Trab(b)is

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich kann mich noch genau daran erinnern: Es stank bestialisch in Berlin (West), am 11.November1989, zwei Tage nach dem für alle schier unfassbaren „Mauerfall“. Trab(b)is wohin ich auch schaute. Und sie knatterten und stanken frech vor sich hin. Eigentlich durften die Zweitakter der Marke „Trabant“ in der BRD gar nicht fahren, weil sie die Umwelt deftig verqualmten, aber das Verkehrsministerium drückte damals beide Augen fest zu (und offensichtlich auch die Nase).

Immerhin war und ist der Trabant das rollende Industriedenkmal der DDR. Rückblick: “Nach meiner Kenntnis ist das … sofort, unverzüglich“ – mit diesen Worten zur neuen DDR-Reiseregelung läutet Politbüro-Sprecher Günther Schabowski am 9. November 1989 um 18.53 Uhr unfreiwillig das Ende der deutschen Teilung ein. Die Reiseregelung soll sowohl ständige Ausreisen als auch private Urlaubsreisen von DDR-Bürgern in den Westen ermöglichen – nach Antrag bei der Behörde und erst ab dem 10. November. Doch Schabowski ist unvorbereitet, verhaspelt sich, erklärt die Grenze für geöffnet, „ab sofort“. Eine Nachricht, die sich wie ein Lauffeuer verbreitet. Kurz darauf versammeln sich bereits Tausende DDR-Bürger an den Berliner Grenzübergängen. Die überraschten Grenzer, die keine klaren Anweisungen haben, wie sie sich verhalten sollen, geben dem Druck der Massen schließlich nach und öffnen die Tore. Die Menschen stürmen in den Westen, Ost- und Westdeutsche liegen sich in den Armen, singen und feiern (und rauchen) gemeinsam. Mauer und innerdeutsche Grenze sind gefallen.

Auch wenn die Grenzöffnung die Menschen in Ost und West an diesem historischen Abend gleichermaßen überrascht, ist sie eine logische Konsequenz der Ereignisse in den Wochen zuvor. Sie haben deutlich gemacht, dass das DDR-Regime politisch am Boden liegt. Ab August flüchten Tausende DDR-Bürger über die ungarische Grenze in den Westen, andere versammeln sich in den bundesdeutschen Botschaften von Prag und Warschau. Die DDR-Führung sieht sich schließlich gezwungen, die Botschaftsflüchtlinge in den Westen ausreisen zu lassen. Rund 4.000 Menschen sind es allein am 1. Oktober, doch schon wenige Tage später befinden sich in der Prager Botschaft erneut rund 7.000 Menschen. Und so weiter, und so weiter. Manchmal ist es doch ganz schön, in Erinnerungen schwelgen zu können. Ganz besonders, wenn man bei einem historische Ereignis quasi hautnah dabei war. Wenn ich heute über den Hotspot der Stadt, den Alexanderplatz, schlendere, kann ich es kaum noch begreifen, dass dort vor 30 Jahren hunderttausende DDR-Bürger friedlich gegen das Regime protestiert haben. Es hat sich gelohnt. Und Trab(b)is stänkern auch nicht mehr herum. Ein paar davon stehen noch am ehemaligen Grenzverlauf. Als Denkmal an eine unfassbare Zeit. 

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