Verkehrsplanung Floßweg

Anwohner lehnen Verkehrsplanung ab

Irgendwann wurde es den vielen Menschen im Ratssaal zu bunt. Sie stimmten selbst ab. Diszipliniert und in Ruhe. Mit einer Enthaltung votierten die Floßwegler gegen die vorgelegte Verkehrsplanung. Und sie wurden konkret: Wohnstraße statt Durchfahrtsroute, keine Fahrrinne zur Beschleunigung der KFZ, Poller-Trennung der Straße wie bisher zur Sicherung des Charakters eines anwohnerfreundlichen Wohngebietes. Alle Meinungsbilder mit derselben Einmütigkeit.

Bis dahin war ihnen das Ergebnis der „Bürgerbeteiligung“ zu unsicher. Sie hatten ihre Meinung und Sicht der Dinge vielfach formuliert. Hatten so gar keinen Zweifel gelassen sowohl an dem, was sie wollen, wie auch an dem, was sie eben nicht wollen. Dennoch begegneten sie einer Art Gummiwand der Planer. Dann definierte die kommunale Tiefbauchefin Jutta Schmidt nach Klärung auch der letzten Facette des Bürgerwillens ihre Position aus einer Art paralleler Realität: Es sei noch nicht alles abschließend fixiert, es ließe sich noch das Eine oder Andere – natürlich erst nach Prüfung – „einarbeiten“. Als wenn es die ausführliche Debatte und deren klare Ergebnisse nicht gegeben hätte. Ein Hauch von „post-faktisch“.

Die Bestuhler waren mutig gewesen. Dreizehn Reihen à zwölf Stühle hatten sie aufgestell; keiner blieb leer. Weitere einunddreißig und sechsundzwanzig Menschen fanden am Rand des Saales und auf der Empore Platz, elf hinten im Raum. Tische wurden zu Sitzmöbeln, noch in der Tür saßen Leute. Eine wahrlich ausverkaufte Vorstellung. Der Moderator hatte recht: Hier sah man, dass der Floßweg eine lange Straße ist.

Diese lange Straße fand über gut vierzig Jahre ihr Gesicht. Einst Weg zu Floß und Weiher ist ein Quartier entstanden. Einfamilien-, Doppel- und Reihenhäuser, Geschosswohnungen mit Augenmaß. Abwechslung und buntes Miteinander, das funktioniert; man kennt und grüßt sich schon mal herzlicher, hat sich bereits im Vorfeld der Bürgerversammlung ausgetauscht. Es fällt nicht schwer sich vorzustellen, das der Floßweg kommuniziert.

Dass er effizient kommunizieren kann, weil seine Anwohner es gewohnt sind. Seit vielen Jahren unfallfrei teilen sich Autos die Verkehrsfläche mit Fußgängern und Radlern, eine beträchtliche Zahl von jungen Menschen findet täglich einen sicheren Schulweg, hier spielen tatsächlich noch Kinder. Versetztes Fahren, Rücksichtnahme, Verständigung untereinander, Verzicht auf Sprintstrecken. Ganz nebenbei klappt es mit auskömmlichem Parken.

Die Planung sieht grundsätzliche Veränderung vor. Eine separate Fahrbahn böte 700 Meter gerade Strecke. Nur auf einer Seite gäbe es einen Bürgersteig; auf der anderen würde der bekannt unbefriedigende Zustand errichtet, dass die Vorgärten unmittelbar an die Fahrrinne grenzen. Unterschiedliche Niveaus für strikt getrennte Funktionsbereiche. Vereinzelter Bewuchs und Besatz zur Beruhigung jenseits der freigehaltenen Fahrrinne.

Laut Planung ein „Konzept der zugewiesenen Flächen“ samt „Schutz der Fußgänger durch Trennung vom KFZ-Verkehr“. Mit zahlreichen Unterbrechungen des Fußweges an Einmündungen – letztere in großzügigen „verkehrsgerechten“ Radien. Eine Besucherin staunte nicht schlecht; sie hatte sich die differenzierten Zeichnungen genauer angeguckt und festgestellt, dass sie ihre bestehende Garage abreißen solle.

Anders als noch im Bauausschuss analysierten die Anwohner richtig: Hier soll eine Durchgangsstraße entstehen. Ein Bypass zur Linzer Straße südwärts, der dann nach seiner gegenläufigen Ergänzung durch den Dellenweg geradezu ruft. Schleichwege, auf denen nicht geschlichen werden muss. Selbstverständlich ohne Trennung durch Poller. Dieses Gesamtkonstrukt wollen die Floßwegler nicht. Folgerichtig kündigten sie in Beiträgen und auch am Rand der Veranstaltung in Gesprächen an, benötigte Flächen ihrer eigenen Grundstücke nicht verkaufen zu wollen. Die Planung allerdings bräuchte noch 49 Erwerbe von privatem Boden.

Was bleibt nun von der Bürgerbeteiligung? Zuallererst ist die geplante Umgestaltung des Floßwegs durchgefallen. Das gilt es zu verstehen – und zu wertschätzen. Die Diskussion war sachlich, fand zum Abschluss sogar freundlichen Applaus. Der wäre noch satter, wenn auf irritierende „Argumente“ verzichtet würde. Denn warum sollte sich eine intakte Fahrbahndecke dreißig Jahre nach ihrer Verlegung durch die Stadt plötzlich auflösen?

Und dann dem desaströsen Zustand von Weyermannallee, Frankenweg, Humboldt-Straße Konkurrenz machen? Zudem wäre die gesetzlich geforderte „frühzeitige Bürgerbeteiligung“ unbedingt eher anzusetzen gewesen, denn hier ging es nicht mehr um die angekündigte „Vorplanung“, sondern bereits (ganz) weit in die detaillierte Ausführungsplanung hinein. Vor allem aber sollten sich auch die Stadtentwickler von der Vorstellung lösen, dass Bürger erst dann verstehen, wenn Planer alles schon bis ins Letzte geplant haben. Denn so ist es nicht. bh