Tschö Helge

Keine Sorge: Unzählige Fans von Helge Kirscht haben uns angerufen und gefragt, was denn da los ist. Seine Kolumne wäre doch ein Highlight. Zur Erklärung: Helge verabschiedet sich in eine REHA. Und wenn er dann wieder Topfit ist, dann schreibt er auch wieder für uns. bö

Kultur, meine sehr geehrten Damen und Herren, Kultur ist unentbehrlich; eine gute Kinderstube allerdings auch. Haben tun die die meisten, ebenso, wie einige Wenige sie manchmal vergessen. Nun, wie komme ich jetzt darauf? Kennen Sie Aldous Huxley? Nein? Warum regen Sie sich dann so auf? Nein, nicht Sie, Sie meine ich. Aldous Huxley (1894-1963) war ein humanistisch motivierter Schriftsteller.

Wikipedia sagt über ihn: In seinen Romanen untersuchte und kritisierte Huxley gesellschaftliche Sitten, Ideale und Normen und den möglichen Missbrauch wissenschaftlicher Errungenschaften durch den Menschen. Er schrieb so Dinge wie: Wer so tut, als bringe er die Menschen zum Nachdenken, den lieben sie. Wer sie wirklich zum Nachdenken bringt, den hassen sie; oder: Tatsachen schafft man nicht dadurch aus der Welt, dass man sie ignoriert. Ich gestehe, ich liebe Aldous Huxley, ich bin ein Fan von Aldous Huxley, ich will ein Kind von Aldous Huxley.

Oh, nicht schon wieder. Aldous Huxley ist nämlich so etwas wie mein Alter Ego. Ich, Albert Helge. Wie, Sie kennen meinen 2. Vornamen nicht? Gehören Sie etwa auch noch zu denen, die denken, ich sei arbeitslos, nur weil ich öfters meinen Espresso Macciato in der Sonne genieße? Für kreative Menschen gibt es mehr als nur ein Arbeitszeitmodell. Nine-to-Five? Im Lävve nit mie. Aber lassen wir das. Was verbindet mich nochmal mit Aldous Huxley? Richtig. Das gleiche, was mich mit Andreas Hofer verbindet oder mit André Heller, Alexander von Humboldt, Anthony Hopkins, Alfred Hitchcock, August Horch, ja sogar mit Annette Humpe und Audrey Hepburn; mit ihnen allen verbindet mich was.

Ich verrate Ihnen nicht was, sonst regen Sie sich wieder auf. Nein, nicht Sie, Sie meine ich. Egal. Auf jeden Fall weiß ich, wann es genug ist, nämlich genau jetzt. Dieses heute ist nun mein finales Abschiedsgeflüster. Nicht, weil ich seit Wochen nur noch mit der seelischen Ritterrüstung auf mein Bike steige und durch 53604 reite, nicht weil ansonsten ganz liebe Menschen plötzlich mit Rechtsanwälten winken und erst recht nicht, weil die beste Lebenspartnerin von allen eine dumme Frage nach der anderen gedrückt bekommt; nun ja, wer die Geister rief, der muss sich nicht wundern.

Aber ich höre auf mit Rücksicht auf meinen geschätzten Verleger. Der alte Journalistenfuchs, der sich von seinen besten Kunden anhören muss, was ich doch für einen Blödsinn verzapfe, und der sich sogar bemüßigt sieht, zwischen einer kostenfreien Kolumne und einer kostenpflichtigen Anzeige zu wählen, wenn mir mal wieder die Zunge ausrutscht. Helmut B., es hat extrem viel Spaß gemacht, aber du musst nun keinen Erklärungsnotstand wegen mir und Aldous Huxley mehr haben.

Ich schreibe weiter, irgendeinen Blog unter irgendeinem Pseudonym. Von meinem Arbeitgeber her weiß ich auch, dass Meinungsfreiheit nicht gerade zu den gefragtesten Mitarbeiterattributen zählt. In unseren Kreisen heißt das zwar Remonstration, wird aber auch nicht gerne gesehen. Und zur erweiterten künstlerischen Meinungsfreiheit geschweige denn zur grundgesetzlich verbürgten Pressefreiheit hat schon der Alte Konrad A. selig ein leicht gestörtes Verhältnis gehabt, hier in unserem kleinen, ach so streitbaren Dorf.

Also, wer mit mir einen meditativen Spaziergang durchs 7G machen möchte, der melde sich gerne, wenn ich grad beim Ales mein Hartz 4 vertrinke. Herzlichen Dank an meine wöchentlich 5.000 treuen Leser, nun sind aller guten Kolumnistendinge wieder 3, wie sich das gehört. Bis denne also, bleiben Sie kritisch.

Schland

Kultur, meine sehr geehrten Damen und Herren, Kultur ist unentbehrlich; zumindest, solange Schland nicht spielt. Aber Moment mal, wo wer wie war nochmal Schland? Richtig, fast unbemerkt in Frankfurt gelandet und weg waren sie. Die ganze Fußballnation trauert. Und ich dreister Renegat? Freue mich über 4 zusätzliche Tage am Strand; garantiert ohne finale Ambitionen. Ach Schland, ich liebe dich. Ohne deinen Fußball bist du fast wieder richtig normal.

Sogar unser Schlandesinnenminister tritt zum wiederholten Male von seinem mehrfach fast vollzogenen Rücktritt zurück und findet damit tatsächlich nochmal den Weg in die Abendnachrichten. Selbst die Kultur poppt wieder auf. Statt dem unumgänglichem Public Viewing ist nun wieder freies Singen angesagt, z.B. am letzten Wochenende bei den 7 Mountains Street Beats in Königswinter mit geschätzten 5.000 Besuchern aus aller Herren Länder und gefühlten 50 Musikern ebensovieler Nationalitäten.

Aber halt, ein wackeres Häuflein freundlicher Sportfreunde versammelt sich bei bestestem Wetter zum ja nun einmal geplanten Rudelgucken und jubelt fröhlich den Russen zu. Den Russen, ausgerechnet. 1 Woche vorher noch durfte ich mir aus ähnlichem Kreis ein dezentes „Du linke Bazille“ anhören, wenn ich Wladimirs Politik gegen Donalds Politikversuche, insbesondere in Sachen Militäreinsätze ohne UN-Mandat, auch nur ansatzweise gegeneinander aufgerechnet hab.

Ach, ist das alles kompliziert. Meine Schwägerin weilt übrigens gerade mit meiner Nichte bei Ihrer Mutter in Sibirien. Dahin würden mir wohl einige Leute, nicht nur aus Königswinter, gerne ein freies One-Way-Ticket spendieren, incl. aller Musiker im Handgepäck, damit wir dann alle zusammen zum Empfang des neuen Fussballweltmeisters auf dem Flughafen Wnukowo die offizielle Gulag-Hymne intonieren. Bis in 4 Jahren also, hören Sie wohl.

Spiegel

Kultur, meine sehr geehrten Damen und Herren, Kultur ist unentbehrlich; deshalb möchte ich heute mal eine Lanze für die Kultur des Zeitunglesens, speziell die des Spiegels, brechen. Als regionaler Kolumnist bin ich eh seit Jahren ein absoluter Fan von Silke Burmester, der ehemaligen Spiegelistin und leider nur noch sporadisch kolumnistisch tätigen, aber ansonsten sehr aktiven Twitterin und Ex-Kriegsreporterin.

Auch Sascha Lobo und Rudolf Augstein habe ich in diesen meinen wöchentlichen Zeilen bereits vereinzelt zitiert. Lange Zeit siechte allerdings der Spiegel, ehemaliges Kampfblatt der linken Szene und um die bundesdeutsche Presselandschaft verdientes Arbeitermedium (die Spiegel-Affäre z.B. aus meinem Geburtsjahr), in den schlammigen Untiefen der hiesigen Fakenewsszene herum und wusste nicht so recht, ob er der SPD nach rechts in die wirtschaftsliberale Ecke folgen oder sich lieber als weichgespülte und massenkonsumententaugliche TAZ-Variante präsentieren solle.

Mittlerweile aber bereitet es wieder richtig Vergnügen, sich einen nachrichtlichen Online-Überblick aus der Hamburger Redaktion zu verschaffen. Gerade heute erst haben mich etliche Artikel von meiner morgendlichen Dusche abgehalten. Versprochen, die wird gleich nachgeholt.

Auf jeden Fall kann man sich im Spiegel wieder unterhaltsam informieren; und das ist mehr, als die gebührenfinanzierten, sogenannten Qualitätsmedien die meiste Zeit abliefern. Interessante Themen sollte man natürlich bei anderen Quellen querlesen und wirklich interessante Themen finden sich eh in Alternativmedien, die mittlerweile über die sozialen Netzwerke ausgiebig verbreitet werden. Aber zum Abschluss noch ein kleiner Tipp: googlen Sie mal „Spiegelmining“. Viel Spaß. Bis nächste Woche also, spiegeln Sie wohl.

Loblied

Kultur, meine sehr geehrten Damen und Herren, Kultur ist entbehrlich; aber heute möchte ich doch mal ein Loblied auf die mittlerweile rundum entstandene Kultur in unserer Stadt singen: Wenn man sich ein wenig entspannt zurücklehnt und schaut, was neuerdings alles so passiert, dann reibt man sich schon manchmal die Augen:

Bad Honnef tanzt, vor gar nicht allzu langer Zeit gestartet, jetzt schon das größte Tanzfestival seiner Art in der Republik; die Kleinkunstreihe im Zeughaus der Löstigen in der Bergstraße, für viele noch Geheimtipp, aber bis Ende diesen Jahres mit Künstlern ausgebucht; die monatliche Sessionreihe im Küfers Jupp, bei dem immer mehr Wohnzimmermusiker ihre verstaubten Instrumente zu Gehör bringen; das Diner en blanc im Reitersdorfer Park, heuer bereits zum x. Male gesellschaftliches Event allererster Kajüte.

Insgesamt sind in Bad Honnef mittlerweile so viele aktive Kulturfetischisten unterwegs, dass die Stadt sie kaum noch koordiniert bekommt (kleiner Scherz am Rande); Literatur im Siebengebirge, Gipfelstürmer, Sommerjazz, Rheinspaziert, Folk im Feuerschlösschen, Rhein in Flammen und und und. Wir entwickeln uns mit rasanter Geschwindigkeit zu einer richtigen Kulturregion. Damit wir uns unser Nizza vom Rhein wieder verdienen und die verbürgte Lebensfreude nicht nur auf dem Stadtwappen verbleicht. Bis nächste Woche also, hören Sie wohl.

Born in Unna

Kultur, meine sehr geehrten Damen und Herren, Kultur ist unentbehrlich; ja, Sie haben richtig gelesen, nach 121 Kulturgeflüstern habe ich mich endlich geoutet: UN, born in Unna, Esel am Marktplatzbrunnen.

Dieses mittelkleine und nur gut doppelt so groß wie Bad Honnef Kaff am Autobahnkreuz Dortmund/Unna, an dem 99,9 % des Fernverkehrs einfach so vorbei rauscht, entweder nach links Richtung Ruhrgebiet, nach rechts Richtung Kasseler Berge oder lemminghaft stur weiter gen Norden, den fernen Häfen Bremen und Hamburg entgegen, genau dort, im Schatten der Nicolaikirche, im Evangelischen Krankenhaus, erblickte Ihr bevorzugter HWZ-Kolumnist (f… for statistics, Helm B., Franzi L. und Torsten M.) am Mittwoch, dem 2. Mai 1962 gegen 5:15 Uhr in Zeichen des Stiers im chinesischen Tigerjahr das Licht dieser gar nicht so grausamen Welt.

Grown up in the shadows of Lindenbrauerei, Jugendkunstschule, Tanzschule Langhans and famous pub Uni with its heartbreaking storyteller Giovanni d‘Adetta (best strawberrybeerbowl in town), loosing at the Kicker and grabbing nice girls by eyes. In the city with the nicest party on earth, yearly 1st weekend of September with its geilest Friday Night Altbierabend … sorry, oh Entschuldigung, home is where my heart is, horses went through with me.

Auf jeden Fall, für uns Unneraner ist Kultur einfach Teil unserer Selbst und deshalb UNentbehrlich für unsere Existenz, nicht wahr, Gilbert K.? Und ganz unten, wie Recherchesau Günter W. so schön geschrieben hat, ganz UNten isses immer dreckich, aber immer auch interessant. Bis nächste Woche also, unentbehren Sie wohl.

Manifest

Kultur, meine sehr geehrten Damen und Herren, Kultur ist entbehrlich; insbesondere wenn man mal wieder zuviel arbeitet. 2 Wochen Dauerentschlafung wegen bevorstehendem Festival und weiß ich noch was haben mich zwischendurch an die Grenzen meiner Leistungsfähigkeit gebracht. So kam es, dass ich mich denn nach gefühlten 10.000 Nadelstichen bemüßigt sah, statt meinem normalerweise gebrauchten Florett den dicken Säbel auszupacken und ein sogenanntes Manifest zu verfassen.

Ich gestehe, der 200. Geburtstag Karl Marxens geisterte wohl durch meinen Hinterkopf. Nun denn, da ich den Säbel nicht gewohnt bin, kam es wie es kommen musste, dass er mir ziemlich entglitt. Eine ursprünglich sachlich berechtigte Kritik wuchs sich zu einem mächtigen Hieb unter die Gürtellinie aus, zudem noch bei der ein oder anderen falschen Person.

Ich war selbst am meisten erschrocken, nicht so sehr über die berechtigten Reaktionen, mehr über meine eigene Wut, die sich da so unvermutet öffentlich Bahn brach. An dieser Stelle möchte ich somit ein ausdrückliches „Bitte verzeiht mir“ an alle richten, denen ich in meiner Rage blutige Wunden geschlagen habe. Den Hauptprotagonisten erwartet noch eine persönliche Verneigung in Form einer guten Flasche einheimischen Rebensaftes.

Den Säbel habe ich übrigens mittlerweile im Rhein versenkt, meine 1955er Ausgabe des 2-bändigen Kapitals habe ich meiner naseweisen und streng katholisch erzogenen Nichte geschenkt und statt gefeierten Manifesten gibt‘s ab jetzt nur noch Manilose. Vielleicht gewinn ich ja mal was, Weisheit und Gelassenheit z.B.

Ein vorletztes Wort noch an meinen geschätzten Verleger: redigieren geht über zensieren. Nu bin ich auch wieder artig statt bös, damit wegen meiner Antikonformität nicht der Honnefer Hautevolee bei Karlottas das Cremeschnittchen aus der Hand rutscht. Bis nächste Woche also, hören Sie wohl.

Und darum ging es:

R H Ö N D O R F M A N I F E S T von Helge Kirscht

GOOOOD MORNING RHÖNDORF und ja, ich liebe Rhöndorf seit 21 Jahren und ich liebe die Menschen hier (na gut, nicht alle, aber fast). Es gibt die Rhöndorfer und es gibt den Bürger- und Ortsverein Rhöndorf. Die Mitglieder dort sind zwar wahrscheinlich überwiegend Rhöndorfer aber nicht alle Rhöndorfer sind im Bürgerverein. Jaja, komm doch in den Verein, wenn du was ändern willst.

Ja, ich will was ändern und nein, ich will nicht in den Verein. Wenn du dir das Manifest zur 150 Jahr-Feier anguckst, wirst du wahrscheinlich sehen, dass in der Gründungsurkunde (übrigens vom damaligen Alterspräsidenten Alfred persönlich unterschrieben) der minutiös geplante Ablauf der Rhöndorfer Kirmes auf alle Zeiten festgelegt wurde, inklusive Musikabfolge. Den braucht Alfred jetzt nur noch aus seiner knarrenden Schublade zu ziehen, stemmt mal wieder die Monsterveranstaltung und ist der King of Kotelett. Und Neurhöndorfer, die wahrscheinlich noch nicht mal mehr aus der Schule wissen, was eine Vereinssatzung ist, lächeln über das Festprogramm, freuen sich, ein paar leckere Kölsch oder Wein mit den Altnachbarn zu metern und lassen Ihre Kinder auf dem tollen Karussell von 866 fahren.

Hauptsache, wir haben einmal im Jahr Gelegenheit, mit den Nachbarn in Kontakt zu kommen und uns 2 Stunden anzustellen, um die leckersten Reibekuchen im 7Gebirge zu futtern (… um dann am Sonntag Mittag zu erfahren, dass leider der Teig gerade ausgegangen ist). Dass du mit den akustischen Darbietungen, die dort seit Anbeginn in Dauerschleife auf hervorragend gestimmten Highclasslautsprechern laufen, normalerweise aus Tierschutzgründen noch nicht mal die Wildschweine aus dem Weinberg jagen dürftest, interessiert dann keine Sau.

Wir wollen hier keine Namen und Fakten nennen, aber würdest du in deinem Taxiunternehmen Tuctucs oder Tatas einsetzen, selbst wenn sie dir von einem Rhöndorfer Nachbarn geschenkt würden? Und 100m weiter haben wir eine wunderschöne Abstellkammer für Alfreds Lieblingskram, gegen die das Grab von Konrad auf dem Waldfriedhof belebter wirkt als der Petersplatz bei einer Papstaudienz.

Alternativprogramm: Wir haben KEINE Kirmes (SAKRILEG) und verzichten auf ein Wochenende voller abgelaufener Highlights, stattdessen gestalten und beleben wir Rhöndorfer (ob mit oder ohne Vereinstätowierung) 365 Tage im Jahr einen frisch renovierten, täglich geöffneten, vereinseigenen Raum in bester Lauflage für alle Wanderer, denen wir in modernen Präsentationen auf Bildschirmen unsere wunderschöne Heimat präsentieren könnten (für Alfred: Bildschirm findest du unter Wikipedia – für Peter: schenk Alfred mal die 26-bändige Gesamtausgabe von Wikipedia für sein Bücherregal).

Dort gibt es immer nette Menschen aus dem Ort, die gerne Pläuschchen halten und Dönekes erzählen. Dort kann man einheimische Produkte kaufen wie 7gebirgskaffee, Weinsortiment von Pieper, Broel und Siebdrat, mundgeklöppelte Klorollenhalter für die Mercedes-Ablage, Briefmarken, T-Shirts mit Rhöndorfer Motiven von den Rein-Brothers, CDs der 7 Mountains Music Night, jeden Tag kann eine der umtriebigen Rhöndorfer Landfrauen mit einem Topf hausgemachter Suppe die Kriegskasse füllen und jeden Freitag mittag vor dem Wochenende gibt es das RHÖNDORFER REIBEKUCHENMASSAKER MIT FLATRATE UND MONATSABO.

Wenn in dem gesättigten Wanderer danach der Wunsch nach einer intellektuellen Unterhaltung erwacht, so schickt man ihn nach nebenan zu der kosmopolitischen Nachbarin Milena Kunz-Bijno, eine weltweit ausgezeichnete, multisprachbegabte Künstlerin, die vom Rhöndorfer Bürger- und Ortsverein behandelt wird, dass jeder osteuropäische Wanderarbeiter vom Broel nach dem ersten Tag das Weite suchen würde, und daneben einem bundesweit bekannten, ehemaligen Spiegelreporter und Adenauerzeitzeugen, der jetzt eremitenhaft in seinem Hühnerbunker thront (Achtung Ironie) und der mit seinen Erlebnissen sicherlich Myriaden von Kindern im Erzählcafé nebenan unterhalten könnte.

Und beim Weinfest buckeln dann nicht 1 Woche die ewig gleichen 20 Hanseln unter Führung von Alfred, dem ich als Sohn sicherlich kein 50-Liter-Fass mehr aufbuckeln würde, sondern für einen Nachmittag kommen mal eben 100 Helfer aus der Nachbarschaft, scharen sich ums Fässchen, und der Ziepchensplatz steht in 2 Stunden. Vielleicht könnten wir Alfred ja dann die ehrenvolle Aufgabe übertragen, handschriftlich die 80 Rhöndorf-VISA für die Nichtmitglieder im Verein auszustellen.

Aber ich spinne nur ein bisschen rum, sorry, ihr wisst ja, dass ich seit 10 Jahren so ein Märchenerzähler bin, der sich mit Kräutern aus dem eigenen Garten versorgt und ansonsten nix auf die Kette kriegt. Zum Abschluss: Ich gestehe ausdrücklich, ich liebe Alfred Höhler, ich bin ein Fan von Alfred Höhler. Ich bin dir und deinem Rhöndorfer Bürgerverein unendlich dankbar für die oftmalige Unterstützung der 7Mountains Music Night.

Ich verneige mich vor deiner Lebensleistung und deiner unerschöpflichen Energie, nicht mitsamt dem Stuhl aus dem Schaufenster vom Heimatcafé zu kippen, und du bist eines der liebenswertesten Faktoten, die wir im ganzen Siebengebirge haben. Alfred (bitte druck ihm das ein lieber Mensch aus): wir werden dich immer in ehrendem Gedenken halten und im zukünftigen offenen Revolutionsladen werden Che Schmitzara und die Heilige Birgit d’Arc, Jungfrau von Rhönleons ein schönes Bild von dir mit Autogramm aufhängen (keine Angst, Kampfgenosse Peter ist rausretuschiert).

Lieber Alfred, das Internet ist kein Neuland mehr, wir haben den Euro, es gibt Farbfernsehen und Frauenwahlrecht, Konrad ist Ex-Kanzler, das Heilige Römische Reich Deutscher Nationen ist mittlerweile so etwas wie eine Räterepublik und Alfred, es gibt menschliche Wesen. Das ist so etwas ähnliches wie Untertanen, nur ohne Wackeldackelnacken, sondern mit einem eigenen Willen. Dein Nachbar Carsten gehört zu dieser Spezies, aber Gottseidank nicht alle hier im Ort.

Und all das, Alfred, hat dein Kirmeskonzept unbeschadet überstanden. Aber Alfred, da gibt es Leute, die mögen keine 20er-Jahre Musik auf der Kirmes. Alfred, es wird ein Schock für dich sein, es gibt Leute BEI UNS IM ORT, die mögen überhaupt KEINE KIRMES. Und Alfred, es gibt Gerüchte, dass es sogar Menschen hier in Rhöndorf gibt, die wissen gar nicht mehr, was eine Kirmes ist. Kirmes? Ist das sowas wie ein Handy mit Spiralkabel und Wählscheibe? Schnickschnack.

Also nochmal: Alfred, dein Name ist in der Rhöndorfer Chronik auf immer verewigt. Jetzt hängt es an dir, ob in 150 Jahren bei Ausgrabungsarbeiten ein Archäologe noch alte Schriftrollen mit deinem Faksimile findet und sich fragt, wer wohl der Alfred war, oder ob sich tagtäglich die spielenden Kinder vor deinem Wohnzimmerfenster tummeln und singen: Alfred, wir danken dir für diesen Laden hier, wir danken dir. Oder sie singen: Don‘t you know, you‘re talking bout a revolution, it sounds like a whisper. 

Flammen

Kultur, meine sehr geehrten Damen und Herren, Kultur ist entbehrlich; manchmal auch entsetzlich, also quasi entsetzlich entbehrlich. Nein, bevor ich mich da wieder verreite, im Moment ist wirklich nicht die Zeit, die Kultur zu ignorieren. Am Samstag erst haben sich tausende von Menschen am Rheinufer herum gedrückt, um schwimmende Lichterketten und ein bisschen explodierendes Schwarzpulver zu bestaunen. Ja ja, sagen Sie, schon dutzende Male erlebt, wo ist da der Thrill? Wo ist da die Kultur? In unserer bunt gemischten Clique, die erstmalig am Rhöndorfer Rheinufer gefeiert hat, war unter anderem auch der weibliche Besuch einer Freundin. Sie kommt aus Bali und macht zur Zeit an der Bonner Uni ihren Doktor in der Entwicklung ländlicher Gebiete. An der kindlichen Freude in ihren Augen habe ich gesehen, dass die Rhein-in-Flammen-Premiere sie doch ein wenig angerührt hat; vielleicht so wie wir als Touristen ein Drachenboot-Rennen vor dem Tempel bestaunen. Kultur berührt einen wohl eher, wenn man exotischen Ritualen beiwohnt, die noch zudem eine längere Tradition haben. Rhein in Flammen gibt es hier bei uns gerade mal seit 1956, da haben die Drachenbootrennen wohl eine längere Tradition. Wobei, die Römer sollen ja damals schon nachts mit Fackeln den Rhein hinunter gefahren sein. Bloß gut, dass die Strömung sie dann ans linke Rheinufer getrieben hat, und sie dort ihre Kultur verbreiten konnten. Die Legio I Augusta hat es bekanntermaßen nicht geschafft, an unserer Seite Fuß zu fassen. Nun, auch das Barbarentum kann man gepflegt kultivieren. Bis nächste Woche also, hören Sie wohl.

Geburtstag

Kultur, meine sehr geehrten Damen und Herren, Kultur ist entbehrlich; es gibt zur Zeit wohl kaum einen überholteren Spruch als diesen. Ich muss gestehen, ich bin völlig baff. An alle, die in mir nur den erfolgsverwöhnten Sonnenschein sehen: in den letzten 9 Jahren Festivalorganisation hatte ich beileibe auch meine dunklen Zeiten, teilweise sogar ziemlich düster.

Aber da ich ja heute an diesem schönen Tage meinen Geburtstag zelebriere, scheint das Universum gerade sein Füllhorn vehement über mich auszuschütten. Wenn ich mich letzte Woche schon bei allen Unterstützern herzlich bedankt habe, muss ich diesen Dank nochmal um einiges erweitern. Gerade in den vergangenen Tagen hat mich die erste Publikumsresonanz durch die 7 Berge gewirbelt, dass mir Hören und Sehen verging. Die Erstauflage von 20.000 Festivalflyern löst sich gerade vor meinen Augen in Luft auf.

Von allen Seiten prasseln die diversesten Nachfragen auf mich ein und die Vorfreude der 7MMN-Community trägt mich durch die letzten Abschlussarbeiten. Dadurch, dass der wirtschaftliche Druck genommen wurde, kann ich nun all eure positive Energie dazu einsetzen, der längsten Nacht des Jahres am 2, Juni den letzten Feinschliff zu verpassen. Ach, noch was: nachdem ich 9 Jahre daran gearbeitet habe, das Fass zu füllen, machen wir es zum Jubiläum 2019 alle zusammen auf. Mal sehen, was da noch so drin ist. Bis nächste Woche also, hören Sie wohl.

7mmn

Kultur, meine sehr geehrten Damen und Herren, Kultur ist entbehrlich; großes Gelächter. Der Countdown läuft. Ab diesem Wochenende wird die nächste 7 Mountains Music Night omnipräsent sein in der Region. Die Layouts sind raus, Drucksachen unterwegs und die ersten Tentakel der vielarmigen PR-Krake ausgefahren.

Aus dem Vorab-Feedback bereits ist das große Publikumsinteresse zwischen Dollendorfer Hardt und der südlichen Landesgrenze mehr als fühlbar. An dieser Stelle sei mal ein herzliches Dankeschön an das treue und umfangreiche Netzwerk aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft gerichtet, das durch seine Unterstützung dieses einzigartige Festival bereits zum 9. Mal ermöglicht.

Nicht zuletzt dank der großzügigen Förderung unseres langjährigen Partners und örtlichen Energieversorgers, der Bad Honnef AG, konnten dieses Jahr die Marketing-Bemühungen auch verstärkt im Bonner Raum ausgeweitet werden. Also, wenn Sie demnächst mal ins Woki gehen, am BonnTicket-Schalter stehen, eine der zahlreichen Restaurationen in der Altstadt und in Godesberg besuchen oder mit den Stadtwerken Bonn unterwegs sind, die 7MMN wird Sie begleiten.

Und ab Mai geht es natürlich so richtig in den sozialen Netzwerken los, die zahlreichen Musikfans sind schon neugierig auf die Clips der teilnehmenden Bands. Nie war das Festival so facettenreich wie diesmal. Freuen Sie sich mit und teilen Sie Ihre Erregung ausgiebig mit Ihrem Umfeld. Das Fieber steigt, der 2. Juni ist nicht mehr weit. Bis nächste Woche also, hören Sie wohl.

Nachkommen

Kultur, meine sehr geehrten Damen und Herren, Kultur ist entbehrlich; manchmal auch verderblich, kommt drauf an. Die Artefakte aus meinem derzeitigen Archäologiethriller z.b. sind es sicherlich nicht; Tontafeln mit Keilschrift kommen einfach nicht aus der Mode, auch wenn nur den Wenigsten ihre Bedeutung klar ist.

Wie wird das wohl in ein paar tausend Jahren mit der aktuellen Kultur aussehen? Ob unsere höher entwickelten Nachkommen wohl müde lächeln werden angesichts einiger silbrig-glänzenden Plastikscheiben mit digital (was war das noch?) eingeprägten Nullen und Einsen? Wahrscheinlich stufen sie uns in der Primitivität knapp über den Amöben ein. Wobei, natürlich erkennen auch die o.a. Archäologen eine Hochkultur, wenn ihnen denn eine unter die Schaufel gerät.

Aber kann man uns überhaupt als solche bezeichnen? Mit dem gegenwärtigen gesellschaftlichen und technologischen Wissen müsste eigentlich niemand aus dem 7,5-Milliarden-Menschen-Heer auf unserem Planeten mehr verhungern oder verdursten. Geschweige denn, dass gerade unsere wissenschaftliche und industrielle Entwicklung immer mehr Mord- und Totschlaginstrumente produziert und in Umlauf bringt. Der Sieg der Gier über die menschliche Kultur.

Wie kam ich da jetzt noch drauf? Egal, draußen lockt die Sonne. Viel zu sehr, um sich über vergangene oder zukünftige Kulturen Gedanken zu machen. „Ich glaub an den Moment, das ist meine Religion“ – Celina Bostic, hören Sie mal rein. Auch als CD erhältlich, damit zukünftige Altertumsforscher noch was zum Ausbuddeln haben. Bis nächste Woche also, hören Sie wohl.