Wohnungsmarktanalyse für den Rhein-Sieg-Kreis liegt vor

Ohne verstärkten Neubau werden sich Immobilienpreise und Mieten im Rhein-Sieg-Kreis weiter erhöhen – Wirtschaftswachstum und zunehmende Überschwappeffekte aus Bonn und Köln lassen den Wohnungsbaubedarf steigen

Kreissparkasse Köln/Rhein-Sieg-Kreis – Die vom empirica-Institut Bonn im Auftrag der Kreissparkasse Köln erstellte „Regionale Wohnraumbedarfsanalyse für den Rhein-Sieg-Kreis“ bescheinigt dem Kreis eine hohe Attraktivität als Wohnstandort wie auch als Wirtschaftsstandort; vorgestellt wurde sie jetzt vom stellvertretenden Vorstandsvorsitzenden der Kreissparkasse Köln, Josef Hastrich, Landrat Sebastian Schuster und Dr. Hermann Tengler, Leiter der Stabsstelle Wirtschaftsförderung und Strategische Kreisentwicklung.

Seit 2007 wächst die Beschäftigtenzahl im Rhein-Sieg-Kreis nahezu doppelt so stark wie im Durchschnitt Nordrhein-Westfalens. Die günstige Wirtschaftsstruktur und die guten Standortbedingungen lassen für die nächsten Jahre eine Fortsetzung der positiven wirtschaftlichen Entwicklung und der damit verbundenen Arbeitskräftenachfrage im Kreisgebiet erwarten.

Auch Bonn und Köln mit ihrem hohen Dienstleistungsanteil sind wirtschaftlich wachsende Städte, die in Zukunft zusätzliche Arbeitsplätze anbieten werden. Da die Wohnungsmärkte dort die zusätzlichen Arbeitskräfte vermutlich nicht alle werden aufnehmen können, wird ein immer größerer Teil der Wohnraumnachfrage unter anderem in den angrenzenden Rhein-Sieg-Kreis gehen.

Es sind also zwei Effekte, die die zukünftige Wohnraumnachfrage im Kreisgebiet bestimmen und diese verstärken: der zusätzliche Bedarf aus dem eigenen wirtschaftlichen Wachstum und die zunehmenden Überschwappeffekte aus Bonn und Köln.

Schon in der Vergangenheit hat der Wohnungsbau im Rhein-Sieg-Kreis mit der steigenden Nachfrage nicht Schritt gehalten. Als Folge davon sind die Kaufpreise für Immobilien und die Mieten spürbar gestiegen: die Kaufpreise für gebrauchte Ein- und Zweifamilienhäuser (EFZH) seit 2012 um 21 Prozent und für neue EFZH sogar um 24 Prozent, die Kaufpreise für gebrauchte Eigentumswohnungen um 30 Prozent und für neue um 23 Prozent, die Mieten für gebrauchte Wohnungen um 10 Prozent und für Neubauwohnungen um 14 Prozent.

Sollte die Bautätigkeit auch in Zukunft hinter der zu erwartenden expandierenden Nachfrage zurückbleiben, ist mit weiteren Kaufpreis- und Mietsteigerungen zu rechnen.

Die Studie macht allerdings auch deutlich, dass es einen einheitlichen Wohnungsmarkt in der Region nicht gibt. Es besteht vielmehr ein deutliches Preis- und Mietgebirge, das vom Gipfel Bonn ausgehend in alle Richtungen abfällt. Mit zunehmender Entfernung von Bonn sinken Preise und Mieten. Am niedrigsten sind sie am weit entfernten östlichen Rand des Kreisgebiets.

Die Gutachter unterscheiden den Wohnungsmarkt im Rhein-Sieg-Kreis in insgesamt vier Teilräume:

  • das Zentrale Kreisgebiet entlang der Rheinschiene mit den Kommunen Alfter, Bornheim, Niederkassel, Siegburg, Sankt Augustin, Königswinter, Bad Honnef und Wachtberg; die mittleren Kaufpreise für EZFH liegen hier über 2.000 Euro/qm und die mittleren Mieten bei mehr als 7 Euro/qm;
  • das Westliche Kreisgebiet mit Swisttal, Rheinbach und Meckenheim und Kaufpreisen von 1.500 bis 2.000 Euro/qm sowie Mieten von 6 bis 7 Euro/qm;
  • das Östliche Kreisgebiet mit Lohmar, Neunkirchen-Seelscheid und Hennef mit ähnlichem Preisniveau wie im Westlichen Kreisgebiet und
  • das Ländliche Kreisgebiet mit Much, Ruppichteroth, Eitorf und Windeck; die mittleren Kaufpreise liegen hier unter 1.500 Euro/qm und die mittleren Mieten unter 6 Euro/qm.

Zur Ermittlung des zukünftigen Neubaubedarfs bis zum Jahre 2030 werden in der Studie verschiedene Modellrechnungen durchgeführt. Damit wird der aktuell großen Unsicherheit über das Ausmaß der weiteren Zuwanderungen Rechnung getragen. Die Bandbreite, in der sich die Wohnungsnachfrage in den einzelnen Teilräumen entwickeln könnte, ist groß. Als derzeit wahrscheinlichster Entwicklungspfad wird ein sogenanntes „Trendszenario“ berechnet; seine wesentliche Annahmen bestehen darin, dass es sich bei dem Flüchtlingszustrom aus dem Jahre 2015 um einen weitgehend einmaligen Effekt handelt, aber die Überschwappeffekte aus Bonn und Köln zunehmen. Dies verstärkt die Wohnraumnachfrage vor allem im Zentralen Kreisgebiet (erster Ring), abgeschwächt auch im Westlichen und Östlichen Kreisgebiet (zweiter Ring), aber kaum noch im Ländlichen Kreisgebiet.

Unter den gemachten Annahmen liegt die Neubaunachfrage im gesamten Rhein-Sieg-Kreis bis 2030 bei rd. 20.000 Wohneinheiten (WE) in EZFH. Hiervon entfallen knapp 12.000 WE (60 Prozent) auf das Zentrale, knapp 2.000 WE (10 Prozent) auf das Westliche, 4.000 (20 Prozent) auf das Östliche und gut 2.000 WE (10 Prozent) auf das Ländliche Kreisgebiet. An zentralen Standorten können eigenheimähnliche Qualitäten alternativ auch im Geschosswohnungsbau erreicht werden.

Für den Geschosswohnungsbau ergibt sich ein Neubaubedarf von rd. 10.000 WE bis 2030; davon partizipiert das Zentrale Kreisgebiet mit rd. 8.000 WE (80 Prozent) weit überproportional, gefolgt vom Östlichen Kreisgebiet (gut 1.000 WE, 10 Prozent) und dem Westlichen Kreisgebiet (knapp 1.000 WE, 10 Prozent) . Im Ländlichen Kreisgebiet gibt es nur noch vorübergehend einen leichten Neubaubedarf von Geschosswohnungen.

Die Wohnungsnachfrage aus dem Flüchtlingszustrom 2015 wird, wenn es bei dem Einmalereignis bleibt, vom Wohnungsmarkt leicht zu absorbieren sein: Bis zum Jahre 2030 wird die Zahl der EZFH-Nachfrage durch sie „nur“ um rd. 2.000 WE und die Zahl der Wohnungsnachfrage im Geschosswohnungsbau „nur“ um rd. 1.000 WE gestiegen sein.

Am stärksten ist die Neubaunachfrage mit jährlich 1.580 WE in EZFH und 920 WE in Mehrfamilienhäusern in den nächsten fünf Jahren; gegenüber der Bauleistung in den vergangenen Jahren bedeutet dies eine Steigerung um rd. 50 Prozent. Hintergrund ist zum einen die Erstversorgung der in 2015 gekommenen Flüchtlinge, die bisher noch keine eigene Wohnung haben. Zum anderen schwächt sich in den nachfolgenden Jahren der Neubaudruck ab, wenn durch die demografische Entwicklung verstärkt Wohnungen von Älteren auf den Markt kommen und diese auch wiedergenutzt werden (statt neue zu bauen). Ein Teil der EZFH-Neubaunachfrage könnte bis 2030 durch attraktiven, hochwertigen, seniorengerechten Geschosswohnungsbau ersetzt werden, soweit dies Babyboomer nach ihrer Familienphase zu einem frühzeitigen Umzug aus ihrem Eigenheim animiert.

Der stellvertretende Vorstandsvorsitzende der Kreissparkasse Köln Josef Hastrich bewertet das Gutachten als einen „Beleg für die Attraktivität, die der Rhein-Sieg-Kreis als Wohn- und Wirtschaftsstandort aufweist.“ Die Studie mache zugleich deutlich, über welches Steigerungspotenzial und welchen Steigerungsbedarf der Wohnungsbau im Kreisgebiet verfüge.

Landrat Sebastian Schuster dankte der Kreissparkasse für die Beauftragung der Studie und den Gutachtern für die geleistete Arbeit. „Das Gutachten liefert wichtige Erkenntnisse zur richtigen Zeit“, so der Landrat in einer ersten Stellungnahme. Für die Städte und Gemeinden des Rhein-Sieg-Kreises, denen die Studie nun unmittelbar zugeleitet werde, seien die Ergebnisse eine wertvolle Orientierung für ihre zukünftige Wohnungsmarktpolitik.

Für Kreiswirtschaftsförderer Dr. Hermann Tengler, der die Erstellung des Gutachtens koordiniert hatte, „ist die nachfragegerechte Bereitstellung von Wohnraum eine wesentliche Voraussetzung dafür, dass sich der Rhein-Sieg-Kreis weiterhin positiv entwickelt. Gerade im demografischen Wandel und dem damit einhergehenden Fachkräftemangel wird die Fähigkeit einer Region, junge und qualifizierte Menschen anzuziehen und dauerhaft zu binden, zu einem Schlüsselfaktor für ihre Entwicklung.“

Die Studie ist als Download abrufbar unter: http://www.rhein-sieg-kreis.de/cms100/wirtschaft/veroeffentlichungen/

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert