„Ausgehen“ in Bad Honnef

Meine sehr verehrten Damen und Herren, einer der beliebtesten Sprüche im Internet lautet derzeit: „Trink doch mal ein Eierlikörchen, das Leben muss ja irgendwie weitergehen…“. Es muss ja nicht unbedingt ein Likörchen sein, denke ich, Kölsch geht sicher auch. Also verabrede ich mich spontan mit meinen Freunden Rudi und Angela Gilbert (Inhaber vom Restaurant Dom Kapitelhof) im legendären Weinhaus Steinbach. Früher eines meiner Lieblingslokale. Aber, ich gebe es zu: Seit dem Tod von Brigitte Mohr war ich nie wieder dort. Also eine Premiere für mich und meine Betreuerin Frau Höver. Wir treten ein. Von links aus der Küche ertönt ein fröhlicher Ruf: „Hallo Heidi, schön dich mal wieder zu sehen“. Der Koch ist ein ehemaliger Kindergartenvater von Frau Höver. Sie sagt zu mir: „Der kann richtig gut kochen“. Trotzdem bin ich stinksauer. Früher hat mich von dort aus Frau Mohr immer unfassbar herzlich begrüßt: „Na Böndel, hast du dich verlaufen“? Und im Gastraum, links vom Stammtisch aus, meldete sich der stets gut gelaunte Herr Mohr: „ Scheiße Böndel, hoffentlich vertreibst du uns nicht die Gäste“. Es ging also immer ganz herzlich zu, quasi familiär. Wir nehmen am runden Tisch direkt neben der Theke Platz. Genial. Der Kölsch-Nachschub ist damit gesichert. Ich schaue mich um. Der Gastraum hat nichts von seinem ursprünglichem Charme verloren, trotz der vielen zeitgemäßen Akzente. Der Raum wirkt nun heller, ja, freundlicher. Der Service funktioniert reibungslos, zuvorkommend und flott. Und Frau Höver hat recht: Die bestellten Gerichte schmecken einfach gut. „Meisterkoch“ Rudi Gilbert lobt: „Das hätte ich auch nicht besser hinbekommen.“ Chef Jonas Scheermesser kommt an unseren Tisch. Er ist bestens gelaunt, es läuft, der Gastraum ist rappelvoll. Es wird gefachsimpelt. Da halte ich mich raus und trinke als Gaffel-Fan ein Früh-Kölsch nach dem anderen. Irgendwann schmeckt auch das, irgendwie. „Das Leben muss ja weiter gehen“, nur noch Zuhause rum hocken macht keinen Sinn mehr. „Ausgehen“ wurde durch die Pandemie zerstört. Viele Restaurants gibt es nicht mehr. Daher ist es wichtig und richtig, die noch vorhandene, hochgelobte Gastronomie-Kultur, in Bad Honnef zu unterstützen. Menschen treffen, nett bedient werden, Kontakte knüpfen- all das funktioniert eben vom heimischen Sofa aus nicht wirklich. Wir in Bad Honnef können stolz darauf sein, dass junge Menschen wie Jonas Scheermesser, die Tradition fort setzen.