Bürgerbegehren: Endspurt für Unterschriftensammlung

Am 30. August 2018 endet die Unterschriftensammlung des Bürgerbegehrens zur Verhinderung einer Bebauung des nördlichen Stadtgartens in Bad Honnef. Seit dem 19. Juli 2018, also genau in der Zeit der Sommerferien, musste die Bürgerinitiative „Rettet den Stadtgarten!“ mindestens 1.658 Unterschriften sammeln, damit der Aufstellungsbeschluss im Stadtrat noch einmal auf den Prüfstand kommt.

„Wir haben in den vergangenen fünf Ferienwochen alle Register gezogen, um unterschriftsberechtigte Bürger*innen zu erreichen, sie aufzuklären und um ihre Unterschrift zu bitten. Das war und ist eine harte Arbeit,“ so der Sprecher der Bürgerinitiative Heinz Jacobs. „Die Zahlen sind erfolgversprechend, wir sind auf einem guten Weg.“

Mit dem Einläuten zum Endspurt bittet die Bürgerinitiative alle Mitbürger*innen, die noch keine Unterschrift geleistet haben, um Unterstützung. Bis zum 29. August 2018 ist dies noch möglich.

„Bitte wägen Sie ab, ob Ihnen der Erhalt eines öffentlich zugänglichen Stück Stadtgrüns und seine Funktion als wichtiger Feinstaub- und Lärmfilter am Herzen liegen. Unsere Bürgerinitiative agiert weder gegen notwendigen bezahlbaren Wohnraum, noch gegen den Zuzug junger Familien mit Kindern. Wir setzen uns für den Erhalt von dringend notwendigen innerstädtischen Grünflächen ein, die das Wohl aller Bad Honnefer*innen und ihrer Gäste nachhaltig fördern. Den Plan, in unmittelbarer Nähe der B42 und der Bundesbahn eine Wohnsiedlung zu errichten, lehnen wir entschieden ab,“ so Jacobs. „Das Areal liegt in einem Überschwemmungsgebiet und die Lärmbelastung ist laut aktueller Karte des Eisenbahnbundesamtes nicht für Wohnzwecke geeignet. Es ist zynisch, dieses Gebiet als preiswerten Baugrund zu definieren und hier junge Familien mit Kindern ansiedeln zu wollen.“

Wird das vom Gesetzgeber vorgeschriebene Quorum von 1.658 Unterschriften erreicht, muss sich der Stadtrat erneut mit der Thematik „Stadtgarten-Bebauung JA oder NEIN“ auseinandersetzen. Er muss darüber abstimmen, ob er dem Bürgerbegehren folgt und damit den Aufstellungsbeschluss kassiert oder sich über die Forderung vieler Bürger*innen hinwegsetzt und weiterhin eine Bebauungsplanung verfolgt.

Hinweise: Unterschriftenlisten liegen bis 29. August 2018 in vielen Bad Honnefer Geschäften,  Praxen und Lokalen aus. Zudem ist die Bürgerinitiative erneut mit Unterschriften-Ständen vertreten in der Fußgängerzone (Freitag/Samstag zwischen 10.00 – 13.00 Uhr) sowie an der Fußgängerbrücke zur Insel (Ebene der Stadtbahn Donnerstag/Freitag zwischen 17.00 und 20.00 Uhr).

Alle Unterstützer*innen, die Unterschriftenlisten verteilt haben oder über ausgefüllte Listen verfügen, werden gebeten, diese bis spätestens 29. August 2018 in der Alexander-von-Humboldt-Straße 29 bei Heinz Jacobs abzugeben (Briefkasten), so dass alle Listen rechtzeitig durch die Bürgerinitiative an die Stadtverwaltung übergeben werden können.

Kontakt:

Bürgerinitiative: „Rettet den Stadtgarten!“

c/o Stadtgarten Bad Honnef e.V.

Vorstands-Vorsitzender: Heinz Jacobs

Alexander-von-Humboldtstraße 29

Telefon: 02224/3306

E-Mail: info@bad-honnef-stadtgarten.org

Stadtgarten-Pro und Contra

Gemeinsame Presseerklärung von CDU, Bürgerblock und der FDP: Bauleitverfahren „Neues Wohnen“ ist ein erster Schritt zur 
Schaffung von bezahlbarem Wohnraum in Bad Honnef

CDU, Bürgerblock und FDP treten dafür ein, die Chancen auf ein umweltgerechtes und verträgliches Wachstum der Stadt Bad Honnef zu nutzen. Möglichkeiten dazu sind nicht zahlreich, aber vorhanden. Die Infrastruktur im Tal ist ausgerichtet auf 27.000 Einwohner, 18.000 gibt es derzeit. Auch bei weiterem Wachstum bleibt Bad Honnef grün. 60 Prozent des Stadtgebiets besteht aus Wald. Im Rhein-Sieg-Kreis liegt dieser Anteil bei 29 Prozent.

Die Stadtratsfraktionen von CDU, Bürgerblock und FDP haben daher in der Sitzung des Planungsausschusses vom 24. April 2018 die Aufstellung des Bebauungsplans Nr. 1-144 „Neues Wohnen Alexander-von-Humboldt-Straße / Am Spitzenbach / B 42“ beschlossen. Dieser Schritt erfolgte in Verantwortung für eine weiterhin positive und demografisch ausgewogene Entwicklung der Stadt Bad Honnef. Ziel ist die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum, insbesondere auch für junge Familien mit Kindern.

Das Bauleitverfahren soll in einem ersten Schritt die Frage prüfen, ob und wie eine seit vielen Jahren brach liegende Fläche zwischen der bestehenden Bebauung entlang der Alexander-von-Humboldt-Straße und der B 42 zur Schaffung von Wohnraum geeignet ist. Umweltaspekte und mögliche klimatische Auswirkungen werden dabei berücksichtigt. Darüber hinaus sind Fragen des Hochwasserschutzes, der Feinstaubbelastung und der Lärmbelastung zu klären. Betroffene Bürger werden sowohl im Rahmen der vorgezogenen Bürgerbeteiligung als auch im Rahmen der Offenlage in die Planung einbezogen.

„Wir wollen ein mögliches Bauvorhaben dort nur dann realisieren, wenn sich in dem Prüfverfahren keine grundsätzlichen Bedenken ergeben, die einem Bauvorhaben in diesem Gebiet entgegenstehen“, betont Hansjörg Tamoj. Der baupolitische Sprecher der CDU-Fraktion fügt hinzu: „Für uns bedeutet die Aufstellung des Bauleitverfahrens nicht zugleich, dass wir zu einen Satzungsbeschluss kommen. Selbst wenn sich keine Bedenken ergeben, wird die Frage zu klären sein, in welchem Umfang eine Bebauung denkbar wäre und wie diese anzusiedeln ist.“

Die Ratsfraktionen von CDU, Bürgerblock und FDP lehnen daher die Zielsetzung des Bürgerbegehrens ab, eine bauliche Nutzung der seit Jahrzehnten verwahrlosten Brachfläche nördlich des Stadtgartens generell zu verhindern. „Wenn wir unsere Infrastruktur erhalten und eine soziale Balance der Bevölkerung in unserer Stadt sicherstellen wollen, müssen wir auch alle Chancen nutzen, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen“, sagt Martina Ihrig, Fraktionsvorsitzende der FDP. Sie betont weiter: „Es ist gerade Aufgabe der Politik, solche Entwicklungen zu erkennen und im Sinn aller Bürger der Stadt angemessen hierauf zu reagieren, auch wenn dies nicht im Interesse der unmittelbaren Anlieger liegt.“

Die Ratsfraktionen von CDU, Bürgerblock und FDP begründen ihr Festhalten am Bauleitverfahren „Neues Wohnen“ auch mit der Entwicklung des städtischen Immobilienmarkts. Nach Angaben des Wirtschaftsmagazins „Capital“ (Ausgabe 5/2018) sind die Preise von Immobilien in Bad Honnef seit 2013 um 27 Prozent gestiegen. Dies ist der höchste Preisanstieg in ganz Nordrhein-Westfalen.

Diese Preisentwicklung erschwert nicht nur, dass junge Familien und insbesondere solche mit Kindern, ihren Wohnsitz in Bad Honnef nehmen. Er verhindert auch, dass preisgünstiger Wohnungsbau auf Flächen stattfinden kann, die auf dem freien Wohnungsmarkt gehandelt werden. Schließlich biete das Bauplanungsrecht, über das die Stadt Einfluss auf Bauvorhaben nehmen kann, keine Möglichkeit, die Preisgestaltung zu beeinflussen. „In dieser Situation ist es wichtig, die im städtischen Eigentum stehenden Flächen in den Fokus zu nehmen, weil diese auch mit entsprechenden eigenen Zielvorstellungen entwickelt, bebaut und vermarktet werden können“, betont Katja Kramer Dissmann, stellvertretende Fraktionsvorsitzende des Bürgerblock. Entsprechende Flächen, von denen es in der Tallage nur wenige gibt, sollen dabei im städtischen Eigentum verbleiben.

Der Zuzug junger Familien nach Bad Honnef ist unverzichtbar für eine demografisch ausgewogene Bevölkerungsentwicklung und Voraussetzung einer erfolgreichen wirtschaftlichen und finanziellen Entwicklung. Sowohl der städtische Anteil an der Einkommensteuer als auch an der Umsatzsteuer hängt maßgeblich von der Anzahl sozialversicherungspflichtiger Beschäftigten ab. Welche Folgen eine unausgewogene demografische Entwicklung haben kann, zeigte zu Jahresbeginn die Debatte um die Schließung der Rhöndorfer Grundschule.

Zusammenfassend halten die drei Ratsfraktionen daher fest:

1. Die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum ist für die demografische und wirtschaftliche Entwicklung Bad Honnefs von zentraler Bedeutung.

2. Preiswerter Wohnungsbau kann aufgrund der Preisexplosion auf dem freien Immobilienmarkt nur auf Flächen realisiert werden, die im Besitz der Stadt Bad Honnef sind.

3. Die Aufstellung des Bauleitverfahrens „Neues Wohnen“ ist ergebnisoffen und stellt keine Vorentscheidung über Art und Umfang einer tatsächlichen Bebauung dar.

CDU, Bürgerblock und FDP betonen daher gemeinsam:

Ein Stopp des Bauleitverfahrens, wie ihn die Initiatoren des Bürgerbegehrens ins Gespräch bringen, würde die ernsthafte Prüfung eines objektiv wichtigen städtebaulichen Vorhabens aus rein subjektiven Erwägungen heraus verhindern. Im Gegensatz dazu halten die drei Ratsfraktionen im Sinne einer qualitativ guten Stadtentwicklung und eines verträglichen Wachstums an der Aufstellung des Bauleitverfahrens „Neues Wohnen“ auch gegen den Widerstand unmittelbarer Anwohner fest. Die letztlich zu treffende Entscheidung wird das Ergebnis einer Abwägung sein müssen, in die alle Argumente – die der Anlieger, Bedenken und Anregungen seitens der Fachbeiträge, und die Gesamtinteressen der Stadt und ihrer Bürger – einfließen und abgewogen werden müssen.    

PRO: Bürgerbegehren- fair, sorgfältig, sachgerecht

Es klingt unüberlegt: Vom 19. Juli bis zum 30. August sammelt die Bürgerinitiative „Rettet den Stadtgarten“ Unterschriften. Also genau in den sechs Ferienwochen. Hindernislauf unter erschwerten Bedingungen. Denn wenn Irgendwer verreist, dann sind es die Leute aus Bad Honnef. Lust haben sie, Geld haben sie – und in den Schulferien auch die Zeit.

Eine nicht wirklich freundliche Stadtverwaltung hat diese Terminierung verordnet. Wenn Sie das andernorts Ihren Bekannten erzählen, dann sind diese baff; reagieren immer mit der gleichen Einschätzung: Da mag ein Rathaus seine Einwohnerschaft aber nicht. Schwere Zeiten für Dialog und Demokratie am Ort. Angemessen jedenfalls ist anders.

Die Verwaltung stellte der Bürgerinitiative „Rettet den Stadtgarten“ erst kürzlich ihre Kostenschätzung zu; diese gehört rechtlich zwingend auf den Unterschriftenbogen und ist Sache der Stadt. Die handelt zutreffend in gerade einem Satz ab, dass Kosten als Folgen des Bürgerbegehrens nicht abzusehen sind. Ausführlich allerdings folgen Darstellung und Erklärung von ISEK als Planungskonzept. Gehört das zu einer kurzen Kostenschätzung betreffend Stadtwald?

Jedenfalls wird so der Unterschriftenbogen gefüllt mit Text – auch solchem ohne Sachbezug – und die zu entscheidende Frage sowie deren Begründung rücken ein weiteres Stück aus dem Fokus. Vergessen gemacht wird die Antwort darauf, warum unsere Stadt jetzt nicht mehr nur Sportplätze durch Bebauung abschaffen will, sondern in immer erheblicherem Maße Grün- und Gemeinbedarfsflächen. Als wenn es nicht genügend Planungsgebiete für Wohnungsbau gäbe: die ehemalige Wäscherei Mesenholl am Eingang des Schmelztals mit 30 bis 40 Wohneinheiten, bis zu 80 am Floßweg, mehrere hundert am wieder zur Beplanung vorgesehenen Selhofer Süden, knapp 30 an der Villa Schaaffhausen, Riesenlücken um den Uhlhof und diverse kleinere am Aegidiusbrunnen. In den höher gelegenen Ortsteilen gleich diverse – an der Spitze der Rederscheider Weg mit 130 bis 160 Wohneinheiten und das Klostergelände im Zentrum. Zusätzlich Umnutzungen wie das verwaiste KSI. Wirklich viele Gründe, sich planerisch auszutoben jenseits der Zerstörung von Hockey- und Bolzplätzen, von Schulpausenhöfen und der grünen Spange am Rhein.

Man ist gehalten salopp zu raten: Liefert erst mal, und wenn Ihr das geschafft habt, dann meldet Euch mit dem Ansinnen, Wertvolles und Gewachsenes kaputt zu machen. Das trifft den großen Zusammenhang aber nicht: Bad Honnef soll auch zukünftig den Honneferinnen und Honnefern Gutes bieten. Denn deshalb leben hier fast 26.000 Menschen. Qualität statt Quantität. – Ganz abgesehen  von den Kosten der für erträumte Neubürgerlegionen benötigten neuen Schulen, Kitas und Kindergärten, Straßen und Infrastruktur. Zudem es einen nachhaltigeren Ansatz der hiesigen Stadtentwicklung gibt: Die NRW-Finanzakademie im leeren Commundo oder der vereinbarte Neubau einer Wirtgen-Akademie zeigen, wie groß die Chancen sind. Chancen für ein gesundes wirtschaftliches Fundament einer Stadt, welche dann tatsächlich solche Menschen anzieht, die hier mehr wollen als nur schlafen und/oder pendeln.

Die brauchen dann den nördlichen Stadtgarten. Als Schutz vor Feinstaub, sonstigen Schadstoffen und Lärm der Schnellstraße. Als Teil der von früheren Bürgergenerationen klug und sorgfältig errichteten zentralen grünen Spange. Als natürlichen Raum für Hochwasser und Starkregen. Als Lebensraum für Alle zwischen Alter und Kindheit. Natur erleben und lernen. Natur schützen – Tiere, Pflanzen, Luft. Als Elemente dessen, was das Leben in Bad Honnef so erstrebenswert macht. Eben attraktiver als anderswo.

Kurzsichtig sollen wir glauben, am Wachstum der Köpfe genese die Stadt. Vergessen, was wir schätzen. Ausgetrickst werden mit – sagen wir es klar und deutlich – äußerst fragwürdigen taktischen Manövern, in nicht gerade würdigem Umgang mit demokratischen Gepflogenheiten. Die Bürgerinitiativen Bad Honnefs zu Floßweg, Kardinal-Frings-Straße, St. Josef, Bürgerstiftung und auch Stadtgarten übernehmen Verantwortung; sie sind ebenso wertzuschätzen wie ihre Vorgängerinnen etwa zu Reitersdorfer Park, Weinbergschutzzaun, Erhalt der Bäder. Keineswegs sind sie rückwärtsgewandt, sondern erweisen sich als Treiber für Engagement, Zukunftsfähigkeit, Bürgernutzen. Sie stören nicht; mindestens korrigieren sie, oft wirken sie durchaus segensreich.

Die Bürgerschaft tut gut daran, sich eben nicht ins Bockshorn jagen zu lassen. Und das heißt konkret: Unterschreiben beim Bürgerbegehren zum nördlichen Stadtgarten. An allen Freitags- und Samstagsvormittagen in der City. Bei Hausbesuchen der Initiative von Tür zu Tür oder in Geschäften, Cafés, Praxen. Auf dem Ausdruck am eigenen PC unter www.bad-honnef-stadtgarten.org, eingeworfen in der Alexander-von-Humboldtstraße 29 bei Jacobs.

Nur viele Unterschriften werden beeindrucken. Nur dann besteht Aussicht auf Einsicht, sodass sich eine Ratsmehrheit dem Bürgerbegehren anschließt, der Stadt den Bürgerentscheid an der Urne erspart. Und die Planer können wieder planen, wo es Sinn macht.                                                                                       Burkhard Hoffmeister

STADTGARTEN: Bürgerbegehren startet

Liebe Bürgerinnen und Bürger von Bad Honnef! Jetzt geht’s los! Die Kostenschätzung der Stadt liegt vor.

Das Bürgerbegehren kann starten! Auch Ihre Unterschrift zählt: FÜR DIE ERHALTUNG und GEGEN DIE VERNICHTUNG eines historisch gewachsenen und auch für Ihre Gesundheit und Lebensqualität wichtigen grünen Areals im Zentrum unserer Stadt.

Unterschreiben können Sie zunächst nur am Haus Alexander-von-Humboldtstraße 29, demnächst aber auch in zahlreichen Geschäften und Praxen. Sie möchten noch mehr tun., um das Bürgerbegehren zu unterstützen?

Berichten Sie Ihrer Familie, Ihren Freunden und Bekannten von den Plänen der Stadt und der Möglichkeit zu unterschreiben. hj

Harte Bandagen

Rathaus schiebt Unterschriftensammlung zum Bürgerbegehren in die Sommerferien

Manche Dinge sind mindestens unpraktisch. Wer Geburtstag am 29. Februar hat, erhält weniger Geschenke und feiert selten. Eine Kündigung wird kaum zur kirchlichen Trauung oder zur Hochzeitsgesellschaft versandt – da gilt Sensibilität als in der Gesellschaft gewachsene Verhaltensnorm. Und Unterschriften-Sammeln für ein Bürgerbegehren legt man so wenig in die Sommerferien wie Christstollen an Matjeshering.

Das macht auch Sinn. Nennt sich Rücksichtnahme, ist angebracht und gehört gewissermaßen zum Kodex eines erquicklichen Miteinanders. Ohne Not oder triebhafte Motivation macht man eben nicht, was Anderen gezielt Schaden zufügt und gemeinhin als nicht adäquate Aktion bezeichnet wird. Das muss ja auch nicht sein im respektvollen Umgang.

Am 29. April erhielt die Stadtverwaltung die Mitteilung, dass ein Bürgerbegehren gegen die Bebauung des nördlichen Stadtgartens beantragt werde. Am 4. Mai bereits legte die Bürgerinitiative „Rettet den Stadtgarten“ den Abstimmungstext und die geforderte kurze Begründung vor. Ab dem Moment solcher Information sind Gemeindeverwaltungen gesetzlich in der Pflicht, bestimmte Schritte zu unternehmen und definierte Leistungen zu erfüllen. Neben der Prüfung des Abstimmungstextes sowie dessen Begründung betrifft das vor allem eine durch die Verwaltung selbst zu erstellende offizielle  Schätzung von Folgekosten, welche ein Begehren im Falle des Erfolges nach sich ziehen würde.

Diese Kostenschätzung fehlte – und sie lässt bis zum Redaktionsschluss zur Wochenmitte weiter auf sich warten. An deren besonderem Schwierigkeitsgrad kann es nicht liegen, denn das Begehren hat ja gerade zum Ziel, kein (!) Geld für Planung und Erschließung im Grüngürtel entlang der Schnellstraße auszugeben. Diese Einsparung wäre dem dann nicht zu realisierenden Erlös durch den Verkauf städtischen Grundes gegenüber zu stellen. Das ist kein Hexenwerk, in recht übersichtlicher Zeit leistbar und zudem vom Gesetzgeber festgelegte Pflicht.

Allerdings: Mit dem Tag der Zustellung besagter Kostenschätzung tickt die Uhr. Denn exakt dann beginnt eine Frist, innerhalb derer die notwendigen Unterschriften für das Bürgerbegehren zu sammeln sind. Hier ordnete die Stadt mit sechs Wochen die kürzestmögliche Frist an, was sich rechtlich durchaus vertreten lässt.

Als Unkerei kursierte  bereits die Vision, dass die Verwaltung ihre Schätzaussage bewusst verschleppe. Nach dem Motto: „So wie die momentan drauf sind…“ Vermuten taten dies Viele, gelacht wurde darüber wenig – eher histerisch gekichert. So sieht es aus, wenn Vertrauen verloren geht.

Zu den Motiven der Verzögerung existieren in der Tat begründete Spekulationen. Da eine Abstimmung der Bevölkerung selbst wohl kaum für die Befürworter der Bebauung zu gewinnen wäre, gelte es, die Abstimmung als solche zu verhindern. Probates Mittel: Sorge dafür tragen, dass die erforderlichen Unterschriften – mit 1.800 wäre die Initiative auf der sicheren Seite – erst gar nicht zusammenkommen. Die Online-Petition zeichneten mit 2.798 rund tausend Unterstützer mehr als demnächst nötig; da läge der Gedanke nicht ganz fern, die Kampagne in die Ferien zu legen. Bad Honnef ist reich, Bad Honnef verreist. Und wer weg ist, kann nicht eigenhändig unterschreiben.

Eine Behinderung ist das allemal. An Zufall glaubt kein Mensch. Jeder Tag der Verschleppung mehr, jeder Tag näher an das Ende des Schuljahres heran ist ein Erfolg jener Taktik, die Initiatoren des Bürgerbegehrens zu behindern. Mit System. Zumal die Hälfte der Initiativen-Mitglieder selbst Kinder bzw. Enkel hat, deren schulpflichtiges Alter Reisen ebenfalls nur zu Ferienzeiten möglich macht. Urlaubsabsage zum Zweck des Unterschriftensammelns? Solche Alternative wäre schon Zumutung. Auf dem Rücken von Kindern. Nichts hindert die Verwaltung übrigens daran, die sechswöchige Frist erst nach den Sommerferien beginnen zu lassen. So würde auf stillem Weg vergessen gemacht, was heute noch fragwürdiges Ansinnen ist.

Zu allem Überfluss wird immer noch verwirrt. Der nördliche Stadtgarten ist eigentlich ein präziser Begriff. Stattdessen kursiert auf offiziellen Rathauspapieren immer noch oft eine bürokratische Ortsangabe, die das Wort „Stadtgarten“ gezielt vermeidet. Tatsächlich jedoch ist der grüne Teil im Norden der ursprüngliche Stadtgarten, in welchem Bürger als Eigner Obst und Gemüse ernteten sowie Bäume und Sträucher pflanzten. Der übersichtliche parkähnliche Bereich wurde erst weit später angehängt, um den Status einer Kur- und Bäderstadt zu erhalten. Denn dazu war schon damals wichtiges Argument: Bad Honnef bietet eine durchgehende grüne Spange, die sich parallel des Rheins von der Insel bis zum Park Reitersdorf im beginnenden Rhöndorf erstreckt. Dieses Kapital der Stadt wird heute riskiert. Da kann ernsthafte Meinungsbildung der Bürgerschaft durchaus helfen. 

Es stellen sich Fragen: Ist der Umgang des Rathauses mit dem Bürgerbegehren noch fair? Ist das noch eine Frage des Stils – oder steht schon mehr in Zweifel? Zum Beispiel ein Abgesang auf das Modells eines seriösen Dialogs mit Honnefs Menschen? Der rheinische Volksmund sagt: Da kannste dran föhle. Scherzhafter Rat an den Tischen der Rhöndorfer Eisdiele: Urnengang zum abschließenden Bürgerentscheid auf den Zweiten Weihnachtstag legen oder ersatzweise auf Neujahr! Und wenn das nur Unterstellung ist und unbegründete Paranoia? Dann freut sich die Initiative auf eine reelle Terminierung zur Unterschriftensammlung nach den Ferien.                                         Burkhard Hoffmeister

Foto: Twinlili/Pixelio

Bad Honnef: Wieder Bürgerbegehren

Machtprobe oder ganz normaler Akt der Demokratie

Absehbar war es schon lange. Da die Verwaltung sich vom überdeutlich demonstrierten Bürgerwillen zur Zukunft des Stadtgartens nicht beeindrucken lässt, meldete die Anwohner-Initiative das Bürgerbegehren an. Sie tat das bereits am 29.April – still, ohne Trommeln, bestimmt. Es ist nicht die Logik der Betroffenen, der sie nun folgen. Eine tiefe Überzeugung der Stadtregierung lässt diese die Bedenken Anderer negieren; sie glaubt mit der Mehrheit der Kommunalpolitik, das Richtige zu tun. Und dies auch durchsetzen zu müssen.

Zur Sache: Der nördliche Teil des Bad Honnefer Stadtgartens ist nicht als Park gestaltet. Dieser Grüngürtel mit hohen Bäumen, viel Gehölz und erheblicher Artenvielfalt trennt Schnellstraße und Bahn vom Siedlungsbereich des südlichen Rhöndorfs parallel zur Alexander-von-Humboldt-Straße. Seine Schutzfunktion gegen die erheblichen Schadstoffe besonders des massiven Autoverkehrs ist unbestritten; und nach den letztjährigen Gutachten aus Leverkusen und Dortmund zu Erkrankungen von Lunge und Atemwegen entlang der Autobahn wohnender Menschen beachtenswert .

Der Grüngürtel ist aber auch Baureserve einer Stadt, die sich in Gremien und Verwaltung entschlossen hat, stark zu wachsen. Im kommunalen Eigentum lässt sich das Areal leicht und ohne auseinanderlaufende Interessen beplanen. Es ist ein Eldorado für Stadtentwickler, die ihre Stadt genau auf solche Art entwickeln wollen: großer Wurf, klares Konzept, hohe Effizienz, wenig zu erwartende Widerstände. Wer schnell und unkompliziert viel Bauland für viele Zuzügler bieten will, ist hier richtig. Hier und auf anderen Frei- oder Grünflächen, auf Sport- und Freizeitflächen. Und wer drei- oder auch fünftausend neue Honnefer will, der braucht allen nur irgendwie verfügbaren Boden.

Bürgerbegehren und Bürgerentscheid sind abstimmbare Elemente. Hier sind die Hürden bewusst hoch. Es soll weder einfach noch über populistische Argumentation erfolgreich zu „gewinnen“ sein. Eine Logik, die voraussetzt, dass zuvor offen kommuniziert wurde. Dass Einigung angestrebt, Interessensausgleich gesucht wurde. Dass Partizipation der Betroffenen am Entscheidungsprozess stattgefunden hat. Und dass Rücksicht genommen wurde. Dabei bleibt durchaus verständlich, dass Planer zunächst eher ihr Projekt im Auge haben – aus der Überzeugung heraus, es diene einer gedeihlichen Entwicklung ihrer Stadt. Anwohner, die dagegen halten, folgen zunächst einmal ihren Interessen. Ihren eigenen Interessen. Der Abgleich beider Perspektiven ist die Kunst, Gemeinwohl zu schaffen oder diesem zu dienen.

Bei der Anmeldung eines Bürgerbegehrens gilt es, diverse Rechtsvorschriften zu beachten. Insbesondere ist die Stadtverwaltung als Beraterin zu betrachten, was in solcher Konfliktlage nicht immer leicht fällt. Die Bürgerinitiative stellte jene Fragen, die zur gesetzeskonformen Einreichung des Begehrens notwendig sind. Wieviele Unterschriften müssen tatsächlich gesammelt werden, um das notwendige Quorum von 8 Prozent der Wahlberechtigten zu erfüllen? Wie sind die Fristen, die es zu beachten gilt? Welche Folgekosten verursacht das Bürgerbegehren? Welche Bestimmungen des Datenschutzes sind anzuwenden, welche Daten bei der Einreichung der Unterschriften zu deren Kontrolle unverzichtbar? Ohne vorzugreifen lässt sich absehen, dass zwischen 1.700 und 1.800 Namen auf den Listen nötig sind.

Ehemals geleistete Unterschriften auf welchen Papieren auch immer, Unterstützereinträge zur Online-Petition (2.797 Zeichnende) aus der Vergangenheit zählen definitiv nicht mehr. Die Frist wird wohl auf 3 Monate fixiert – zuzüglich jener Zeit, die die Verwaltung zur Erstellung einer Kostenschätzung für die Folgeaufwendungen  des Begehrens braucht. Einer Schätzung, die zwar nicht überragend schwierig erscheint im konkreten Fall des Verzichts auf Planung und Maßnahmen, die in den bisherigen gut zwei Wochen jedoch nicht erstellt und mitgeteilt wurde.

Am 4. Mai wurde die Anmeldung offiziell mit Einreichung der präzisen Fragestellung sowie der auf den Formularen anzugebenden Begründung des Begehrens. Dabei darf die Frage nur eine einfache, also unmissverständliche sein, welche allein Antworten mit Ja oder Nein zulässt. Sollte nach Einreichung der Unterschriften der Rat dem Bürgerbegehren zustimmen, so wäre dieses erfolgreich. Im anderen Fall käme es zum Bürgerentscheid. Der braucht dann eine Mehrheit von 20 Prozent Unterstützer unter den Wahlberechtigten. Befragt würde in der ganzen Stadt – also auch in Aegidienberg weit weg vom Stadtgarten, was den Entscheid zu einer doch ehrgeizigen Herausforderung macht.

Zunächst ist das Bürgerbegehren also ein genau geregelter Akt der Demokratie. Schwierig zum Erfolg zu führen, hohe Ansprüche stellend. Was nachvollziehbar ist, geht es doch um die Rückholung von in gewählten Gremien gefassten Beschlüssen. Ein Bürgerbegehren ist jedoch auch Ausdruck gescheiterten Dialogs. Beim Stadtgarten ist erkennbar, dass es durchaus um einen Richtungsentscheid geht. Danach werden wir mehr als vage wissen, was die Bevölkerung will. Das größere Bad Honnef oder Lebensqualität als Primat. Eine Machtprobe wäre dies allerdings nicht. Nur eine klare Willensbekundung – klar an der Sache orientiert.                                                                         Burkhard Hoffmeister