Exil

„Nächstes Jahr bleibe ich an Karneval zu Hause!“ – dachte ich am Veilchendienstag, nachdem ich gerade mit Panik im Bauch und Schiss in der Hose eine Levada auf Madeira entlang gekrochen war. Rechts die Levada, links der steile Abhang in 50m Tiefe. Ich wusste, dass ich nicht schwindelfrei bin. Aber ich wusste nicht, dass mich dieser Weg an diesen Abhang führen würde.

Ein sonniger, frühlingshafter Vormittag hatte uns mit etwas Übermut, diesen unbekannten Wanderweg einschlagen lassen: durch einen tropisch anmutenden Wald mit plätschernden Wasserfällen, Riesenfarnen und duftendem Eukalyptus. Doch der Himmel vernebelte sich und schließlich liefen wir stundenlang durch Nieselregen. Der Pfad wurde zudem immer unwirtlicher: schmale, glitschige Passagen, enge Tunnel, ein Wasserfall unter dem wir hindurch huschen mussten und diese erschreckend steilen Abhänge.

So sieht also die Flucht vor Karneval aus! – Völlig durchnässt und ängstlich vor einer weiteren Herausforderung meiner (nicht vorhandenen) Schwindelfreiheit begann ich Karnevalslieder zu pfeifen … „Wenn ich im Zoch mitgehe, weiß ich immerhin, wo er endet und wie ich nach Hause komme!“ – dachte ich. „Wenn mir im Trubel der tollen Tage schwindelig wird, allenfalls vom letzten Bier, das wohl schlecht war.

Kein Grund zur Panik also! Und wenn ich klätschnass – vom Schneeregen oder Schunkeln – heimkehre, hänge ich die Klamotten über die Heizung und nehme ein heißes Bad. Aber endlich angekommen in der Hütte unseres Exils nach all den Strapazen, erwartet uns eine lauwarme Heizung, kaltes Wasser und feuchtes Kaminholz.

Ich hänge meine nasse Jeans über den Stuhl. Verzichte gleichmütig auf ein heißes Bad und widme mich ganz und gar der Herausforderung, mit feuchtem Holz ein Feuer zu entfachen. Mit Geduld, einem Haufen trockener Zweige, einigen Rindenschalen und vielen Grillanzündern lodert schließlich ein wärmendes und die Seele beruhigendes Feuer im Kamin. Jetzt noch ein kühles Bier! – Und nächstes Jahr bleibe ich an Karneval zu Hause! Franziska Lachnit (2018)

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert