimmung in der Stadt nimmt Ost wahr. Gut sei diese Dynamik und Bewegung; es könnte aber noch besser sein. Das konkretisiert er: „Mehr Bürger mitnehmen. Das Reitersdorfer Parkfest z.B. hilft dabei.“ Jedenfalls macht Ost in der Stadt einen „gewaltigen Schritt aus.“ Er identifiziert sich schon sehr mit Bad Honnef, lebt hier „glücklich“. Da er aus der Sauerland-Metropole Paderborn kommt und dort den rabenschwarzen Barzel-Wahlkreis dreimal mit absoluter Mehrheit, aber sicher nicht mit zur Schau gestelltem Naturell ausgerechnet einer rheinischen Frohnatur souverän gewann, scheint solch persönliche Metamorphose aus der Sicht des jecken Flusses und der goldenen Weinberge mindestens erwähnenswert.

Die neue Dachmarke Bad Honnefs allerdings ist nicht wirklich sein Ding. Also wird er die Proklamation zum Aalkönig würzen mit dem Hinweis auf die schwarzen Netze direkt unter der Decke des sanierungsbedürftigen Kursaals, die vor herabfallendem Stuck schützen sollen. Die Konstruktion sei „auch eine Form neuer Dachmarke“. So macht er was draus – wie immer und überall. War doch die Geburt des Aalkönigs schon eine Kopie des damals von Friedhelm Ost bekleideten Amtes eines „Krautkönig von Wersen“. Und das mit dem Aalschokker Aranka wäre ja auch zunächst eine „fixe Idee“ gewesen. Einst gewürzt mit der Legende der Nonnenwerther Mönche als Urheber. Was der damals praktizierende Stadtdirektor Johannes Wahl „als vollumfänglich wahrheitsgemäß“ bestätigte. Ungeachtet der Tatsache, dass auf Nonnenwerth immer nur Nonnen und nie Mönche residierten.

Jedenfalls wird der Arzt und Showmaster Dr. Eckart von Hirschhausen nun gekrönt. Am Freitag, dem Dreizehnten. Einmal mehr wird Friedhelm Ost als Komitee-Vorsitzender den Regenten ausrufen. Das ist dann bereits der fünfzehnte Herrscher. Dass dreizehn der Regenten männlich waren und nur zwei weiblich, ist der einzige, wenn auch ernsthaft auszugleichende Mangel. Mit Verlaub, Könige sind seit vorgestern in Deutschland ausgestorben – und die Fokussierung auf männliche Potentaten mit ihnen.

Was dem positiven Gehalt der Veranstaltung keinen Abbruch tut. 400 geförderte Sozialprojekte mit mehr als 400.000 Euro Gesamtvolumen sprechen eine deutliche Sprache. Aktuelles Motto: „Frieden geht anders.“ Gewaltprävention ist das Thema, Integration der Fokus. Mit erheblicher Außenwirkung, z.B. über die Band „Rhein Refugee Youngstars“, in der Flüchtlinge, Neubürger, Deutsche mit und ohne Migrationshintergrund gemeinsam rocken. So etwas erfordert Arbeit und Einsatz.

400 Gäste zahlen im Kursaal je 125 Euro für ein Dreigängemenü, Getränke und Unterhaltung. Eine Karte zum Bundespresseball kostet 660 Euro. Es braucht also weitere Spenden und Sponsoren, um ein gutes Ergebnis zu erzielen. Ganz abgesehen von der Organisation, die vom Konzeptionellen bis zum Kleinteiligen wie der Tischordnung viel umfasst. Zum Glück engagieren sich zahlreiche helfende Hände. bh